Amazon startet mit Gratislieferungen* in die Schweiz – Ist das jetzt so schlimm?

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So hat sich die Schweizer Handelslandschaft das Weihnachtsgeschäft sicher nicht vorgestellt und so manch ein Händler, ob nun stationär oder online, dürfte beim Lesen seiner Mails am Sonntag den gerade genüsslich eingeschenkten Kaffee beinahe wieder fallen gelassen haben.

Per Mail wurden einige Schweizer Amazon Kunden nämlich darüber informiert, dass Amazon.de ab dem 1. November für einen Zeitraum von 6 Monaten nun auch Artikel ausserhalb von Büchern und Medien ohne Versandkosten (* ab einem Warenwert von EUR 49.-) ohne Versandkosten in die Schweiz liefert.

Amazon-Logo

Mit der Versandoption „AmazonGlobal Schweiz“ seien nun Millionen von Artikeln aus den Verschiedensten Produktkategorien verfügbar. Die offizielle Pressemitteilung gibt leider darüber hinaus auch nicht viel mehr her.

Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft kommt die Aktion nicht von ungefähr. Und die 6 Monate sind sicher auch nur als Test ein Vorgeschmack auf das was dann noch kommen mag.

Aber noch ist es kein vollwertiger Markteintritt – Amazon.ch wird noch auf die Amazon.de Domain umgeleitet und es werden nach wie vor Preise in Euro angezeigt. Auch muss man erst einmal ein Produkt finden, dass auch in die Schweiz geliefert wird. Dann muss man es noch in der Schweiz gebrauchen können (Die Fallstricke bei Notebooks und technischen Geräten hatte ich ja vor wenigen Tagen im Detail beleuchtet), und dann soll es ja aus Konsumentensicht bitte auch noch günstiger sein als in der „Hochpreisinsel“ Schweiz.

 

Noch kein Grund zur Panik – Hier (noch) eine kleine Beruhigungspille

Man muss aktuell schon etwas länger suchen, bis man Produkte ausserhalb von Büchern und Medien findet, auf die die o.g. Kriterien zutreffen. Zunächst mal muss man sich mal auf Artikel konzentrieren, die von Amazon selber stammen, und nicht von den zahlreichen Marktplatzteilnehmern. Diese liefern häufig gar nicht in die Schweiz, oder sie gewähren keine versandkostenfreie Lieferung wie Amazon sie jetzt angekündigt hat. Oder man hat Produkte, die nur über die teure AmazonGlobal Express Zustellung in die Schweiz geliefert werden. Jedoch findet sich auf einer anderen Hilfe-Seite wiederum der Hinweis, dass von diesen Expresslieferungen Handtaschen und Schuhe noch ausgenommen sind. Händler dieser Kategorien können also noch etwas am Kaffee nippen – aber auch das ist m. E. nur eine Frage der Zeit.

Dabei ist eine Systematik der lieferbaren Produkte nur schwer erkennbar. So wird dieser Recaro Kindersitz nicht in die Schweiz geliefert. Auch ein iPad bekomme ich nicht. Aber dieses Notebook, dann schon. (Hierzu später mehr)

Auch ist nicht wirklich klar ob der Kunde dann nicht doch noch mehr Gebühren oder die Schweizer Mehrwertsteuer entrichten muss. (Mehr dazu in der detaillierten Betrachtung)

Sollten die genannten Preise den tatsächlichen Preisen die der Schweizer Endkunde zu entrichten hat entsprechen, dann könnten bestimmte Produktgruppen sehr attraktiv sein. Elektronik Produkte gehören, sofern in der Schweiz verfügbar, sicher nicht dazu. Dazu sind die Preise hierzulande zu gut.

 

Ein Sturm zieht auf – Auch im B2B!

Es ist nun vorbei mit der Ruhe vor dem Sturm – Amazon bläst zunächst mal sanft los und wird die Windstärken sicher weiter erhöhen. Schon ohne diese Massnahme hat sich Amazon.de 2014 schon bei geschätzten Umsätzen in der Schweiz von CHF 350 Mio. auf den 2. Platz der Schweizer Online Shops geschoben. Verglichen mit den ca. CHF 11.7 Mrd. die Amazon 2014 in Deutschland umgesetzt hat, ist das nur ein „Hauch“. Aber es zeigt, in welchen Dimensionen Amazon unterwegs ist und man muss sich nur mal ausmalen was los ist, wenn in der Schweiz ein Wert von 1 Mrd. oder mehr erreicht wird. Und das sind ja nur B2C Umsätze – vor kurzen war ja der Launch von amazon.de/industrie und hier bin ich schnell auf Produkte gestossen, die wenn die Mengen verändert werden, dann auch ohne Versandkosten in die Schweiz geliefert werden: Bsp.1 und Bsp.2 .

In meinen Augen ist es nur eine Frage der Zeit bis der Schweizer Handel die Kraft von Amazon vol zu spüren bekommt. Bis dahin werde ich abwarten und Tee Kaffee trinken.

 

 

Ergänzend: Eine detaillierte Sicht auf die Produkte für die Schweiz

Als Kunde habe ich aktuell keine Möglichkeit schnell Produkte zu finden, die in die Schweiz lieferbar sind.  Die Filtermöglichkeiten:
Amazon-Filter
helfen mir nur bedingt weiter – Denn „AmazonGlobal“, ist noch nicht „AmazonGlobal Schweiz“. Das merkt man dann aber erst im Warenkorb. Das o.g. Notebook-Beispiel sieht dann wie folgt aus, wenn man die weiteren Infos zu Versandkosten und Steuern aufklappt:

Amazon-Warenkorb-Notebook

 

Fakt ist, es fallen keine Versandkosten an. Die Deutsche Mehrwertsteuer wird herausgerechnet und eine Vorauszahlung einer Importgebühr (Erklärung) verlangt. Letztendlich weiss man als Kunde noch nicht, ob diese nicht tiefer oder gar höher ausfällt.

Diese entspricht in diesem Fall exakt der Schweizer Mehrwertsteuer von 8% – (Ich habe aber auch Produkte gesehen, bei denen dieser Wert höher war als der reine MwSt. Betrag.)

Amazon schreibt am Ende dieses Warenkorbs, dass es sich um Preise inkl. Mehrwertsteuer handelt. Soweit so gut.

In der Amazon Hilfe zu diesem Thema (Der Link war auch im Amazon Info Mail genannt) finden sich jedoch hierzu widersprüchliche Aussagen (Ausschnitte):

Einfuhrsteuer (Mwst.) und Geringfügigkeitsgrenze: Die bei Amazon.de gekauften Artikel unterliegen der Einfuhrsteuer. Diese wird jedoch nur dann erhoben, wenn der Steuerbetrag mindestens 5 CHF beträgt (Geringfügigkeitsgrenze).

Warenwertobergrenze: Die Warenwertobergrenze (inkl. Transportkosten) für eine mehrwertsteuerbefreite Einfuhr liegt für Artikel mit dem regulären Umsatzsteuersatz von 8% bei CHF 62.00.

Postvorweisungstaxe: Sobald der Steuerbetrag 5,00 CHF übersteigt, entsteht eine abgabenpflichtige Sendung. Zu den Einfuhrabgaben kommt in diesen Fällen eine Bearbeitungsgebühr der Schweizer Post, die sogenannte „Postvorweisungstaxe“ hinzu.

Seit 1. Oktober 2008 wird für die vereinfachte Verzollung für Steuerbeträge bis 500,00 CHF eine Abgabe von 18,00 CHF und für ordentliche Verzollung für Steuerbeträge über 500,00 CHF eine Abgabe von 35,00 CHF fällig.

Diese Postvorweisungstaxe unterliegt ebenfalls der Mehrwertsteuer. Sie wird in der Regel pro Paket erhoben.

Mit welchem Steuersatz muss ich rechnen?

Musik, DVD, Video, Computer- und Videospiele, Software, Bekleidung, Sportartikel, Schmuck, Uhren, Auto & Motorrad, Elektronik, & Foto, Küche, Haus & Garten, Bürobedarf, Musikinstrumente, Spielzeug

Für Artikel aus diesen Bereichen gilt der normale Steuersatz von derzeit 8% vom Warenwert, zuzüglich Transport und Postvorweisungstaxe.

Also müssten gemäss diesen Angaben noch weitere Gebühren fällig werden wenn der Kunde die Lieferung erhält. Aber gesichert ist diese Annahme nun nicht und da werden nur Test Bestellungen helfen. (Gerne nehmen wir hierzu Erfahrungsberichte in den Kommentaren entgegen) Auch macht mich der Bezug auf eine Regelung von 2008 eher stutzig.

Fakt ist, dass für Lieferungen unter einem Warenwert von unter CHF 62 quasi keine bzw. nur sehr geringe Importgebühren verlangt werden, wie dieses Beispiel zeigt:

 

Amazon-Dymo

Aus Kundenperspektive ist es wirklich noch sehr mühsam einen Artikel zu finden – und Stecker und Tastaturen sind dann mit hoher Wahrscheinlichkeit eben keine Schweizer Ausführungen. Wie gesagt über Erfahrungsberichte in den Kommentaren würden wir uns freuen.



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