Brutale Preistransparenz im Internet – Deutscher Einzelhandel leidet

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Dem deutschen Einzelhandel macht die gradenlose Preistransparenz im Internet zu schaffen. Im Interview mit der FTD.de gibt sich der Präsident des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE) Josef Sanktjohanser ratlos; die Preistransparenz durch Suchmaschinen sei „brutal geworden“.

Onlinehändler legen kontinuierlich zu, während die Umsätze im deutschen Einzelhandel seit Mitte 2006 rückläufig seien, so Sanktjohanser. Die Gründe sieht er vor allem hier:

  • Die Prozesse im Einzelhandel sind teurer
  • Onlinehändler haben keine teuren Ladenmieten
  • Durch Preissuchmaschinen hat der Kunde die absolute Transparenz

Eine Patentlösung habe niemand bereit. Der HDE erwartet eine Marktbereinigung und fordert erneut eine Reform der Unternehmensbesteuerung. Trotzdem beobachtet Sanktjohanser auch eine Stärkung der Mitte. Denn die Discounter wachsen in der Krise nicht und die Luxusgüter-Branche leidet unter dem Ausbleiben der Kunden aus Russland und dem arabischen Raum.

In der Schweiz leiden vor allem die Fachgeschäfte unter der Online-Konkurrenz – aus den selben Gründen wie in Deutschland. V.a. standardisierte – für den E-Commerce hervorragend geeignete – Produkte aus dem Bereich der Haushalts- und Unterhaltungs-Elektronik, Medien (Musik, Literatur etc.), Tickets aber auch Textilien, Reisen, Wein,  Spielsachen uvm. sind schon fest in Onlinehand.

Die Aussage Sanktjohansers; „Das Internet droht bestimmte Segmente zu killen. Der Lebensmittelhandel ist nicht so bedroht, anderes ist hochgradig gefährdet.“ muss für die Schweiz etwas korrigiert werden. Als Vize-Weltmeister im Onlineeinkauf von Lebensmitteln könnte mittelfristig auch der Lebensmittelhandel etwas leiden, jedoch nicht in dem Ausmass, wie dies andere Branchen heute schon spüren.



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Thomas Lang, Betriebsökonom und Wirtschaftsinformatiker, unterstützte Unternehmen bei der Strategieentwicklung von digitalen Vertriebsmodellen, beim Aufbau von digitalen Geschäftsmodellen, bei Expertisen rund um Onlinehandel und der operativen Umsetzung im Bereich Organisation, Prozesse, Innovation, Change-Management und Unternehmenskultur. Er ist Gründer der Carpathia AG, der unabhängigen und neutralen Unternehmensberatung für Digital-Business, E-Commerce und Digitale Transformation im Handel. Zudem ist er Autor von zahlreichen Fachartikeln und -studien, Dozent für Online-Vertriebsmodelle an verschiedenen Hochschulen sowie gefragter Keynote-Speaker zu E-Commerce und Digital Transformation im Handel. Er ist Initiator und Organisator der Connect - Digital Commerce Conference sowie des Digital Commerce Awards. Der von ihm gegründete Carpathia Digital-Business-Blog (https://blog.carpathia.ch) zählt im deutsch-sprachigen Raum zu den wichtigsten unabhängigen Publikationen im Digitalen Handel. Medien bezeichnen ihn als digitalen Vordenker, zitieren und interviewen ihn regelmässig . Am Mittwoch 17. November hat Thomas Lang für immer die Augen geschlossen.

2 KOMMENTARE

  1. Aber auch in dessen Aussagen spiegelt sich die Hilflosigkeit der sog. Lenker.

    Warum empfiehlt er denn den Einzelhändlern nicht, selbst im Internet aktiv zu werden?

    Klar, ist es nicht ganz so einfach wie diesen Satz eben mal schnell hingeschrieben. Aber eine Reform der Unternehmensbesteuerung zu fordern kann ja dann auch nicht die Lösung für das veränderte Konsumentenverhalten sein.

  2. Fast typisch heutzutage beim Staat anzuklopfen. Die Unternehmensbesteuerung scheint – aus der Ferne betrachtet – sicher nicht optimal. Aber das ist eine Rahmenbedingung der man sich stellen kann/muss. Grundsätzlich scheint der Einzelhandel das Internet und den Wandel im Konsumverhalten verschlafen zu haben.

    Wenn nun die Panik ob der Preistransparenz herrscht zeigt dies auch, dass die Konkurrenzsituation zum reinen Preiskampf mutiert ist. Dies wiederum zeigt, der Einzelhandel kann dem Internet nichts anderes entgegensetzen (Qualität, Beratung, Zusatzleistungen, stationäres Einkaufserlebnis etc.) sondern muss sich dem Preiskampf stellen. Und den wird er verlieren – die Gründe hat Herr Sanktjohanser genannt.

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