Nachdem der Bundesverband Versandhandel BVH vor rund zwei Monaten die effektiven Marktzahlen für das vergangene Jahr 2011 publizierte und den E-Commerce in Deutschland damit über die magische EUR 20 Milliarden-Grenze hob, wurden gestern die neuen Zahlen für das erste Quartal 2012 in der aktuellen Pressemittelung veröffentlicht – und die können sich abermals sehen lassen.
Von Januar bis März 2012 konnten die Online- und Versandhändler einen Umsatz in Höhe von EUR 8.950 Mrd verzeichnen. Das entspricht einem Plus von 10% im Vorjahresvergleich (EUR 8.112 Mrd).
Ganz besonders spannend ist dabei, dass der reine E-Commerce mit einem Umsatzplus von sage und schreibe 18% (EUR 6.340 Mrd) nicht nur den Löwenanteil (70.8%) des gesamten Versandhandels ausmacht, sondern auch deutlich über dem Wachstum der Offliner liegt. Zum Vergleich: im Q1/2011 betrug dieser Anteil mit EUR 5.370 Mrd noch 66.2%.
Gemäss BVH konnte die Warengruppe der Haushaltsgeräte um satte 93% (EUR 270 Mio) zulegen. Mit einer Steigerung von 26% (EUR 480 Mio) zählen auch die Möbel- und Dekorationsartikel zu den Gewinnern, dicht gefolgt vom Segment Computer und Zubehör mit einem Plus von 20% (EUR 710 Mio).
Welche Warengruppen sind in Deutschlands Q1/2012 die Umsatzstärksten?
- Bekleidung, Textilien, Schuhe (EUR 3.200 Mrd / +10%)
- Unterhaltungselektronik, Elektronikartikel (EUR 1.010 Mrd / + 9%)
- Medien, Bild und Tonträger (EUR 900 Mio / +17%)
- Computer und Zubehör (EUR 710 Mio / +20%)
- Hobby, Sammel und Freizeitartikel (EUR 570 Mio / +16%)
Der BVH sieht sich in seiner Prognose für 2012 bestätigt. Darin wird von einem Gesamtumsatz des interaktiven Handels in Deutschland von EUR 36.5 Mrd ausgegangen bzw. EUR 21.7 Mrd für den E-Commerce. Und wenn der in den nächsten Quartalen weiterhin so stark zuwächst, dann werden die prognostizierten Zahlen auch in diesem Jahr bestimmt wieder übertroffen und nach oben korrigiert.
Ganz besonders interessant ist dabei natürlich immer der Vergleich mit der Schweiz. Betrachtet man die Schweizer Ergebnisse aus dem Vorjahr 2011, so stellt man fest, dass die Verlagerung in den E-Commerce nicht nur bei uns stattfindet (+8.0%). Reine Offliner haben hier das Nachsehen und sind gut beraten, sich Gedanken über eine Onlinestrategie zu machen, zumal nicht von einer Trendwende auszugehen ist.
Inwieweit das starke Online-Wachstum in Deutschland auf Exporte in die Schweiz zurückzuführen ist, bleibt abzuwarten. Die Schweizer Importe konnten hier im vergangenen Jahr um 10% zulegen. Volumenmässig dürfte dieser Anteil aufgrund des starken Frankens jedoch wesentlich grösser ausgefallen sein. Deshalb ist auch davon auszugehen, dass Schweizer Importe einen gewachsenen Anteil an den BVH-Quartalszahlen inne halten, denn der Schweizer Onlinehandel steht zunehmend im Wettbewerb mit ausländischen Anbietern.
Den Heimatschutz für den Schweizer Onlinehandel gibt es nicht mehr, so dass sich die Händler gegen die Konkurrenz aus dem Ausland rüsten. Daneben flacht das organische Internetwachstum langsam ab, so dass die Neukundenbeschaffung für den E-Commerce zunehmend teurer wird. Aber der Schweizer Onlinehandel reagiert bereits und verlagert den Fokus zur Lösungseffizienz, um dadurch Deckungsbeiträge zu erhöhen, Kapazitäten freizuschaufeln und so im Preiswettbewerb mit dem Ausland bestehen zu können.