Vielfältige Hürden bei der Internationalisierung im E-Commerce

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Bei Wachstumsfragen und Erreichung noch besserer Skaleneffekte kommt schon mal die Idee auf, mit dem eigenen Konzept möglichst schnell weitere Märkte zu erschliessen. Besonders im DACH-Raum scheint sich das auf den ersten, evtl. auch noch auf den zweiten Blick, besonders gut anzubieten, weil man doch schon mal die selbe Sprache spricht, Deutsch.

Doch nicht jedes Unternehmen ist mit einem Wachstumsmotor (und dem entsprechenden Treibstoff) ausgerüstet wie beispielsweise Zalando und erschliesst neue Märkte und Länder nahezu im Monatstakt.

Aber auch nur schon die Expansion ins benachbarte deutsch-sprachige Europa birgt vielfältige Hürden, denen man sich oft am Anfang kaum bewusst ist. Vor allem die Expansion von Deutschland in die Schweiz rsp. vice-versa erfreut sich grosser Beliebtheit – doch der „elektro-kommerzielle“ Grenzübertritt hat durchaus seine Tücken.

Aus zahlreichen Projekten und Erfahrungen haben wir ein paar exemplarische Beispiele herausgesucht:

  • Wir sprechen zwar die selbe Sprache, aber heissen die Dinge auch gleich in jedem Land? So ist zB die deutsche Paprika die Schweizer Peperoni und umgekehrt. Hingegen ist der eidgenössische Schraubenzieher der deutsche Schraubendreher um nur zwei Beispiele zu nennen.
  • Welches sind denn die beliebtesten Zahlungsmittel? Die Schweiz ist ein Land von Rechnungszahlern (2011: Anteil 88%) und der beliebte orange Einzahlungsschein ist omnipräsent. Aber nur schon nach Überquerung des Rheins in nördlicher Richtung weiss kaum mehr jemand, was mit dem eigenartig Beleg anzufangen ist. Aber gegen Rechnung mag man auch gerne dort zahlen.
  • Powersellen auf Auktionsplattformen? Aber sicher; doch während eBay in Deutschland dominiert, ist der Anteil des us-amerikanischen Riesen in der Schweiz gerade Mal bescheidene 20% am entsprechenden Markt. Hier dominiert Ricardo.ch
  • In EUR beschaffen, in CHF das Lager bewerten, in CHF die Artikel anpreisen, in EUR kassieren? Man muss zwar nicht sein eigenes Treasury-Desk als Onlinehändler haben, aber in Sachen Währungsabsicherung sollte man schon fit sein.
  • Warum heisst es eigentlich Verbraucherschutzrecht? Weil es zum Schutz des Verbrauchers konzipiert wurde und dieser sitzt beim grenzüberschreitenden E-Commerce in einem anderen Land. Der Onlineshop-Betreiber mit internationaler Ausrichtung darf sich dann gerne auch mit entsprechend vielen Gesetzen auseinandersetzen, unter deren Paragraphen er seinen Handel betreibt.
  • 99.95 € und CHF 99.95; in der Schweiz wird die Währung in der Regel vor dem Betrag angezeigt, während es bspw. in Deutschland genau umgekehrt ist. Daran haben sich die jeweiligen Käufer gewöhnt und die Shop-Systeme sind auch hier entsprechend anzupassen.
  • Ein großes Déjà-vu; das sog. scharfe S ist in der Schweiz kaum existent und „entlarvt“ den ausländischen Anbieter. Es ist gar nicht mal auf einer Schweizer Tastatur enthalten, dafür finden sich auf dieser mehr französische Umlaute, also zumindest auf der Deutsch-Schweizer Tastatur (die Schweiz hat ja 4 Landessprachen). Ganz zu schweigen, wo überall unterschiedlich sich die oft genutzten Online-Sonderzeichen wie @ und # befinden.

Dies ein paar ausgesuchte Herausforderungen denen sich Onlinehändler stellen sollten, wenn sie im Rahmen ihrer Internationalisierungs-Strategie in neue Lande aufbrechen.



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Thomas Lang, Betriebsökonom und Wirtschaftsinformatiker, unterstützte Unternehmen bei der Strategieentwicklung von digitalen Vertriebsmodellen, beim Aufbau von digitalen Geschäftsmodellen, bei Expertisen rund um Onlinehandel und der operativen Umsetzung im Bereich Organisation, Prozesse, Innovation, Change-Management und Unternehmenskultur. Er ist Gründer der Carpathia AG, der unabhängigen und neutralen Unternehmensberatung für Digital-Business, E-Commerce und Digitale Transformation im Handel. Zudem ist er Autor von zahlreichen Fachartikeln und -studien, Dozent für Online-Vertriebsmodelle an verschiedenen Hochschulen sowie gefragter Keynote-Speaker zu E-Commerce und Digital Transformation im Handel. Er ist Initiator und Organisator der Connect - Digital Commerce Conference sowie des Digital Commerce Awards. Der von ihm gegründete Carpathia Digital-Business-Blog (https://blog.carpathia.ch) zählt im deutsch-sprachigen Raum zu den wichtigsten unabhängigen Publikationen im Digitalen Handel. Medien bezeichnen ihn als digitalen Vordenker, zitieren und interviewen ihn regelmässig . Am Mittwoch 17. November hat Thomas Lang für immer die Augen geschlossen.

3 KOMMENTARE

  1. Wäre der Weinexport an private Personen aufgrund der Einfuhr- und Zollbestimmungen nicht nahezu unmöglich, würde ich über eine Schweizerische Sprachversion des Shops nachdenken… schließlich haben wir auch eine in englischer Sprache. Ich halte es grundsätzlich für äußerst sinnvoll, landesspezifische Versionen zu schaffen, nicht allein der Sprache wegen, sondern auch, um andere spezielle Erfordernisse berücksichtigen zu können.

  2. Schöner Kurzüberblick, bei dem man mal wieder sieht, auf was für Kleinigkeiten man alles achten muss…
    Die Schweiz ist tatsächlich ein trickreicher Markt und nur auf den ersten Blick aus Deutschland einfach zu bedienen: andere Währung, mehrere Sprachen und nicht zuletzt auch die nicht ganz unproblematische Zollabwicklung, die sich in der Regel in deutlich höheren Versandkosten und oft – je nach Logistikpartner – auch jeder Menge Papierkram niederschlägt, wie man ja auch im Kommentar von Frau Fuchs sieht. Für die meisten Online-Händler, die ich kenne, ist das das ausschlaggebende Argument, wenn sie nicht oder kaum in die Schweiz versenden.

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