Im 1. Teil unserer Vision Supermarkt 2020 haben wir uns Gedanken gemacht, wie die neuen Ladenkonzepte aussehen könnten.
Dabei wird das Grundprinzip verfolgt, dass nur noch auf der Fläche ist, was dort sein muss, weil der physische Kontakt mit dem Produkt wichtig für den Kaufprozess ist.
Der ganze Rest, wir nennen ihn Ballast, geht weg von der Fläche. Der versperrt nur Platz und limitiert Inszenierungen von Produkten, deren physische Präsenz nötig ist.
Long-Tail am POS – dank Automatisierungen
Die Formate werden dadurch kleiner für die Kunden, die Logistikflächen grösser. Und diese werden effizienter genutzt mit modernster Logistik-Technologie. Das steigert einerseits die Produktivität markant, anderseits wird das Angebot auch ausgeweitet, weil grössere Sortimente möglich sind als auf traditionell genutzten Flächen.
Roboter oder durch Algorithmen angeleitetes Personal macht das Picking von Konserven, Getränken, Toilettenpapier und dergleichen. Es sind ähnliche Prozesse, wie sie heute bei E-Commerce Unternehmen in den Logistikzentren etabliert sind. Und es sind ähnliche Prozesse, wie es heute schon ein coop@home oder LeShop tagtäglich praktiziert.
Der Kunde gelangt nur mit den Frischprodukten zur Kasse, welche 2020 wohl nur noch spärlich mit Personal ausgestattet ist. Das Personal wird auch nur noch partiell benötigt zum Regale einräumen, sondern kann sich endlich wieder um den Kunden und seine Anliegen kümmern. Und ach ja, Auskunft erteilen, in welchem Regal man wohl was finden könne, das kennt man im Supermarkt 2020 selbstverständlich auch nicht mehr.
Denn gefunden werden die Produkte – die nicht Frischprodukte und in der Fläche inszeniert sind – über mobile Devices. Jeder Kunde füllt also gleichzeitig zwei Warenkörbe; Frische physisch und „Ballast“ virtuell. Bezahlt wird mit einem Checkout.
Und nach der Kasse – wo sind die Produkte?
Nach dem Checkout hat der Kunde die bequeme Wahl. Nimmt er den gesamten Einkauf gleich mit nach Hause, dann bringt er seine Frischprodukte zu seinem Fahrzeug.
Dort warten gleichzeitig auch schon die automatisch gepickten Artikel aus dem Nicht-Frischebereich auf ihn.
Mineralwasser, Konserven, Hygieneprodukte etc. werden bequem gleich zusammen mit den Frischeprordukten vom Personal im Kofferraum verstaut.
Diesen Service kennt man heute schon bei den LeShop Drive-Ins.
Ist der Kunde mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs entscheidet er sich für die bequeme Heimlieferung.
Die von ihm persönlich ausgewählten Frischeprodukte werden über geeignete Gebinde und Wege mit den automatisch gepickten Artikeln zusammen geführt und noch am gleichen Tag mit der eigenen Flottte same-day geliefert. So wie es ein coop@home schon heute praktiziert.
Selbstverständlich sind auch spätere Lieferungen oder ein Zusammenführen mit einem Einkauf eines anderen Familienmitglieds in einer nahen Filiale möglich.
(Fast) jeder Supermarkt kann zur Picking-Station werden
Heute beliefern die Online-Supermärkte der Migros (LeShop) und Coop (coop@home) von speziellen und separaten Verteilzentren. Im Supermarkt 2020 könnte jeder strategisch geografisch und infrastrukturell geeignete Supermarkt auch zum Verteilzentrum mutieren.
Dieser beliefert nicht nur die Kunden im Laden sondern durch die ausgebaute Logistikfläche und -automatik auch die Heimlieferungen, die ohnehin näher an den stationären Einkauf rücken und vice-versa.
Grundsätze aus dem E-Commerce verändern das stationäre Geschäft
Das in diesen beiden Teilen vorgestellte Konzept lässt sich in adaptierter Form auch auf andere Sortimente anwenden. Wir haben den Supermarkt gewählt, weil es sich dabei mitunter um eines der komplexesten Sortimente handelt.
Aber der Grundsatz, dass die Fläche wieder genutzt wird für die Inszenierung von Produkten und befreit wird von Ballast wie Stapeln von Grössenvarianten der selben Hose, Türme von Schuhschachteln des selben Modells, endlose Reihen von Verpackungen verschiedener Varianten etc.
Und weiter der Grundsatz, dass Algorithmen und Automatisierungen den Long-Tail an den POS bringen und das online gewonnene Know-How das stationäre Einkaufsverhalten bestimmt und der Einkauf und die Zahlung über im E-Commerce und Mobile-Commerce erfolgreich gesetzte Standards erfolgt.
Mut zum Aufbruch!
Innovative Detailhändler sind herzlich eingeladen, diese Ideen mit uns weiter zu denken und den Kunden wieder ein umfassendes Einkaufserlebnis über alle Touchpoints zu ermöglichen.
Jeweils das Beste aus beiden Welten.
Und vielleicht dauert es ja gar nicht mehr bis 2020 – sondern ist schon in wenigen Jahren soweit?!