Wie schwer sich der stationäre Handel mit seinem Onlinekanal immer noch zu tun scheint, zeigt ein aktuelles Beispiel des „innovativen und gehobenen Warenhaus“ Globus gerade zu exemplarisch. Gestern in der Sonntags-Presse als Beilage eine Broschüre mit Sonderangeboten. Und für einmal erfreulich prominent auch der Hinweis, dass man auch online bestellen könne. Was in der Broschüre leider nicht erwähnt war, dass scheinbar auch für den Onlinekanal die stationären Öffnungszeiten gelten.
Wer also gestern während dem trüben Sonntag sich durch die emotional gestaltete Broschüre inspirieren liess und seine Shopping-Bedürfnisse stillen wollte, fand die Angebote nicht. Ja einzelne Produkte waren nicht mal mit der Suche auffindbar (auch aktuell noch nicht). Damit verpufft Energie und mutmassliche Umsätze einfach sinnlos.
Aber was sind wohl die Gedankengänge hinter so einer Aktion? Es scheint fast, als sei stationär immer noch nicht bewusst, dass online bereits in dieser Phase des Kaufprozesses anders funktioniert.
Dass online – und mobil noch viel extremer! – auch heisst; Bedürfnis wecken – Bedürfnis stillen. Und nicht warten wollen. Denn Warten ist ein Conversion-Killer und es wird genügend (sinnlose) Zeit angeboten, sich es anders zu überlegen oder dort sein Bedürfnis zu stillen, wo es gerade gestillt werden kann.
OK, auf der Titelseite der Broschüre stand; gültig ab heute 8. April. Jedoch wurde das Angebot heute 8. April erst etwa um 10 Uhr aufgeschaltet – also auch unter Berücksichtung des Startdatum nicht um 0:01 für Onliner.
10 Uhr, also etwa just zu dem Zeitpunkt, wenn die erste Filiale öffnet. Das kann wohl nicht wirklich im Sinne des Onlinekanals sein und zeigt auf, wie schwer sich der stationäre handel nach wie vor mit Online tut und er den Kanal einfach nicht verstehen will – nicht mal in so einfachen Bereichen wie Verfügbarkeiten und Timing.
Man gewinnt beinahe den Eindruck, dass Online keinesfalls auch nur einen Vorteil haben darf gegenüber Stationär – zum Schutz der Filialen? Was wäre das Worst-Case Szenario? Online verkauft das gesamte Sonderangebot bevor auch die erste Filiale öffnet. Und, wäre das schlimm? Keineswegs, wie ich finde. Denn es geht doch schliesslich um Verkaufen.
Und an dieser Stelle sei gleich noch auf den sehr lesenswerten Artikel „Schluss mit dem E-Commerce Bashing“ von Thomas Pressberger im Wirtschaftsblatt hingewiesen der u.a. meint:
„Das Wort „Beratungsdiebstahl“ ist im stationären Handel in aller Munde: Kunden kommen in den Laden, lassen sich beraten – und bestellen im Internet zu günstigeren Preisen. Man sollte auch die Phrase „Diebstahl der Zeit des Konsumenten“ einführen. Konsumenten informieren sich im Internet über ein Produkt, wollen es sofort kaufen (…)“
Globus ist übrigens keineswegs alleine da mit einem solchen Verhalten. Wer die Augen offen hält, findet fast wöchentlich ähnliche Beispiele. Höchste Zeit also, endlich aufzuwachen und zu handeln, bevor die Zeit davon rinnt.
Beratungsdiebstahl: Der Konsument fährt 20 Minuten, zahlt fünf Franken Parkgebühr, sucht ein Fachgeschäft auf, erlebt nach zehn Minuten Wartens die Gnade menschlicher Zuwendung, stellt Fragen über Fragen und stellt fest, dass die Verkäuferin keine Ahnung hat. Sie kennt weder den Unterschied zwischen Baumwolle und Schurwolle, Digitaltechnik ist für sie ein Würfelspiel mit einer Kopf- und einer Zahlseite, sie weiss nicht, ob das nachgefragte Produkt am Lager ist, sie hat auch keine Ahnung, wo und wann es beschafft werden könnte und ist am Schluss beleidigt, wenn der Kunde wieder geht.