Widerrufsrecht: Der überrumpelte Bundesrat

3
2577

Vergangenen Freitag wurde publik, dass die Schweizer Landesregierung die Einführung eines Widerrufsrechts für den Onlinehandel, analog wie für den Telefonverkauf, begrüsst. Die Begründung hört sich auch heute noch haarsträubend an:

“(..) Weil die Konsumentin oder der Konsument bei solchen Verträgen überrascht oder überrumpelt werden und oft den Vertragsgegenstand vor dem Vertragsschluss nicht prüfen kann, besteht ein erhöhtes Schutzbedürfnis.”

Der VSV hat seinen Unmut bereits detailliert begründet und Rechtsanwalt Lukas Bühlmann hat diese äusserst fragwürdige und weltfremde Argumentation ebenfalls rechtlich durchleuchtet.

„Im Online-Handel besteht anders als bei Haustürgeschäften oder im Telefonverkauf keine Überraschungs- oder Überrumpelungsgefahr. Aus diesem Grund liegt auch kein erhöhtes Schutzbedürfnis für die Konsumenten vor: Im Onlinehandel kann sich der Konsument so lange Zeit lassen, wie er will. Anders als beispielsweise im stationären Handel, hat er ausserdem die Möglichkeit, innert Sekunden die Leistungen verschiedener Anbieter zu vergleichen.

Darüber hinaus muss er sich bewusst für einen Kauf entscheiden. Bevor er einen Kauf tätigt, muss der Konsument insbesondere die Ware bewusst in den Warenkorb legen und den Bestellprozess beginnen. Diesen Prozess kann er jederzeit abbrechen.“

Shopping Cart AbandonmentUnd dass davon rege Gebrauch gemacht wird, davon zeugen auch die sehr hohen Abbruchraten im Checkout. Im Schnitt schaffen es nämlich bis zu 75% der gefüllten Warenkörbe nicht zur Kasse.

Von eine Überrumpelung der Kunden kann wohl keine Rede sein – vielmehr scheint unsere Landesregierung überrumpelt vom Fortschritt (Neuland..?).

Aber man kann ja wohl auch nicht viel anderes erwarten, wenn sich gar schon die Luftwaffe bei Bedrohung gemächlich an Bürozeiten hält.

Wehe, wer die dann mal überrumpelt.



letzter ArtikelWindeln.de übernimmt kindertraum.ch
nächster Artikelbol.ch zieht sich zurück – Konsolidierung im Schweizer Buch- & Medienmarkt
Thomas Lang, Betriebsökonom und Wirtschaftsinformatiker, unterstützte Unternehmen bei der Strategieentwicklung von digitalen Vertriebsmodellen, beim Aufbau von digitalen Geschäftsmodellen, bei Expertisen rund um Onlinehandel und der operativen Umsetzung im Bereich Organisation, Prozesse, Innovation, Change-Management und Unternehmenskultur. Er ist Gründer der Carpathia AG, der unabhängigen und neutralen Unternehmensberatung für Digital-Business, E-Commerce und Digitale Transformation im Handel. Zudem ist er Autor von zahlreichen Fachartikeln und -studien, Dozent für Online-Vertriebsmodelle an verschiedenen Hochschulen sowie gefragter Keynote-Speaker zu E-Commerce und Digital Transformation im Handel. Er ist Initiator und Organisator der Connect - Digital Commerce Conference sowie des Digital Commerce Awards. Der von ihm gegründete Carpathia Digital-Business-Blog (https://blog.carpathia.ch) zählt im deutsch-sprachigen Raum zu den wichtigsten unabhängigen Publikationen im Digitalen Handel. Medien bezeichnen ihn als digitalen Vordenker, zitieren und interviewen ihn regelmässig . Am Mittwoch 17. November hat Thomas Lang für immer die Augen geschlossen.

3 KOMMENTARE

  1. Herr Lang, schreiben Sie doch bitte nur über Dinge, von denen Sie ein Ahnung haben. Der Seitenhieb auf die Luftwaffe passt ja nun wirklich nicht ins Bild und ist zudem noch inhaltlich falsch.
    Erst der technologische Fortschritt erlaubt die Einsatzbereitschaft der Luftwaffe rund um die Uhr. Diese Fähigkeit bietet in der Kampfflugzeugflotte bisher nur der F/A 18 und das Parlament (!) forderte die Einführung der 24h-Einsatzbereitschaft von Kampfflugzeugen – das militärische Radar überwacht den Luftraum schon länger 24/7 – im Jahr 2010 mit der Überweisung einer entsprechenden Motion. Nun da auch die dafür notwendigen finanziellen Mittel gesichert sind, kann die 24h-Einsatzbereitschaft von Jets aufgebaut werden.
    Wenn Sie sich schon Sorgen um unsere Sicheherheit in der dritten Dimension machen, empfehle ich Ihnen am 18.5 ein Ja für den Gripen einzulegen. Dieser stellt eine notwendige und vernünftige Modernisierung und massvolle Erweiterung der Flotte nach Ausserdienststellung der veralteten F5 Tiger dar.

    • Naja, ich denke, ich habe von E-Commerce eine Ahnung und die Argumentation der Landesregierung ist genau so haarsträubend wie die gleichfalls überrumpelte Luftwaffe. Insofern passt’s (für mich).

  2. An Ihrem Wissen zu E-Commerce zweifle ich keineswegs. Aber hinsichtlich politischer Prozesse und natürlich der Leistungen der Luftwaffe bin ich nicht ganz überzeugt.
    Die Luftwaffe erfüllt den von der Politik geforderten Auftrag vollumfänglich mit der passiven Luftraumüberwachung 24/7 und der aktiven während der Bürozeiten. So war man durch das Flugzeug in Genf auch nciht überrumpelt, da der Informationsaustausch zwischen den Flugsicherungen I/F/CH einwandfrei funktioniert hat.
    Nun, da eine Anpassung in der Bereitschaft verlangt wurde, wird diese auch umgesetzt.
    Leider ist das halt ein Bereich, wo mans niemandem recht machen kann. Hätte man 24/7 Jets bereit gehabt, wäre das einigen sicher zuviel und zu teuer – jetzt ists wegen eines Ereignisses halt anders in der Wahrnehmung. Dass der Luftraum aber durch Abkommen mit den Nachbarn auch dauerhaft geschützt ist, wird gerne vergessen. Das war bisher die beste Lösung für die Schweiz.

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT

Bitte fügen Sie ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie ihren Namen hier ein