Amazon – Mephisto, Moses oder Hippolyte?

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Heute verkündete Amazon, dass die Zahl der europäischen Unternehmen, welche ihre Produkte an Kunden außerhalb ihres nationalen Marktplatzes verkaufen, in den vergangenen 12 Monaten um 50 Prozent gestiegen ist und dass diese Verkäufer auf Amazon Marketplaces mit dem europäischem Exportgeschäft Rekordumsätze verzeichnen.

5 Webseiten, 5 Sprachen, 28 Logistikzentren in 7 Ländern ermöglichen die von Amazon selbst publizierten 2,8 Milliarden Euro Export-Umsatz. Nicht eingerechnet sind die Milliardenumsätze von Verkäufern an Kunden im eigenen Land und an Kunden außerhalb der EU.

Neben der wirklich beachtlichen Infrastruktur kommen aber auch noch diverse Dienstleistungen hinzu die dem grenzüberschreitenden Verkauf in Europa die Komplexität nehmen. Es sind dies der europaweite One-Click-Verkauf auf Amazone EU-Webseiten, das europäische Liefer-Netzwerk, die Kundenbetreuung in Landessprache und die angebotene Übersetzungstechnologie – Alles ganz „einfach“ und wie aus Engels Hand dargeboten.

So flüstert dann Francois Saugier, Amazon Director EU Seller Services, dem Händler ins Ohr:

„Seit unserem Europa-Start vor über 15 Jahren hat Amazon Europa als einen singulären Marktplatz behandelt“

Richtig, die Schweiz gehört auch aus Sicht von Amazon nicht zu Europa und so ist das gesamte Marketplace-Angebot für Schweizer nach wie vor noch nicht „erreichbar“.  Als Verkäufer ist es, mit kleinen Hürden, wie z.Bsp. die Eröffnung eines EUR-Kontos in Deutschland, aber durchaus Möglich auf dem EU-Marktplatz mitzuspielen.

Weiter sagt Francois Saugier:

„Wir bieten Amazon Marketplaces in fünf verschiedenen Sprachen mit mehr als 100 Millionen Produkten und liefern von unseren 28 Logistikzentren die Bestellungen europaweit an Kunden aus – und das sowohl für Amazon als auch für unsere Verkäufer.“

„Europäische Unternehmen können über unsere Webseiten alle europäischen Kunden erreichen – egal wo. Darüber hinaus nutzen viele dieser Unternehmen den Versand durch Amazon: Sie stellen ihr Inventar lediglich einem unserer Logistikzentren in Europa zur Verfügung und wir erledigen den Rest, indem wir die schnelle Lieferung sowohl europa- als auch weltweit garantieren.“

So verlockend wie die „Amozon-Frucht“ scheint, so bitter kann sie aber schmecken.

Dominik Grollmann, drüben bei ibusiness.de hat in seinem Beitrag: „Amazon-Marketplace: Die miesen Tricks des Retail-Giganten“ die Glycoside, Isoprenoide und Alkaloide herausgelöst.

  • Amazon forscht Marktplatzhändler gezielt aus
  • Amazon verkauft nur lukrative Sortimente
  • Im Zweifel ist Amazon eher selbst Händler als Partner der Händler
  • Nicht immer gewinnt der Günstigste
  • Amazon bevorzugt sich selbst
  • Verkäufer werden um ihre Marge gebracht – Nachhaltiges Wachstum findet nicht statt
  • Amazon macht sehr unmissverständlich klar, dass sich ein Produkt ohne flankierende Werbemaßnahmen niemals so gut verkaufen wird, wie das des Wettbewerbers
  • Nach außen ist Amazon das freundliche Unternehmen, das alle Kundenwünsche erfüllt – Für Verkäufer gilt das genaue Gegenteil
  • Amazon wirft niemanden raus – Amazon entzieht den Status

Eigentlich alles Methoden, die schon immer dann eingesetzt wurden, wenn ein Akteur zuviel Marktmacht hat. In der digitalisierten Welt ist es nur noch heftiger weil hier Disruptions-, Plattform- und Netzwerkeffekte im Verbund gnadenlos zuschlagen.

Was kann der einzelne Verkäufer dagegen tun? Nichts. Was können Verkäufer im Verbund dagegen tun? Theoretisch sehr viel. Praktisch leider wenig – was Alexander Graf mittels dem Gefangenendilemma aus der Spielthorie sehr schön erklärt.

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Was soll der einzelne Verkäufer nun tun? Es bleibt nur den Pakt mit Mephisto mit Vor-, Um- und Weitsicht einzugehen, von den von Moses dargebotenen meeres- grenzüberschreitenden Möglichkeiten in den Bereichen Reichweite und Fulfillment zu profitieren, sich nie aber auch wirklich niemals als langfristiger, ebenbürtiger Partner von Amazon zu sehen und darauf zu hoffen, dass Herakles alias Margrethe Vestager als EU-Wettbewerbskommissarin, ähnlich wie bei Google, einen „Angriff“ auf die Amazonenkönigin Hippolyte macht um ihr den Zaubergürtel der Marktmacht zu entreissen.  

 

Swiss E-Commerce ConnectMarktplätze und Strategien zum Bestehen in einer Amazon-Welt sind unter anderen auch Themen der diesjährigen E-Commerce Connect Konferenz am 10. Juni 2015.



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