Mit viel Lärm ist vor 2 Wochen am 16. Januar 2012 nun Media Markt endlich (erneut) in Deutschland in den E-Commerce gestartet. Dies, nachdem jahrelang über Strategie und Ausrichtung gestritten wurde. Der neue deutsche Onlineshop von Media Markt (der Start in der Schweiz erfolgte Anfangs Dezember des vergangenen Jahres) hat sein Fett quer durch die Blog-Landschaft abbekommen.
Zugegeben, er zeugt von schlechtem Handwerk und ist einem Unternehmen in der Grösse eines Media Markts wenig würdig. Und mit der blossen Kritik an der umgesetzten Online-Shoplösung kann man derzeit eigentlich in der Fachwelt nur gewinnen.
Doch die Kritik am neuen Onlineshop greift zu kurz. Er ist für mich das derzeit Beste was Media Markt überhaupt machen konnte. Sozusagen das Resultat des Unvermögens im Konzern, das eigentliche „überhaupt gar nicht Können“, auch wenn man noch wollte. Weniger vom handwerklichen her sondern viel mehr von unternehmerischer Seite. Der Shop ist ein Zeichen der Hilflosigkeit gegenüber den Herausforderungen, die der E-Commerce generell und Multi-Channelling speziell stellt.
Media Markt „muss“ nun auch online verkaufen – von einem „wollen“ fehlt jegliche Spur. Es ist ein eigentlicher Hilfeschrei oder das Eingeständnis, wir können gar nicht mehr, auch wenn wir wollten.
Die Kollegen von der E-Commerce Lounge haben das sehr schön auf den Punkt gebracht mit ihren 5 E-Commerce Strategien für den Media Markt Onlineshop, welche wir partiell und mit freundlicher Erlaubnis publizieren.
Worüber sich Media Markt klar werden sollte
Das was Media Markt jetzt mit Multichannel bezeichnet, kommt 5 Jahre zu spät. Sorry – aber das ist noch nicht das Schlimmste. Der Haken ist – der Konzern hat 5 Jahre verloren, um von seinen Kunden zu lernen und seine Strategie zu optimieren.
Um jetzt schnell wieder Boden gut zu machen, muss das Online Marketing professionalisiert und E- Commerce perfekt mit den anderen Vertriebskanälen verzahnt werden. Das bedeutet – weg von der simplen (und viel zu teuren) Displaywerbung auf Stern.de (nur ein Beispiel) – hin zu einem kompletten Portfolio von abgestimmten Online Marketing Maßnahmen.
Moderner Multichannel startet nicht im Online-Shop oder in der Filiale oder im Prospekt.
Er beginnt für Unternehmen – strategisch – bereits an dem Punkt, an dem der Kunde noch kein Kunde ist, sondern sich gerade erst zu informieren (Informationsphase) beginnt. Egal ob im Internet oder lokal vor Ort.
Im stationären Handel hat Media Markt mit 244 Märkten bereits eine starke Präsenz erreicht. Im Internet ist diese praktisch nicht vorhanden. Mit welchen Maßnahmen versucht Media Markt seine Online Präsenz zu verbessern? Auf Dauer mit TV & Printwerbung – sicher der falsche Weg.
In der Informationsphase ist somit schon die erste Lücke in der Media Markt Strategie zu erkennen. Die Mängel im Online-Shop belegen dies im übrigen. Die SEO und Usability Fehler wären sonst so nicht entstanden.
Die Präsenz während der Informationsphase ist an dieser Stelle exemplarisch genannt. Die Anforderung, der Media Markt gerecht werden muß, könnte man in einem Satz zusammenfassen.
„Multichannel bedeutet in jeder Phase des Kaufprozesses, an jedem Touchpoint über jeden Kanal beim Kunden präsent zu sein und Bestellung, Lieferung und Reklamation wahlfrei und ohne Einschränkungen beim Komfort zu ermöglichen.“
Wie muss sich Media Markt strategisch positionieren um Erfolg zu haben?
Wir wissen nun, dass der Online Shop kein großer Wurf war und so auch keiner wird. Die Positionierung im Multichannel und damit die Verzahnung von Online und Offline scheinen eher unfertig zu sein. Die eingangs erwähnten Mängel nur zu beseitigen ist ebenfalls keine Lösung.
Welche Möglichkeiten hat ein Unternehmen wie Media Markt überhaupt noch, um online erfolgreich zu werden? Die folgenden 5 Strategien zeigen die Marschrichtung. Für kleinere Händler oder Newcomer sicher nicht in kurzer Zeit möglich – für einen Konzern aber eher die Pflicht als die Kür:
1. Aus Online-Shop wird E-Commerce Plattform
Aus dem Online-Shop muss eine E-Commerce Plattform werden, die zusammen mit den stationären Märkten echten Multichannel Wirklichkeit werden läßt. Besucher – egal in welchem Kanal – müssen das spüren und erleben können.
Der Online-Shop darf durchaus ein größeres Sortiment führen. Genau wie auch in jedem Markt exklusive Ware sein sollte. Darüber werden sich vereinzelt Kunden beschweren, für die Mehrheit wird es aber der Grund sein, beide Kanäle zu nutzen. Serviceangebote, Kundenbewertungen, Kommentare von Media Markt Mitarbeitern bei den Artikeln und viele weitere Features ermöglichen es, aus dem Online-Shop eine E-Commerce Plattform zu machen.
Versandkosten und Zahlungsarten sind selbst für unerfahrene Besucher leicht vergleichbar. Deshalb gilt: Nicht mehr die Abholmöglichkeit im Markt als Ausrede verwenden, sondern Versandkosten senken und Zahlungsarten deutlich ausbauen. Jede Stärke und jeder USP des Wettbewerbs muss erkannt und durch das eigene Angebot mindestens ausgeglichen werden.
2. Professionalität bei der Auswahl der Werbekanäle
Das Marketing muss in allen Kanälen professionell miteinander verknüpft werden. Dies sind im wesentlichen TV, Print, Online (Suchmaschinen, Social & Co.) und Mobile. Die Präsenz in jeder Phase des Kaufprozesses ist dabei obligatorisch. Die Budgets müssen intelligent aufgeteilt werden (Stichwort Customer Journey). Die aktuelle TV und Radio Kampagne zur Eröffnung des 08/15 Online-Shops ist so nicht angebracht. Die über teure Werbung angelockten Besucher werden enttäuscht und kommen nicht wieder.
3. Positives Image aufbauen, begeisterte Fans schaffen
Integration von Social Media in alle Werbe- und Vertriebskanäle. Aggressiv und zielgerichtet eine Facebook Fanpage bewerben. Auf der Fanpage für Spaß, Unterhaltung und Information sorgen – keine Produktwerbung. Dafür genau planen, was wann durchgeführt wird um die Fanbasis schnell auf >500K zu bringen. Spielraum für spontane Aktionen einplanen.
Social Media nicht als Kundenservice sehen. Keine Serviceanfragen abarbeiten; dieser Kanal dient zur Unterhaltung der Kunden! Serviceanfragen an Call-Center o.ä. weiterleiten. Zusätzlich gilt es die PR Arbeit zu überarbeiten – die entsprechenden Medien müssen durch positive Berichterstattung den E-Commerce Auftritt begleiten.
4. Content ist King
So abgedroschen es klingt – es ist immer noch korrekt. Der aktuelle Shop hat zwar keine großen weißen Flächen. Bietet jedoch trotzdem nahezu keinen wertvollen Content.
Das bedeutet das dreispaltige Layout aufbrechen. Die Breite dynamisch der Bildschirmauflösung anpassen. Produktbeschreibung selbst oder über den Hersteller erstellen lassen, dabei die Vorteile und den Mehrwert der Artikel herausarbeiten. Weg von der reinen tabellarischen Darstellung der Produktmerkmale. Durch eine professionelle Suche den Content auffindbar machen.
5. Multichannel erlebbar machen
Der Kunde bestimmt welchen Kanal er für Bestellung oder Service nutzt. Hürden, die den Kunden in einen bestimmten Kanal drängen (lokale Märkte) müssen verschwinden. Fehlende Touchpoints müssen ergänzt werden. Dazu gehört eine sofort sichtbare Kundenhotline, eine telefonische Bestellannahme und sogar noch das gute alte Telefax.
Handwerkliche Fehler am Laufmeter
Um noch auf die eingangs erwähnten handwerklichen Versäumnisse zurückzukommen, verweisen wir hier stellvertretend für die zahlreichen Online-Reviews auf den vielsagenden und empfehlenswerten Video Usability Test von Kay Steeger – dem ist eigentlich bzgl. der Umsetzungsqualität der Onlineshop-Lösung nicht viel hinzuzufügen.
[youtube width=“500″ height=“400″]http://www.youtube.com/watch?v=z7RFSQ0ZtzM[/youtube]:
Klasse Artikel, der es auf den Punkt bringt. Man hat das Gefühl, der aktuelle Shop war und ist mit der „heißen Nadel“ in einer Nacht- und Nebelaktion gestrickt worden.
Mir fehlt der Spaßfaktor beim Stöbern, Klicken, Suchen und Kaufen. Es gibt Shops, da bin ich gerne unterwegs und irgendwie kaufe ich dort auch immer mehr, als ich ursprünglich geplant hatte.
Mir fehlt Socialmedia. Egal ob Phantasialand, Sixt, Lidl oder Windeln.de – Sie sind aktiv, kommunizieren mit den Facebookusern und bauen Vertrauen auf, kräftigen das Verhältnis.
Mir fehlt echter Support. Wer kümmert sich um die Onlineshopper? Aktuell sind es die Verkäufer der nächsten Filiale. Schon ohne Onlineshop bekommt man oft nur minutenlang die Warteschleife und die Dame der Telefonzentrale zu hören. Kommen zukünftig in jeder Filiale hunderte Anrufe von Online-Nutzern hinzu, geht wahrscheinlich nichts mehr.
Somit bleibt abzuwarten, was nun passiert. In der jetzigen Form werden Saturn und Mediamarkt online keine Wurst vom Teller ziehen.
Gibt es auch was Positives? Ja – So habe ich immer einen Grund, doch mal wieder in den nächsten Mediamarkt oder Saturn zu fahren. Ausprobieren, beraten lassen, Kaufen. Klasse! Wer braucht schon einen Online-Shop 😉
Danke für den Post, gut auf den Punkt gebracht: wenn der Spass des Kunden bei einkaufen kein Faktor ist und der Druck auf MediaMarkt endlich einen Online Shop haben zu „müssen“ die Customer Experience bestimmt.
Sehr gut zusammengefasst. Und klar ist, dass es der richtige Schritt war, die Umsetzung überhastet wirkt und an dem Konzept noch viel gearbeitet werden muss/kann. Trotzdem war es für Media Markt ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Es wird spannend zu sehen, wie sich das ganze entwickelt. Danke für den Link und weiterhin viel Erfolg!
Grüße Thomas
Betrugsvorwürfe, missglückter und viel zu später eCommerce Launch – da dürfte momentan einiges los sein in der Chefetage.. 😉
Aber toller Artikel, der es auf den Punkt bringt.
Danke für den tollen Artikel. Es ist alles nachvollziehbar und ein guter Ansatz. Aber ich Denke auch hier gilt die Paretoformel. Es muss nicht alles Perfekt sitzen. Erstmal raus an die Front und dann im Lifebetrieb alles nachholen was fehlt. Es ist schon zuviel Zeit verloren gegangen. Ich warte ja schon länger auf ein Startup was dieses Marktsegment mal Kräftig aufmischt.
Montaszusammenfassung August 2009 Stephan Walcher sreichb am 2. September 2009 Der Inhouse SEO hat die neusten Erkenntnisse im Bereich SEO zusammengefasst. Wer t glich in Blogs und Foren