Markantes Ungleichgewicht: Deutschlands grösste Onlineshops im Vergleich zur Schweiz

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Nun liegt sie vor, die Studie der 1’000 grössten Onlineshops von Deutschland vom EHI in Köln. Wir haben diese zum Anlass genommen für einen Vergleich mit den Entwicklungen in der Schweiz.

Und der Trend der vergangenen Jahre hat sich noch verstärkt in Deutschland; die Grossen werden immer grösser währenddessen die kleineren Onlineshops zunehmend Mühe bekunden, mit dem Wachstum mitzuhalten oder überhaupt noch zulegen zu können. Eine Entwicklung, die sich auch in der Schweiz zusehends abzeichnet.

Doch zuerst ein Blick auf die Top-10, deren Umsatzverteilung wir im zweiten Teil dieses Artikels mit der Schweiz vergleichen.

Amazons Dominanz ist erdrückend

Top-10 Onlineshops in Deutschland - Quelle: EHI/Statista
Top-10 Onlineshops in Deutschland – Quelle: EHI/Statista

Amazon führt das Ranking einsam an mit einem um knapp dreimal so hohen Umsatz wie die Nummer zwei, der aus dem traditionellen Versandhandlesgeschäft stammende Otto.de. Nur schon Zalando auf Platz drei macht weniger als die Hälfte von Otto.de und gerade mal noch einen Sechstel von Amazon – eine Situation, die sich in der Schweiz (noch) komplett anders darstellt.

Laut der Studie hat der deutsche E-Commerce 2017 erneut zulegen können und die Top-1000 erwirtschafteten EUR 42.8 Mia. Umsatz. Das Wachstum verringerte sich mit 8.1% jedoch etwas gegenüber dem Vorjahr, wo man noch um 11.4% zulegen konnte.

Machtkonzentration nimmt zu

Die Top-10 Onlineshops erzielen zusammen EUR 17.2 Mrd. Umsatz, was 40% der E-Commerce Umsätze in Deutschland entspricht. Davon wiederum beansprucht Amazon den Grossteil für sich, wie obige Grafik zeigt.

Dies unter anderem auch darauf zurückzuführen, dass sich die Marktplatz-Aktivitäten im deutschen E-Commerce verstärkt haben. So seien 35% der Top-1000 Onlineshops zusätzlich auf Ebay aktiv. Bei Amazon seien es bereits 43% der Onlinehändler, wie es in der Studie heisst. Und weiter meint dazu Chrostph Langenberg vom EHI:

 

Das Marktwachstum wird überproportional von den umsatzstärksten Händlern getrieben. Wir beobachten außerdem, dass Marktplatzaktivitäten insgesamt zunehmen.

Immer mehr große Onlinehändler betreiben selbst Marktplätze, die wiederum von anderen vermehrt genutzt werden, um von der größeren Reichweite zu profitieren.

Eine Entwicklung, die in der Schweiz ebenfalls zu beobachten ist. Allen voran Galaxus, die das Marktplatz-Thema stark vorantreiben.

Wer selber mit den Umsätzen in den verschidenen Branchen und die zunehmende Machtkonzentration „simulieren“ möchte, dem sei die interaktive Darstellung von Deutschlands Top-1000 Onlineshops von EHI/Statista empfohlen:

Deutschlands Top-1000 Onlineshop in der interaktiven Karte
Deutschlands Top-1000 Onlineshop in der interaktiven Karte

Die Top-100 Onlineshops aus Österreich und der Schweiz als Ergänzung zu unserem Top-30 Ranking vom Juli werden von EHI/Statista im November publiziert. Die Studie zu den Top-1000 aus Deutschland kann hier online bezogen werden.

Markant ungleiche Verteilung in Deutschland und in der Schweiz

Vergleicht man nun die Top-10 in Deutschland mit unseren Top-10 in der Schweiz (Die umsatzstärksten Schweizer Onlineshops 2018) dann fällt vor allem eines auf; die unglaubliche Dominanz des grössten Onlinehändlers, in Deutschland eben Amazon, der knapp dreimal so viel Umsatz macht wie nur schon die Nummer 2.

Top-10 Vergleich in Mio Euro Umsatz

Legt man das Top-10 Ranking der beiden Länder übereinander – und bricht zur besseren Lesbarkeit grafisch die Dominanz von Amazon – so lässt sich bereits gut erkennen, dass die Umsatzverteilung bei den zehn grössten Onlinehändlern in der Schweiz deutlich flacher ist.

Ebenso lässt sich in diesem direkten Umsatzvergleich unschwer identifizieren, dass der grösste Schweizer Onlineshop Digitec.ch mit umgerechnet EUR 590 Mio. Umsatz (CHF 690 Mio) auch in Deutschland in der hinteren Hälfte der Top-10 gut mithalten kann.

Notabene in einem Markt, der grundsätzlich um den Faktor 10 grösser ist, gemessen an der Bevölkerung und damit indirekt der Marktgrösse. Erfahrungsgemäss lässt sich ein Faktor 7.5 plausibel vertreten, wenn man die Kaufkraftverteilung ebenfalls in Betracht zieht.

Top-10 Onlineshops Deutschland und Schweiz in Mio EUR Umsätze. (Hinweis: Amazon Umsatzbalken ist gebrochen). Daten: EHI/Statista, Carpathia AG - Grafik: Carpathia AG 2018
Top-10 Onlineshops Deutschland und Schweiz in Mio EUR Umsätze. (Hinweis: Amazon Umsatzbalken ist gebrochen). Daten: EHI/Statista, Carpathia AG – Grafik: Carpathia AG 2018

Top-10 Vergleich mit indexierten Umsätzen

Noch frappanter wird die deutlich unterschiedliche Verteilung der Umsätze, wenn diese pro Land indexiert werden. Der grösste Onlineshop pro Land jeweils mit Index 100.

In Deutschland macht bereits der drittplatzierte Zalando nur noch 15% der Umsätze, die Amazon an der Spitze erzielt. Platz 6 macht noch knapp 7% und der letzte Platz im Ranking die Nummer 10 noch gut 5% von Amazons Deutschland Umsätzen.

Kein derartiger Vergleich in der Schweiz, wo das nur drittplatzierte Amazon.de noch 83% der Umsätze von Digitec an der Spitze erzielt. Platz 6 macht immerhin noch gut 40% und der letztplatzierte der Top-10 noch über 20% des Umsatzes vom grössten Schweizer Onlineshop.

Top-10 Onlineshops Deutschland und Schweiz Umsätze 2017 indexiert. Daten: EHI/Statista, Carpathia AG - Grafik: Carpathia AG 2018
Top-10 Onlineshops Deutschland und Schweiz Umsätze 2017 indexiert. Daten: EHI/Statista, Carpathia AG – Grafik: Carpathia AG 2018

Amazon und die Schweizer

Wie lange sich diese doch noch homogenere Umsatzverteilung in der Schweiz halten wird, wenn Amazon seine Marktpräsenz und Marketingaktivitäten verstärkt, wird sich weisen.

Dass Amazon enorme Potentiale gerade für Schweizer Brands und Hersteller wie auch Grosshändler offenbart, ist offensichtlich. Doch wie diese erschliessen? Dazu haben wir den Amazon Comepetence Hub in Zürich gegründet und zeigen unter anderem an der VSV-Veranstaltung vom 6. November „Amazon nutzen und profitieren“ gemeinsam mit Factor-A (part of DEPT) die Potentiale auf.



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Thomas Lang, Betriebsökonom und Wirtschaftsinformatiker, unterstützte Unternehmen bei der Strategieentwicklung von digitalen Vertriebsmodellen, beim Aufbau von digitalen Geschäftsmodellen, bei Expertisen rund um Onlinehandel und der operativen Umsetzung im Bereich Organisation, Prozesse, Innovation, Change-Management und Unternehmenskultur. Er ist Gründer der Carpathia AG, der unabhängigen und neutralen Unternehmensberatung für Digital-Business, E-Commerce und Digitale Transformation im Handel. Zudem ist er Autor von zahlreichen Fachartikeln und -studien, Dozent für Online-Vertriebsmodelle an verschiedenen Hochschulen sowie gefragter Keynote-Speaker zu E-Commerce und Digital Transformation im Handel. Er ist Initiator und Organisator der Connect - Digital Commerce Conference sowie des Digital Commerce Awards. Der von ihm gegründete Carpathia Digital-Business-Blog (https://blog.carpathia.ch) zählt im deutsch-sprachigen Raum zu den wichtigsten unabhängigen Publikationen im Digitalen Handel. Medien bezeichnen ihn als digitalen Vordenker, zitieren und interviewen ihn regelmässig . Am Mittwoch 17. November hat Thomas Lang für immer die Augen geschlossen.

1 KOMMENTAR

  1. Das Thema A und Plattformen ist interessant fuer Berater, fuer Agenturen – und natuerlich für Plattformen. Für Händler und Hersteller, die den Kontakt zum Endkunden auch noch nie hatten, kann es auch interessant sein, wenn sie in Kauf nehmen, dass ihre Margen zu den Plattformen und Agenturen und Beratern diffundieren…

    Und fuer den Rest gilt: Mache strikt nur, was dir nützt, kurz und langfristig. Und das ist dann ziemlich wenig

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