EHI / Statista: Studie zum Schweizer E-Commerce 2013

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Diesen Monat haben das Kölner EHI Retail Institut und Statista ihre jährliche Marktstudie zum E-Commerce in Österreich und der Schweiz veröffentlicht. Das wenig überraschende Resultat zeigt ein starkes Wachstum des Schweizer E-Commerce. Viel interessanter sind dabei jedoch die Details.

Auf Basis manueller Untersuchungen und direkter Befragungen der Händler, wurden pro Land 250 Onlineshops für physische und digitale Güter unter die Lupe genommen. Die daraus gewonnenen Rankings zeichnen ein klares Bild davon, wer die eigene Nase wie weit vorn hat – zumindest in Bezug auf den Umsatz, der sich gegenüber 2012 um 26.5% auf rund CHF 5.2 Mrd gesteigert hat. Digitale Güter inbegriffen und mit Fokus auf B2C.

Quelle: EHI / Statista
Quelle: EHI / Statista

 

Natürlich wäre ein „kostenbereinigtes“ Ranking auch einmal sehr spannend 😉

Vor allem die detaillierten Aussagen zur Struktur des Schweizer E-Commerce zeigen eine Reihe von interessanten Fakten (Basis: 250 Shops). Hier ein paar Beispiele:

  • gut 17% der Shops verkaufen aus dem Ausland in die Schweiz (kein Heimatschutz mehr!)
  • 57.2% (+7.2%) sind neben Online ebenfalls im stationären Handel vertreten, allerdings bieten nur 24% auch eine Selbstabholung an.
  • rund 27% aller Shops versenden zusätzlich Print-Kataloge.
  • etwa 5.6% aller Shops nutzen ebay.ch für den Vertrieb. [Anmerkung:] im Kontrast dazu sind es bei Shops.ch offiziell rund 15%. Wieviele Shops effektiv über Ricardo.ch vertreiben kann nur geschätzt werden. Man darf dabei sicher von +20% bis +30% ausgehen.
  • Amazon scheint für die Schweizer Onlinehändler nur mässig interessant zu sein: lediglich 14% verkaufen dort ihre Produkte.

Auch das mobil optimierte Angebot wird thematisiert. Insgesamt setzen 38% der Onlineshops für Smartphone und/oder Tablet optimierte Seiten/Apps samt Shopping-Funktion ein. Vor dem Hintergrund des enormen Potentials sind das noch immer recht wenig.

Ganz anders sieht es bei der Nutzung von Social Media aus. Facebook liegt erwartungsgemäss ganz vorn und wird von gut 79% aller Onlinehändler eingesetzt. Twitter kommt auf 61.2% und Google+ auf (erstaunliche) 41.6%. Und noch etwas mit Überraschungscharakter: YouTube wird von 50% der Shopbetreiber genutzt. Unklar bleibt jedoch, wie es bei der Nutzung von Social Media um das Verhältnis von „Ja, wir haben da einen Account“ zu „Ja, nutzen wir täglich“ bestellt ist.

Fazit

Das Gesamtbild zum Schweizer E-Commerce hinterlässt generell einen guten Eindruck, wobei es punktuell noch viel Nachholbedarf gibt. Dies vor allem im thematischen Kontext mobiler Optimierung und Cross-Channel-Integration

Kaum ein Kunde wird heute noch verstehen, dass der Zuhause (oder mobil) bestellte Artikel nicht in der Filiale auf dem Heimweg abgeholt oder retourniert werden kann. Wer seine Vertriebsstruktur nicht an das veränderte Kaufverhalten seiner Kunden anpasst – und noch immer im Kanaldenken verharrt – der dürfte über kurz oder lang zu der statistischen Gruppe gehören, deren Umsätze sich zum Wettbewerb „verlagern“.

Wie lange kann der Schweizer E-Commerce noch in diesem Tempo wachsen? 

Es wird in der Schweiz nicht mehr eingekauft als sonst. Das Einkaufsverhalten verändert sich – und daher verlagern sich die Umsätze. Vor allem der klassische Versandhandel hat das in den letzen Jahren zu spüren bekommen. Dies ist jedoch nach Patrick Kessler (Präsident des VSV) fast abgeschlossen. Und dann? Woher nimmt der Onlinehandel sein künftiges Wachstum?

Heute nutzen rund 87% der Schweizer das Internet. Die meisten davon regelmässig. Wiederum 88% der Schweizer Internetnutzer kaufen online ein, ganze 70% machen das sogar mehrmals pro Monat. Ein Umsatzwachstum ist daher beinahe nur über höhere Transaktionen, zunehmende Kauffrequenz oder den Wettbewerb zu erreichen. Der E-Commerce braucht neue Wachstumstreiber.

Es ist davon auszugehen, dass das künftige Wachstum für den E-Commerce überwiegend zu Lasten der kanaldenkenden stationären Händler geht, denn die digital eingeborenen Konsumenten von morgen stehen schon in den Startlöchern. Oder wie Patrick Kessler so treffend formuliert hat:

Wenn pro Jahr 2 Prozent neue digitale Konsumenten dazu kommen und 2 Prozent „analoge“ Konsumenten wegfallen, wird es in den nächsten 5 Jahren sehr viel freie Ladenfläche geben. A-Lagen sind natürlich weiterhin beliebt, aber bei B- oder C-Lagen sollte man als stationärer Händler nur noch sehr kurze Mietverträge abschliessen. Denn es wird schnell gehen, schneller als viele Experten glauben! Die Onlinehändler stehen bereit, der stationäre Handel auch?

Dem ist eigentlich nicht viel hinzuzufügen. Damit ist jedem stationären Händler nochmals dringend empfohlen, seine Cross-Channel-Integration auf strategischer und konzeptioneller Ebene zu prüfen. Und für alle anderen sollte Mobile ein gewichtiges Thema für 2014 sein.

Wer gern weitere Details erfahren oder auch mal einen Blick in den Österreichischen E-Commerce werfen möchte, der kann sich die komplette Studie „E-Commerce-Markt Österreich/Schweiz 2013“ direkt beim EHI Retail Institute oder bei Statista herunterladen gegen eine Gebühr von EUR 480.-

 

Disclaimer: Die Studie wurde Carpathia vom EHI kostenlos zur Verfügung gestellt. Einerseits weil das Zahlenmaterial auch Grundlage war für den jährlichen Umatzposter, und wir hier verschiedene Plausibilitätsprüfungen vornahmen. Anderseits für unsere Beratungstätigkeit. Diese öffentliche Rezension war keine Vorgabe und erfolgt in eigener Motivation, da die Informationen für eine breitere Öffentlichkeit von Interesse sind.



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