Gewinnt LeShop mit DRIVE wieder an Fahrt?

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Das Wachstum des grössten Schweizer Onlineshops für Lebensmittel LeShop stagnierte in den vergangenen Quartalen, was aber der Innovationskraft kaum Abbruch tat. Neben der vor einigen Wochen lancierten speziellen iPad App ist in der Nähe von Biel in Studen/BE Ende Oktober das erste Abholcenter eröffnet worden.

„LeShop.ch eröffnet heute in Studen BE sein erstes DRIVE Abholcenter.  Online bestellt, ist der Einkauf bereits 2 Stunden später abholbereit. Wartezeit gibt es keine, der Einkauf wird innert fünf Minuten vom LeShop.ch-Team im Kofferraum verstaut. Am Standort in Studen BE entstehen durch LeShop.ch DRIVE 30 neue Arbeitsplätze.“

Bereits im Juni haben wir die Ankündigung kommentiert und ich war sehr skeptisch gegenüber diesen Plänen eingestellt. Vergangene Woche war ich in der Nähe und habe mir die Sache (notabene undercover nicht angekündigt) vor Ort angesehen, was ich auf Twitter schon kund tat:

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Damit folgt LeShop dem Mitbewerber coop@home, der bereits ein knappes Jahr sein eigenes Abholcenter am Zürcher Sihlquai betreibt. Im Gegensatz zu Coop sind die Bestellungen bei LeShop innert 2 Stunden abholbereit.

Abholcenter von LeShop DRIVE
Abholcenter von LeShop DRIVE

Ich war denn wirklich erstaunt, wie viel physischen Traffic das Abholcenter in seiner zweiten Woche bereits erzielt. Während meines Aufenthaltes von etwa einer Viertelstunde waren mehr als 20 Autos rein- und rausgefahren.

Zwar war ich zur Feierabendszeit vor Ort, aber dass die Frequenzen über den Erwartungen liegen, hat auch Dominique Locher, Direktor Marketing und Verkauf, bestätigt (vgl. Kurzinterview unten).

Die Prozesse schienen reibungslos zu laufen. Für die Registrierung stehen 6 Fahrspuren zur Verfügung, wo der Parkplatz zugeteilt wird. Auf insgesamt 15 Parkplätzen werden die Autos von Mitarbeitern speditiv beladen.

Der Aufenthalt dürfte wahrlich nicht mehr als 5 Minuten betragen, wie der Pressemitteilung zu entnehmen. Zudem bieten die diversen Recycling-Container pro Parkplatz die ideale Möglichkeit, nebst der Abholung gleich noch die alten Verpackungen etc. ökologisch zu entsorgen.

 5 Fragen an Dominique Locher

Wie zufrieden ist man bei LeShop mit der Lancierung von DRIVE?

Ich gebe zu: Trotz der intensiven, sorgfältigen Vorbereitung waren wir bei Eröffnung am 18. Oktober etwas nervös. Wie wird uns die Bevölkerung aufnehmen? Was sagen Fachleute, Medien zum neuen Konzept? Kommen die Kunden?

Der LeShop.ch DRIVE ist nicht nur für uns Neuland. Auch Stamm- und Neukunden müssen dieses neue Angebot kennen lernen, selber die Vorteile erleben. Wir haben im kleinen Rahmen Eröffnung gefeiert – es kamen aber viele Leute aus der Umgebung und haben herzlich gratuliert. Die lokalen Medien haben seitenweise berichtet.

Und schliesslich: An den ersten zwei Tagen haben wir über 350 Bestellungen abgewickelt, nach zehn Tagen waren es über 1’300. Erwartet hätten wir die Hälfte. Wir rechneten mit einem verhalten guten Echo – dieses Ausmass aber hat uns überwältigt.  

Online wird im Schnitt für mehr als CHF 240.- bestellt, wie hoch ist der Warenkorb bei der Abholung, wo zudem keine Liefergebühren anfallen?

„Mit über 240 Franken ist der durchschnittliche Warenkorb bei der Heimlieferung etwa über sieben mal grösser als beim Einkauf im Supermarkt (Schnitt ca. 30 Franken). Bei der Abholung befinden wir uns irgendwo dazwischen. Für genaue, längerfristig gültige Zahlen ist es wohl noch etwas früh. Der Durchschnitt dürfte sich aber etwas über 100 Franken bewegen.

Es gibt aber durchaus auch Rekordbestellungen um die 500 Franken. Der etwas kleinere Warenkorb hat damit zu tun, dass man beim DRIVE auch zwischen den grossen Wocheneinkäufen die täglichen Bedürfnisse schnell decken kann und dies wird durch die wegfallenden Liefergebühren, sowie der schnellen Abholung (innert 2 Stunden) noch forciert.“

Wie schnell werden sich die Investitionen in dieses Abholkonzept rechnen?

„Natürlich haben wir einen Businessplan. Und natürlich wollen wir auch bei der Abholung – wie bei der Heimlieferung – baldmöglichst rentabel arbeiten. Aber wir wären Narren, liessen wir uns hier auf konkrete Prognosen ein.

Man darf nicht vergessen: Der LeShop.ch DRIVE ist in seinem Umfang für uns, für die Migros und für den Schweizer Detailhandel ein Pionierprojekt. Trotz gutem Start: Wir werden noch enorm viel Energie und Ausdauer in die Weiterentwicklung investieren müssen.“

Sind neben dem bereits angekündigten Standort in Staufen/AG noch weitere Orte geplant?

„Studen bei Biel und Staufen bei Lenzburg sind die Standorte für unsere beiden Pilotprojekte. Studen ist super angelaufen und wir hoffen, dass wir nächstes Jahr – wir können heute noch keinen Zeitpunkt nennen – auch in Staufen starten.

An diesen Orten prüfen wir das Konzept und lernen für weitere Standorte. Ob, wann und wo diese  stehen werden, wissen wir heute noch nicht. „

Der Online-Handel mit Lebensmittel ist ein besonders hartes Brot – was fasziniert Euch daran – und was hat Euch in den letzten 13 Jahren davon abgehalten, den «Bettel» hin zu werfen?

„Wie sagte Henry Ford? «Wenn alles gegen Dich ist – denke daran: Ein Flugzeug hebt gegen den Wind ab und nicht mit ihm.»

Der Gegenwind ist oft echt eisig und stark. Lebensmittelhandel ist ein hartes Pflaster. Ein Geschäft mit dem Vertrauen und extrem kleinen Margen. Dass wir auch Frischprodukte, Tiefgekühltes, Gemüse oder Eier per Express-Post liefern, ist wohl schon etwas verrückt.

Aber wir machen das mit Leidenschaft. Wir wollen als Pioniere Unmögliches möglich machen. Wir sind ein eingeschworenes Team. Der Grossteil unserer 250 Mitarbeitenden und des Managements arbeiten seit Jahren zusammen. Wir haben 50’000 regelmässige Kunden in der ganzen Schweiz und sind mit 150 Millionen Franken Jahresumsatz deutlicher Marktführer und der grösste Supermarkt der Schweiz.

Was uns aber besonders freut und antreibt: Wir gelten weltweit als Vorzeigebetrieb und als Innovationstreiber einer Branche. Das ist eine riesige Motivation. „

(Das Interview wurde per E-Mail geführt)



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Thomas Lang, Betriebsökonom und Wirtschaftsinformatiker, unterstützte Unternehmen bei der Strategieentwicklung von digitalen Vertriebsmodellen, beim Aufbau von digitalen Geschäftsmodellen, bei Expertisen rund um Onlinehandel und der operativen Umsetzung im Bereich Organisation, Prozesse, Innovation, Change-Management und Unternehmenskultur. Er ist Gründer der Carpathia AG, der unabhängigen und neutralen Unternehmensberatung für Digital-Business, E-Commerce und Digitale Transformation im Handel. Zudem ist er Autor von zahlreichen Fachartikeln und -studien, Dozent für Online-Vertriebsmodelle an verschiedenen Hochschulen sowie gefragter Keynote-Speaker zu E-Commerce und Digital Transformation im Handel. Er ist Initiator und Organisator der Connect - Digital Commerce Conference sowie des Digital Commerce Awards. Der von ihm gegründete Carpathia Digital-Business-Blog (https://blog.carpathia.ch) zählt im deutsch-sprachigen Raum zu den wichtigsten unabhängigen Publikationen im Digitalen Handel. Medien bezeichnen ihn als digitalen Vordenker, zitieren und interviewen ihn regelmässig . Am Mittwoch 17. November hat Thomas Lang für immer die Augen geschlossen.

3 KOMMENTARE

  1. […] LeShops Abholkonzept DRIVE scheint gut gestartet Von Thomas Lang am 21. November 2012 in E-Business, E-Commerce | Kommentar hinterlassen Wie LeShop heute vermeldet, ist das neue Abholkonzept DRIVE mit der Pilotfiliale in Studen bei Biel gut gestartet und liegt deutlich über den Erwartungen (vgl. auch unser Erfahrungsbericht / Interview mit Dominique Locher). […]

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