Cross-Channel Praxis: Einführung von Giftcard als Zahlungsart im Online Shop

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Ein typischer Online Shop bietet normalerweise eine Auswahl aus folgenden Zahlungsarten an:

  • Rechnung
  • Kreditkarten
  • PostFinance Card
  • Paypal
  • Nachnahme
  • Vorkasse

Teilweise gibt es noch weitere eher als “exotisch” zu bezeichnende Zahlungsarten…

… und manchmal gibt es auch noch die Giftcard (Geschenkkarte) als Zahlungsmittel.

Die Online-Zahlungsart Giftcard führt man in der Regel nicht einfach so und schnell ein, sie ist aber gundsätzlich zu empfehlen. Kunden schätzen es, wenn Giftcards multichannel-fähig sind.

Das Aufschalten einer zusätzlichen Zahlungsart ist oft recht simpel, speziell wenn es sich beispielsweise um eine weitere Kreditkarte handelt. Im Vergleich dazu ist das Aufschalten von Giftcard als Zahlungsart eine Doktorarbeit.

Für die nachfolgenden Tipps, basierend aus Erfahrungen aus der Praxis, gehe ich der Einfachheit halber davon aus, dass ein elektronisches Giftcard-System eingeführt wird oder bereits existiert (für Filialen) und dass es Ziel ist, mit den Giftcards auch im Online Shop bezahlen zu können.

Anbindung eines weiteren Systems

Die Ermöglichung der Giftcard-Akzeptanz im Online Shop bedeutet die Anbindung eines weiteren Systems, üblicherweise bei einem externen Dienstleister. Falls es sich nicht ein etabliertes Giftcard-System handelt, das bereits von andern Online-Shops genutzt wird, ist mit entsprechend Aufwand/Kosten zu rechnen und genug Zeit einzuplanen.

Checkout / Mehrere Zahlungsarten pro Bestellung

Es lohnt sich im Vorfeld der Umsetzung zu klären, wie das Handling, die Usabilty für die Giftcard im Checkout aussehen soll und was mit welchem Aufwand umgesetzt werden kann. Je nach Shop-System kann eine wirklich elegante Version aufwändig und teuer werden!

Denken Sie daran, dass bei Giftcards nicht nur ein Zahlungsmittel pro Bestellung vorkommen kann! Wenn ein Kunde für CHF 80.- einkauft und dabei mit einer CHF 50.- Giftcard bezahlt, muss er die restlichen CHF 30.- auf eine andere Art bezahlen können.

Folgende Bezahl-Varianten müssen Sie deshalb einplanen:

  • Eine Giftcard
  • Mehrere Giftcards
  • Eine Giftcard und ein anderes Zahlungsmittel
  • Mehrere Giftcards und ein anderes Zahlungsmittel
  • Ein anderes Zahlungsmittel

Dies müssen Sie nicht nur im Checkout beachten, sondern überall, wo die Zahlungsarten eine Rolle spielen (z.B. im Backend und in den Reports).

Gutschriften

Jede Bestellung kann voll oder teilweise storniert/retourniert werden und damit verbunden sind logischerweise Gutschriften. Während bei Kreditkarten Gutschriften einfach und vollautomatisch abgewickelt werden können, ist bei einer Giftcard-Gutschrift mit manuellem Aufwand zu rechnen. Es muss eine neue Giftcard generiert bzw. aufgeladen und dem Kunden zugestellt werden. Damit dies möglichst wenig vorkommt, sollte zumindest darauf geachtet werden, dass bei Teilgutschriften die Kreditkarten oder andere vollelektronische Gutschriftsmöglichkeiten priorisiert werden.

Zwar sind automatische Gutschriften auch bei Giftcards möglich (entspricht dem Auflanden der Karte), aber dies empfiehlt sich nur bei Stornierungen während oder unmittelbar nach dem Bestellvorgang.

Als Konsument ist man es sich gewohnt, dass eine aufgebrauchte Giftcard entsorgt wird. Eine Gutschrift auf eine Giftcard macht deshalb nur in Ausnahmefällen Sinn.

Keine Autoriserung (Reservierung) bei Giftcards

Abläufe Giftcard und Kreditkarte

Bei Kreditkarten wird in einem 1. Schritt jeweils eine Autorisierung durchgeführt. Dabei werden die Kreditkarten-Angaben geprüft und der Kauf-Betrag ist anschliessend für 10 bis 14 Tage reserviert. Erst beim Clearing wird dem Kunden der Betrag von der Kreditkarte abgebucht.

Zwischen der Autorisierung und dem Clearing können mehrere Tage verstreichen. In dieser Zeit hat der Händler die Gewissheit, dass der Betrag für ihn reserviert ist und er dann das Clearing erfolgreich durchführen kann. Den Zeitverzug zwischen Autorisierung und Clearing ist man sich beispielsweise bei Hotels oder auch bei Auto-Vermietungen gewohnt. Auch bei Online Shops kann dies vorkommen, wenn beispielsweise bei der Bestellung die Autorisierung und bei Versand der Ware das Clearing durchgeführt wird.

Bei Giftcards gibt es in der Regel keine Möglichkeit einen Betrag zu reservieren.

Falls nun ein Online Shop mit einem erheblichen Zeitverzug zwischen Autorisierung und Clearing arbeitet und die Giftcard als Zahlungsmittel eingeführt wird, gibt es folgende Fälle:

  • Bestellungen mit Zahlungseingang bei Bestellung
  • Bestellungen mit Zahlungseingang bei Lieferung
  • Kombinationen: Bestellungen mit einem Teil der Zahlungseingangs bei Bestellung und einem Teil bei Lieferung

Es empfiehlt deshalb, das System so zu ändern, dass bei allen Bestellungen die Abbuchung bzw. das Clearing zum gleichen Zeitpunkt erfolgt. Sie müssen sonst mit den vielen Fallunterscheidungen arbeiten, was speziell die Buchhaltung zum Wahnsinn treiben kann. Bereits die Umstellung vom einen in den andern Modus kann schon eine Herausforderung bedeuten!

Reminder für den Verkauf von Giftcards

Zum Schluss noch einige Punkte, die Sie beachten sollten, wenn Sie im Online Shop auch Giftcards verkaufen wollen:

  • Der MwSt-Satz für Giftcards beträgt 0.0%.
  • Denken Sie daran, bei Aktionen (speziell bei flächendeckenden %-Aktionen) die Giftcards auszuschliessen.
  • Überlegen Sie, ob der Kauf von Giftcards gegen Rechnung für Sie ein Fraud-Risiko bedeutet.


3 KOMMENTARE

  1. Eigentlich ein spannendes Thema. Eine Giftcard könnte auch gleichzeitig eine Kundenkarte sein, auf die zusätzlich Punkte bei Einkäufen gut geschrieben werden. Dies aus dem eigenen Shop oder Shops im Verbund.

    Um die Probleme wie Gutschrift zum umgehen, könnte man so auch ein virtuelles Giftcard-Konto führen. Die ganz grossen Anbieter haben solche Systeme, aber manche stellten diese auch schon wieder ein.

  2. Dies wäre theoretisch auch eine Variante!
    Es ist jedoch zu bedenken, dass eine „Giftcard“ und eine „Kunden-Karte“ zwei total unterschiedliche Dinge sind. Während eine „Giftcard“ ein Geschenk und anonym ist, wird eie „Kunden-Karte“ vom Kunden bewusst akzeptiert und ist fix mit dem Kunden verlinkt.
    Dies unter einen Hut zu bringen stelle ich mir nicht gerade trivial vor!

    Alternativ zur Gutschrift per physischer Giftcard kann man sich auch z.B. E-Gutscheine zur Gutschrift vorstellen, welche man dem Kunden per eMail/SMS zukommen lassen könnte. Voraussetzung dazu wäre dann allerdings wieder ein entsprechendes System.

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