VSV/GfK: Schweizer E-Commerce legt auch 2015 deutlich zu – steht der Dammbruch bevor?

3
4779

Seit heute sind die offiziellen Schweizer Zahlen zum E-Commerce für das vergangene Jahr verfügbar. Wie jedes Jahr erhoben vom VSV Verband Schweizer Versandhändler zusammen mit der GfK Schweiz in Zusammenarbeit mit der Post. Es handelt sich hierbei um eine Händlerbefragung. Alle Zahlen entsprechen B2C und C2C Warenumsätzen in Schweizer Franken, netto ohne MwSt und um Retouren bereinigt (keine Services wie Reisen, Tickets etc.).

Der gesamte Versandhandel setzte 2015 CHF 7.45 Milliarden um. Davon entfallen noch 750 Mio. auf den klassischen Versandhandel (Katalog), 250 Mio. auf Online-Bestellungen von Schweizern bei ausländischen Shops, welche an grenznahe Abholstationen geliefert wurden.

Und für CHF 6.45 Milliarden haben die Schweizer Waren online bestellt. Davon 1.1 Milliarden bei ausländischen Onlineshops, 800 Mio bei Schweizer Auktionshäusern und Marktplätzen und den Rest von 4.55 Milliarden bei Schweizer Onlineshops.

Damit konnte der E-Commerce im vergangenen erneut um 8.5% zulegen. Berücksichtigt man zudem, dass das Preisniveau im gleichen Zeitraum über alle Sortimente hinweg betrachtet um 6% gesunken ist, haben die Onlineplattformen auf Transaktionsebene noch stärker zulegen können.

Entwicklung Marktvolumen klassische Bestellwege und Onlinehandel im Versandhandel 2008-2015 (in Mrd. CHF) - Quelle: VSV/GfK - Grafik: Carpathia AG
Entwicklung Marktvolumen klassische Bestellwege und Onlinehandel im Versandhandel 2008-2015 (in Mrd. CHF) – Quelle: VSV/GfK – Grafik: Carpathia AG

Elektronik und Mode: beides wächst, jedoch unterschiedlich

Vor allem die Anbieter von Computer-, Unterhalts- und Haushaltselektronik konnten laut der aktuellen Statistik markant zulegen. Die Preiskorrekturen aufgrund der Frankenstärke waren weniger markant als in anderen Bereichen. Der Online-Anteil der Heimelektronik beträgt mittlerweile satte 26%.

Ebenfalls zulegen konnte der Mode-Bereich, der jedoch deutlich stärker von der Preiserosion aufgrund des starken Frankens betroffen war. Der Online-Anteil bei Fashion beträgt aktuell in der Schweiz 15%.

Gesamtmarkt nach Sortimenten (B2C) im Schweizer Online-Versandhandel - wertmässige Anteile in Milliarden CHF - Quelle: VSV/GfK
Gesamtmarkt nach Sortimenten (B2C) im Schweizer Online-Versandhandel – wertmässige Anteile in Milliarden CHF – Quelle: VSV/GfK

Interessant ist die Tatsache, dass die beiden Leader-Sortimente Elektronik und Mode diametral in inländischer rsp. ausländischer Hand sind. Das ergibt folgendes Bild, wenn man jeweils die Mutterhäuser der Onlinehändler berücksichtigt.

Onlineanteile in- und ausländischer Händler 2015 - Quelle: Experten Schätzung - Grafik: Carpathia
Onlineanteile in- und ausländischer Händler 2015 – Quelle: Experten Schätzung – Grafik: Carpathia

Der Markt für Elektronik ist in der Schweiz nach wie vor geschützt aus guten Gründen. Zum einen ist das Preisniveau allg. bereits sehr tief. Zum anderen sorgen technische Eigenheiten wie länderspezifische Tastaturen und Stecker für einen gewissen Schutz. Mehr zu den Spezialitäten des Schweizer Onlinehandels auch im Podcast von ExctingCommerce mit unserem Malte Polzin als Gast.

Dammbruch: Onlineanteil Non-Food auf 14% overall angewachsen

Vor allem im Vergleich mit unseren Nachbarländern muss zwischen Food und Non-Food unterschieden werden, will man die Onlineanteile am Gesamtmarkt erheben. Dies, weil in der Schweiz Food rund 50% am gesamten Detailhandel ausmacht. In DE und AT sind es lediglich rund ein Drittel aufgrund des tieferen Preisniveaus.

Während sich der Online-Anteil bei Food (Lebensmittel, Wein etc. inkl. Nespresso) auf 1.8% steigern konnte, werden bereits 14% aller Käufe im Non-Food Bereich online getätigt. Die Studienverfasser gehen davon aus, dass spätestens 2019 20 % der Non Food Einkäufe online erfolgen.

Wertmässige Anteile des Online-Versandhandels am Schweizer Detailhandel - Quelle: VSV/GfK
Wertmässige Anteile des Online-Versandhandels am Schweizer Detailhandel – Quelle: VSV/GfK

Anteil von über 10-12% gelten oft als Tipping-Point. Sind diese einmal überschritten, beschleunigt sich das Wachstum. Insofern könnte (auch) in der Schweiz ein Dammbruch bevorstehen, bei dem noch verstärkter Umsätze in den Onlinekanal fliessen. Die jüngsten Entwicklungen im Bereich Mode wo zahlreiche Händler schliessen mussten, untermauern diese Tendenz.

Stationär verliert – Onlinehandel wächst

Seit Jahren stagniert der gesamte Detailhandel in der Schweiz. Dieser kam im vergangenen Jahr noch auf CHF 95.4 Milliarden und ist damit auf das Niveau von 2008 gesunken. Ursache dafür auch, da die Preise seit 2008 mit einzelnen Ausnahmen tendenziell eher tiefer liegen. Zudem trägt der stationäre Einkauf im benachbarten Ausland das Seine bei.

Betrachtet man das Wachstum des stationären und des Online-Handels in den vergangenen 6 Jahren so zeigen die Zahlen des BAK Basel, dass der Grossteil des Verlustes des stationären Handels im Wachstum des E-Commerce zu finden ist.

Online- und Versandhandel wachsen schneller als der übrige Detailhandel Schweiz - Quelle: BAK Basel - Grafik: VSV/GfK
Online- und Versandhandel wachsen schneller als der übrige Detailhandel Schweiz – Quelle: BAK Basel – Grafik: VSV/GfK

Weitere wichtige Studien-Ergebnisse

Verwendete Zahlungsmittel bei den teilnehmenden VSV-Mitgliedern (ausschliesslich Warenverkehr – Vorjahr in Klammern)

  • Rechnung dominiert weiter die Bezahlverfahren mit 81% (84%)
  • Kreditkarte konnte leicht zulegen auf 13% (12%)
  • Debitkarte verdoppelte sich auf tiefem Niveau mit 2% (1%)
  • Vorauskasse / Nachnahme leicht angezogen mit 4% (3%)

Retouren Quoten nahezu unverändert ggü dem Vorjahr

  • Mode/Schuhe 45% (44.8%)
  • Universalversender 23% (23%)
  • Wohnen 6.1% (6%)
  • Medien 4% (3.8%)
  • Multimedia 2.4% (2.6%)
  • Übrige 11.1% (10.4%)

E-Commerce Connect Konferenz mit Milliarden-Panel

Swiss E-Commerce ConnectAm 11. Mai 2016 führen wir zum dritten mal die E-Commerce Connect Konferenz durch, wiederum im Kaufleuten Zürich. Mit dabei über 20 erstklassige Speaker die direkten Knowhow-Transfer vom Händler zum Händler ermöglichen.

Die Konferenz richtet sich an alle, die sich mit digitalen Handelsmodellen auseinandersetzen; für Händler, Hersteller und Brands – für Pureplayer, Omni-Channel-Händler und Marktplätze – für C2C, B2C und B2B. Insgesamt repräsentieren die Speaker über 3 Milliarden Franken Onlineumsatz.

Tickets sind jetzt im Vorverkauf erhältlich. Noch sind wenige vergünstigte Early-Bird Händler Tickets verfügbar.



letzter ArtikelInternetworld: Beste deutsche Onlineshops ausgezeichnet
nächster ArtikelState of E-Commerce 2016
Thomas Lang, Betriebsökonom und Wirtschaftsinformatiker, unterstützte Unternehmen bei der Strategieentwicklung von digitalen Vertriebsmodellen, beim Aufbau von digitalen Geschäftsmodellen, bei Expertisen rund um Onlinehandel und der operativen Umsetzung im Bereich Organisation, Prozesse, Innovation, Change-Management und Unternehmenskultur. Er ist Gründer der Carpathia AG, der unabhängigen und neutralen Unternehmensberatung für Digital-Business, E-Commerce und Digitale Transformation im Handel. Zudem ist er Autor von zahlreichen Fachartikeln und -studien, Dozent für Online-Vertriebsmodelle an verschiedenen Hochschulen sowie gefragter Keynote-Speaker zu E-Commerce und Digital Transformation im Handel. Er ist Initiator und Organisator der Connect - Digital Commerce Conference sowie des Digital Commerce Awards. Der von ihm gegründete Carpathia Digital-Business-Blog (https://blog.carpathia.ch) zählt im deutsch-sprachigen Raum zu den wichtigsten unabhängigen Publikationen im Digitalen Handel. Medien bezeichnen ihn als digitalen Vordenker, zitieren und interviewen ihn regelmässig . Am Mittwoch 17. November hat Thomas Lang für immer die Augen geschlossen.

3 KOMMENTARE

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT

Bitte fügen Sie ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie ihren Namen hier ein