Die Bonsai-Strategien der Schweizer Mode-Onlinehändler

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In den vergangenen Tagen überboten sich geradezu die News bei den Schweizer Onlinehändlern im Modebereich. Doch allen ist gemeinsam, dass keiner wirklich gross denkt, neue Konzepte und Strategien ankündigt noch sich von den alten stationär geprägten Verhaltensmustern zu lösen vermag.

Vielmehr hört sich das ganze an, wie alter Wein in neuen Schläuchen. Gar das Leader-Panel des E-Commerce Reports 2015 attestierte der Mode-Onlinebranche in der Schweiz Ideenlosigkeit.

Derweil man Zalando ungehindert den Online-Markt entwickeln lässt.

Zalando.ch peilt CHF 400 Mio Umsatz 2015 an

Die auch die Schweiz aus Berlin bearbeiteten Zalandos vermeldeten geradezu ein Rekordwachstum für das zweite Quartal 2015 mit einem Umsatzschub von 32.5% im DACH-Raum. Für die Schweiz dürfte von den erzielten EUR 758 Mio. DACH-Umsatz im ersten Halbjahr wohl nahezu CHF 200 Mio. entfallen sein.

Und der Mode-Handel verfügt auch in der Schweiz aktuell über einen Online-Anteil von deutlich über 12% laut den versch. Umsatzstatistiken. Zum selben Resultat kam auch die HSG in ihrer aktuellen Konsumenten-Befragung, wo 12.6% der Mode-Käufer das Internet als ihren präferierten Kanal bezeichneten.

Und fast 6 von 10 Schweizern haben bereits Mode online gekauft, so eine 2015 Studie des ECC Köln; 57.4% der befragten Konsumenten antworteten mit „Mode“ auf die Frage, „In welcher der folgenden Branchen haben Sie schon einmal online eingekauft?“

Anteil der Onlinekäufer in der Schweiz nach Produktkategorien im Jahr 2014 - Quelle: Statista / ECC Köln
Anteil der Onlinekäufer in der Schweiz nach Produktkategorien im Jahr 2014 – Quelle: Statista / ECC Köln

Schweizer Onlinehändler mit wenig zufrieden

Wie viel man online bewegen und an Umsatz generieren kann, zeigt gerade das Beispiel Zalando. Aber auch AboutYou hat den Markteintritt in die Schweiz für dieses Jahr angekündigt, womit die Marktanteile nochmals neu verteilt werden.

Und die Ausgangslage für die Schweizer Akteure sieht nicht besonders rosig aus. Denn obwohl um Jahre vor Zalando aktiv am Markt, sind ihre Onlineumsätze im Vergleich bescheiden. Der Vorsprung wurde sträftlich eingebüsst.

PKZ.ch (2014: 5% Onlineanteil / ca. CHF 10 Mio)

Beim E-Commerce Champion 2014 plant man für den Herbst ein Redesign nebst der Konsolidierung und Änderungen an den stationären Verkaufsformaten. Dennoch wird aktuell der Online-Umsatz mit 5% des Gesamt-Umsatzes (2014: CHF 186 Mio) beziffert, was knapp 10 Mio. entspricht.

Die Conversion soll aktuell 1.2% betragen im Onlineshop. Dieses Jahr soll der Online-Anteil auf 10% gesteigert werden gem. PKZ-Chef Burger.

Schild.ch (2014: 3% Onlineanteil / ca. CHF 5 Mio)

Vor knapp 2 Jahren übernahm Globus (Migros) den Modehändler Schild und in den Berichterstattungen wurde mehr als einmal betont, dass Schild eben einen Onlineshop hätte und Globus (damals) nicht. Über den Erfolg des Schild-Onlineshops, der notabene einer der ersten Schweizer Mode-Onlineshops war, konnte man vortrefflich streiten.

Zwischenzeitlich ist auch Globus online gestartet und der Schild Onlineshop hat einen Relaunch hinter sich. Kaum ein Stein auf dem anderen geblieben ist im Management bei Globus/Schild wo in den vergangenen Wochen die Schild-Leute das Ruder übernommen haben – sowohl die Geschäftsführung wie der Bereich Digital wird neu von Ex-Schild-Leuten verantwortet.

Und auch hier scheint man sich mit den kleinen Brötchen weiterhin zufrieden zu geben und den Markt kampflos an die PurePlayer abgeben zu wollen. Anders lässt sich die Aussage von Globus-Chef Herbert in der NZZ nicht interpretieren:

„Schild wird seine Online-Umsätze 2015 auf fast 10 Mio. Fr. verdoppeln. Und das in diesem Jahr erstmals profitabel.“

 

Die letztjährigen knapp 5 Mio. entsprechen dann im Vergleich mit den knapp 170 Mio Gesamtumsatz weniger als 3% Umsatzanteil.

Charles Vögele, H&M, C&A etc.

Und was macht der Rest? Sorgenkind Charles Vögele hat diesen Monat seinen Onlineshop neu lanciert und zeigt sich nun in frischem und modernem Kleid. Ob man damit den Umsatzrückgang stoppen kann?

Und der lange erwartete Online-Markteintritt von H&M darf nun für diesen Herbst endlich erwartet werden, währenddessen C&A sich nun doch online schon etwas etabliert  und umsatzmässig PKZ knapp und Schild deutlich überholt hat.

Für 2014 wird der Umsatz von C&A auf gut CHF 12 Mio. geschätzt laut EHI/Statista, deren Informationen wiederum Grundlage für den Mitte September erscheinenden Onlines-Shop-Umsatzposter sein wird.



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Thomas Lang, Betriebsökonom und Wirtschaftsinformatiker, unterstützte Unternehmen bei der Strategieentwicklung von digitalen Vertriebsmodellen, beim Aufbau von digitalen Geschäftsmodellen, bei Expertisen rund um Onlinehandel und der operativen Umsetzung im Bereich Organisation, Prozesse, Innovation, Change-Management und Unternehmenskultur. Er ist Gründer der Carpathia AG, der unabhängigen und neutralen Unternehmensberatung für Digital-Business, E-Commerce und Digitale Transformation im Handel. Zudem ist er Autor von zahlreichen Fachartikeln und -studien, Dozent für Online-Vertriebsmodelle an verschiedenen Hochschulen sowie gefragter Keynote-Speaker zu E-Commerce und Digital Transformation im Handel. Er ist Initiator und Organisator der Connect - Digital Commerce Conference sowie des Digital Commerce Awards. Der von ihm gegründete Carpathia Digital-Business-Blog (https://blog.carpathia.ch) zählt im deutsch-sprachigen Raum zu den wichtigsten unabhängigen Publikationen im Digitalen Handel. Medien bezeichnen ihn als digitalen Vordenker, zitieren und interviewen ihn regelmässig . Am Mittwoch 17. November hat Thomas Lang für immer die Augen geschlossen.

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