Bereits zum dritten Mal hat die Fachhochschule Nordwestschweiz das 23 Anbieter umfassende E-Commerce Leader Panel befragt. Nächste Woche wird der E-Commerce Report 2011 publiziert – vorab hier bereits die wichtigsten Erkenntnisse aus dieser mehrjährig angelegten Studie zum Schweizer E-Commerce.
Die Kernaussage der Studie: Trotz anhaltendem Wachstum wird der Wettbewerb härter. Neue konzeptionelle und technische Möglichkeiten bedeuten ständigen Wandel. Der Eintritt neuer Marktteilnehmer führt zu einem Kampf um Marktanteile, wodurch gleichzeitig die Margen unter Druck geraten.
Eine Folge davon ist erhöhter Innovations- und Investitionsdruck auf Seiten der Anbieter. Die Leader wollen wachsen, und zwar stärker als der Markt. Sie rechnen damit, in naher Zukunft mehr investieren zu müssen, aus folgenden Gründen:
- Das Aufbauen neuer Kundenbeziehungen wird immer teurer
- Skaleneffekte erfordern Grösse
- Viele Leader rechnen mit einer ersten Konsolidierung auf Anbieterseite bis in fünf Jahren. Nur die Top-Anbieter können mithalten, bei einem immer höheren Leistungsniveau und gleichzeitig kompetitiven Preisen
Es erstaunt denn auch nicht, dass die Projektportfolios der Panel-Mitglieder prall gefüllt sind, mit folgenden Schwerpunkten:
- IT-bezogene Projekte
Migrationsprojekte zur Sicherstellung der Skalierung und flexiblen Weiterentwicklung, zur Erschliessung des Mobile-Commerce und zur Stärkung des Online-Einkaufserlebnisses mit neuen Funktionen und Investitionen in die Usability - Kundenbezogene Projekte
Gezieltere Kundenansprache durch Datenauswertungen, Social Media Aktivitäten und Erschliessung neuer Kundengruppen - Organisationsbezogene Projekte
Steigerung der Kosteneffizienz durch Prozessoptimierung im Bereich Organisation, Logistik wie auch strategische Grundsatzentscheide
Pure Play oder Multi-Channel?
Unlängst prägte Jochen Krisch das geflügelte Wort: „Wer wachsen will, macht Pure Play, wer nicht verlieren will, Multi-Channel„. Auch im aktuellen E-Commerce Report sehen beide Anbietergruppen ihre jeweiligen Konzepte im Vorteil.
Wie immer gilt: Es kommt auf die Ausgangslage an. Einem etablierten Mutli-Channel Anbieter eine reine Pure-Player-Strategie zu diktieren, hat wenig Sinn. Dennoch sollte er eine solche im Rahmen einer Diversifizierung vielleicht auch in Erwägung ziehen.
Die Mehrkanal-Anbieter im befragten Panel sehen denn auch ihre Vorteile in den Assets, welche sie aufgrund ihrer stationären Tätigkeiten mitbringen. Sie erwähnen beispielsweise den Brand, die Grösse und Finanzkraft oder das Cross-Channel-Potential.
Mobile Anwendungen sind 2011 das Top-Thema
21 der befragten 23 Teilnehmer gaben an, in mobile Anwendungen zu investieren. Nach wie vor sind die Anbieter der Meinung, dass Apps mobilen Websites überlegen sind. Sie betrachten aber die Plattformvielfalt als erhebliche Belastung.
Eine iPhone-App sei gemäss der Untersuchung heute ein Statussymbol, sowohl auf Anbieter- wie auf Anwenderseite. Android wird als zunehmend wichtig erachtet. Sobald jedoch mobile Browser alle Funktionen eines Handys unterstützen werden, gehört den mobilen Webapps die Zukunft. Dies wird jedoch nach Auffassung der Leader noch einige Zeit benötigen – Zeit, die sie im Verdrängungskampf nicht haben. Darum investieren sie weiter in Apps.
Social Media als wichtiger Impulsgeber für den E-Commerce
Bestand 2010 bzgl. Social Media noch keine Einigkeit im Leaderpanel, so sieht man heute Social Media unisono als wichtigen Impulsgeber für den E-Commerce. Die Verbesserung der Kundenbindung wie auch die Beeinflussung des E-Commerce stehen denn auch klar im Fokus – vor Abverkäufen und Neukundengewinnung.
Die wichtigsten Vor- und Nachteile von Social Media sehen die Schweizer E-Commerce Leader so:
Vorteile | Nachteile |
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Fazit: Trotz anhaltend starkem Umsatzwachstum gehört auch im E-Commerce nur zu den Siegern, wer sich den ständig wandelnden Rahmenbedingungen stellt und agil darauf reagiert. Es dürfte den einen oder anderen traditionellen Versender sicher auch etwas zum Schmunzeln bringen, dass die Online-Player auch nur mit Wasser kochen, wenn man die aktuellen Herausforderungen und Projektportfolios betrachtet.
Richtig aufgestellt werden die Onliner jedoch immer schneller und effizienter neue Konzepte adaptieren können. Oder um es mit den Worten von Patrick Comboeuf, Leiter E-Business der SBB, zu sagen:
„ E-Commerce ist innovativ, disruptiv, stellt etablierte Prozesse immer wieder auf die Probe, ist manchmal fast zu schnell und löst damit immer wieder Irritationen aus.”
E-Commerce ist also Knochenarbeit – wenn auch eine äusserst spannende und grundsätzlich profitable.
Der E-Commerce-Report 2011 wird kommende Woche publiziert und kann kostenlos online bestellt werden.
[…] Konzeptionell orientiert man sich an Altbewährtem und wagt kaum Neues – ob man sich damit von der Online-Konkurrenz differenzieren kann? Etwas mehr Mut hätte hier sehr gut getan, wenn man schon in die Offensive gehen will. Oder wollte man einfach auch online verkaufen? Das reicht heute nicht mehr, so unisono auch das Leader-Panel des E-Commerce-Reports. […]
[…] Dieses Panel von 23 Schweizer E-Commerce Anbietern ist von der Fachhochschule Nordwestschweiz ausgewählt worden und veröffentlicht jährlich einen E-Commerce-Report – die jüngste Ausgabe des Reports stammt vom Frühling 2011. […]