Reality Check: Unsere E-Commerce Trends 2012 auf dem Prüfstand

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Zu Beginn des sich nun zu Ende neigenden Jahres 2012 haben wir unsere E-Commerce Trends präsentiert. Zeit also, kurz zu reflektieren, ob wir richtig lagen und wie sich diese Trends in der Schweiz manifestiert haben.

1. Kein Heimatschutz mehr im E-Commerce

Dieses Bonmot wurde mehrfach zitiert im vergangenen Jahr und der Markteintritt von Zalando hat es beispielhaft gezeigt, wie ein grosser, entsprechend skalierbarer intl. Player das bestehende Marktgefüge umpflügen kann. Und der nächste steht bereits vor der Tür.

Dass wir in der Schweiz nicht mehr in einer geschützten Zone leben, ist auch den führenden und marktprägenden Schweizer Shopbetreibern bewusst geworden.

2 Conversionsoptimierung und ROI

Gefühlt ist in diesem Jahr vielen Shopbetreiber bewusster geworden, was es mit der Conversionsoptimierung auf sich hat und wo deren Potentiale liegen. Das Thema hat sich mehr ins Bewusstsein verlagert und wurde auch an diversen Konferenzen prominent ins Programm gerückt. Und man gewinnt zudem den Eindruck, dass sich auch mehr Dienstleister diesem Thema widmen.

Gerne weisen wir einmal mehr darauf hin, dass Conversions-Optimierung kein Projekt ist, dass man mal kurz an eine Agentur delegiert. Vielmehr gilt die ganzheitliche Betrachtung der E-Commerce Wertschöpfungskette und das Etablieren von internen nachhaltigen Optimierungsprozessen. Und die eigentliche Conversion-Rate – die gerne kolportiert wird – ist da nur eine Kennzahlen unter vielen.

3. Konzepte auf dem Prüfstand

Auch in diesem Jahr haben sich wieder zahlreiche E-Commerce-Player gefragt, ob sie das richtige machen rsp. ob sie erfolgreich sind mit dem, was sie tun.

Mehr als einer ist zur Erkenntnis gekommen, dass man sich besser aus dem Markt zurückzieht, andere haben sich potente Verstärkung gesucht, um das eigene Konzept noch schneller entwickeln und skalierbarer zu machen.

4. Zielgruppenspezifische Shoppingkonzepte

Hierzu scheint man in der Schweiz noch nicht soweit zu sein. Es wird nach wie vor mit der Giesskanne operiert, währenddessen sich führende Player bereits in der zweiten Runde befinden und erneut refokussieren.

Welche Potentiale aber hier und dort brach liegen, versuchen wir gerade beim Thema Frauen mit unserer Initiative SHEcommerce darzulegen, die bereits auf grosses Interesse gestossen ist.

Und auch Zalando zeigt einen Weg auf, wie man Zielgruppen und -sortimente spezifischer ansprechen kann mit dem kurz vor Jahresende lancierten Premiumshop Emeza für Luxusmode.

5. Noline Commerce ersetzt Channel Management

Der Begriff „Noline Commerce“ konnte sich nicht durchsetzen, vielmehr hat sich „Cross-Channel“ etabliert. Gemeint ist etwas sehr ähnliches; weg mit dem Kanaldenken! In der Praxis tun sich die meisten damit sehr schwer. Denn zu verbreitet sind alte Denkweisen und Verhaltensmuster. Dabei würde gerade dieser Ansatz neue Chancen eröffnen.

Wir verfolgen diesbezüglich weiterhin den Grundsatz; es gibt keine Kanäle mehr, die einzeln betrachtet werden dürfen. Das einzige was zählt, ist der Kunde und der Brand. Über welchen Kanal er in welcher Kaufphase kommuniziert, ist nebensächlich. Einzige Priorität hat, dass ich als Händler in jeder Situation auf dem richtigen Kanal adäquat präsent bin.

Oder anders gesagt – ein Händler ist ready für Cross-Channel, wenn er bereit ist, seine grösste stationäre Filiale zu schliessen, um einen anderen Kanal zu forcieren, wenn dieser erfolgreicher ist.

6. Von der Preistransparenz zur Markttransparenz

Hier hatten wir spannende neue Plattformen wie Decide.com im Visier und wie sich deren Ausprägungen auch auf dem Schweizer Markt zeigen.

Leider sind wir da wohl noch etwas zu weit entfernt. Auch die in diesem Zusammenhang gesehenen Re-Buy Konzepte à la Flip4New, ReBuy und andere haben sich bislang bei uns nicht etablieren können. Wir bleiben aber dran, denn das Potential ist durchaus vorhanden.

Nachtrag 8-Jan-2013: Die Rebuy Konzepte haben doch 2012 in der Schweiz Fuss gefasst; seit September betreibt die Recommerce AG das Onlineportal verkaufen.ch – dahinter stehen Personen aus dem Umfeld von Ricardo und Exsila.

7. Noch mehr Erlebnis, noch mehr Emotionen

Und wir warten immer noch! Wann endlich wird der E-Commerce emotionaler? Im Ausland gibt es durchaus spannende Beispiele dafür.

8. Shopping-Netzwerke

Mit diesem Trend lagen wir falsch oder wir sind technisch noch nicht soweit. Ausgangslage war unser Zukunftsmodell Shopnetzwerke in der Hoffnung, dass hier mehr und v.a. schneller etwas geht.

Es gibt aber durchaus Anzeichen dafür, dass es in diese Richtung gehen kann, wenn auch nicht in der von uns erwarteten Art. Eine zaghafte Ausprägung dafür sind die Online-Warenhäuser, die im Entstehen begriffen sind. Nach wie vor fokussieren die Händler aber auf die eigene Infrastruktur und Prozesse. Ich wäre nicht überrascht, wenn hier auch ein Amazon die nächste Evolutionsstufe einläuten würde.

9. Mobile, Local und Social – auch beim E-Commerce

Kaum ein Device verkörpert Eric Schmids geflügelte Worte „Mobile, Local und Social“ besser als das Smartphone. Und es sind denn auch diese drei Komponenten, die dem Mobile-Commerce zum Erfolg verhelfen.

Die über mobile Devices (Smartphones und Tablets) gerade in der Schweiz 2012 erzielten Umsätze sind exponentiell angestiegen und ein Ende des Wachstums ist kaum in Sicht.

Wir gehen davon aus, dass wir 2012 in der Schweiz wohl nahezu 1 Mrd. Franken mobile Umsätze erzielen werden (Services inkl.).

10. Social Reloaded

Erfolgreiche Social-Commerce Konzepte sind in der Schweiz nach wie vor rar gesät wobei an dieser Stelle die neu lancierte Plattform sobu.ch der Post löblich erwähnt sein soll.

Dass der E-Commerce immer sozialer wird, haben wir 2012 erneut gesehen. Mit Pinterest hat eine neue Plattform die breiten Massen erreicht, die insbesondere für Onlinehändler äusserst interessant ist. Und zwar so interessant, dass sich im nun zu Ende gehenden Jahr E-Commerce Schwergewichte bereits Beteiligungen daran gesichert haben.

 Herzlichen Dank!

2012 war erneut ein ungemein spannendes E-Commerce Jahr und hat mitunter auch den ersten Swiss E-Commerce Champion hervorgebracht im Rahmen des erstmals durchgeführten Swiss E-Commerce Awards.

Und auch 2013 werden die besten Schweizer Onlineshops gekürt. Ab dem 8. Januar geht es los und die Online-Anmeldung wird eröffnet.

Gerne nutze ich die Gelegenheit, mich an dieser Stelle bei allen treuen Lesern, Händlern, Kommentatoren, inspirierenden Quellen und natürlich Mitautoren sowie einfach allen, die sich für den Schweizer E-Commerce einsetzen, herzlich zu bedanken. 

Ein Frohes Neues Jahr und ein fulminantes 2013!



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Thomas Lang, Betriebsökonom und Wirtschaftsinformatiker, unterstützte Unternehmen bei der Strategieentwicklung von digitalen Vertriebsmodellen, beim Aufbau von digitalen Geschäftsmodellen, bei Expertisen rund um Onlinehandel und der operativen Umsetzung im Bereich Organisation, Prozesse, Innovation, Change-Management und Unternehmenskultur. Er ist Gründer der Carpathia AG, der unabhängigen und neutralen Unternehmensberatung für Digital-Business, E-Commerce und Digitale Transformation im Handel. Zudem ist er Autor von zahlreichen Fachartikeln und -studien, Dozent für Online-Vertriebsmodelle an verschiedenen Hochschulen sowie gefragter Keynote-Speaker zu E-Commerce und Digital Transformation im Handel. Er ist Initiator und Organisator der Connect - Digital Commerce Conference sowie des Digital Commerce Awards. Der von ihm gegründete Carpathia Digital-Business-Blog (https://blog.carpathia.ch) zählt im deutsch-sprachigen Raum zu den wichtigsten unabhängigen Publikationen im Digitalen Handel. Medien bezeichnen ihn als digitalen Vordenker, zitieren und interviewen ihn regelmässig . Am Mittwoch 17. November hat Thomas Lang für immer die Augen geschlossen.

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