Die Spatzen pfiffen es ja von den Dächern, dass der neue Marktplatz von Coop und Swisscom in diesen Tagen mit einer Beta-Version an den Start gehen sollte. Nun ist Siroop seit wenigen Stunden live:
Die „Pressemeldung“ findet man auf der Facebookseite von Siroop. Dort heisst es:
Siroop steht allen Marktteilnehmern offen und setzt neben nationalen Händlern und Herstellern sowie reinen E-Commerce-Anbietern bewusst auch auf regionale und lokale Geschäfte. Siroop startet die Pilotphase in Bern mit zwölf Pick-up-Stationen. Landesweit sind in dieser Phase Lieferungen auf dem Postweg möglich.
Die Händler
Als Marktplatzteilnehmer der ersten Stunde sind aktuell folgende Anbieter mit an Bord:
- Coop Bau & Hobby
- Import Parfumerie (Impo)
- Siroop Trading AG
- Magando
- Thömus
- Klötzli
Weitere (auch regionale) wie „Einfach Lesen“, „Heinzer Leuchten und Design“, „Puresense Naturkosmetik“ sollen bald folgen.
Spannend sicherlich, dass die zur Coop gehörende Impo direkt einen online fokussierten Mitbewerber wie Magando an die Seite gestellt bekommen hat. Auch ist es interessant, dass doch einige Produkte über verscheidene Produktkategorien hinweg von Siroop selbst angeboten werden. Bei Elektronik Produkten hätte man dann eher einen Microspot oder Interdiscount erwartet. Oder aber diese Anbieter könnten sich hinter der Siroop Trading AG als Zulieferer bzw. Abwickler verbergen. Am Beispiel dieses Apple TV (3.Generation) welches für CHF 79.- angeboten wird und nur mit B-Post gratis (mit A-Post +CHF5) geliefert wird, wäre man als Konsument bei Microspot preislich besser aufgehoben. Dort wird dieses Produkt für nur CHF 74.90 inkl. Versand mit A-Post angeboten.
Der grosse Wurf?
Ohne nun zu sehr in die Tiefe zu gehen, hat man den Eindruck man hat sich folgendes Zitat von Reid Hoffman (Gründer Linkedin) zu Herzen genommen:
„Wenn dir die erste Version deines Produktes nicht peinlich ist, hast du es zu spät an den Start gebracht.“
In der PR-Meldung klingt das dann so:
Siroop – Erster komplett offener Marktplatz der Schweiz…
Im Laufe des Jahres 2016 wird Siroop mit den in der Pilot-Phase gesammelten Erfahrungen für das beste Einkaufserlebnis der Schweiz landesweit starten.
Ein grosses Ziel wenn man aktuell eher den Stand eines „MVP“ (Minimum Viable Product) vorfindet.
Von einem „Amazon-Killer“ kann ja nun überhaupt noch nicht die Rede sein. Selbst die aktuell mit sich selbst beschäftigen Marktplatzbetreiber bei ricardo werden zunächst mal entspannt durchatmen und sich weiter Gedanken machen können, wie sie denn nun ricardoshops.ch mit Leben füllen. Oder man wartet erst mal auf den neuen CEO, der ja von Amazon kommt.
Aber es zeugt von viel Mut als Projekt von 2 Grosskonzernen sich mit solch einem Stand auf die Strasse zu trauen und eben nicht nach einem langen „Wasserfall“ Projekt möglichst perfekt an den Start zu gehen. Aber so wird man sich möglicherweise viele Kunden eher vergraulen bzw. diese nicht mit einem guten Bild überzeugen können. Auf grössere Werbung für den Piloten wird man hoffentlich aktuell verzichten.
Funktional (aus Kundensicht) kann Siroop aktuell nicht mit den einfachsten „von der Stange Shops“ mithalten. Da braucht es noch viele „Sprints“ bis dieser Stand erreicht wird.
Natürlich ist das Frontend nur eine Komponente und bei einem Marktplatz steckt technisch und prozessual viel mehr unter der Haube als man als Kunde nur erahnen kann. Aber die Kunden sollen da schliesslich kaufen und nicht wie bisher ihre bekannten Online-Shops direkt ansteuern sondern den Weg über Siroop zum gewünschten Produkt finden. Und das Angebot nur mit Anbietern welche bisher noch nicht selbst online verkauft haben zu füllen, ist wohl auch eher unrealistisch.
Wichtige Marktplatzfunktionen wie das Bewerten von Produkten und vor allem von Händlern fehlen noch gänzlich. Auch kann aktuell noch nicht nach einzelnen Anbietern gefiltert werden.
Es gibt also noch viel zu tun und das spürt man noch an vielen Ecken und Enden. Eine Suche mit Autosuggest kommt hoffentlich noch und die Navigation ist, bis man es zu einer dann doch recht gut filterbaren Produktliste schafft, recht mühsam. Wobei, wer den Einstieg in die Navigation an diesem sehr unüblichen Ort dann mal gefunden hat, kann sich dann doch wie gewohnt (aber mit vielen Klicks) durch die Sortimente navigieren. Aber einfach ist anders! Auf dem Smartphone ist die Naviagation als auch die Darstellung generell, besser gelöst.
Die Angabe von Versandkosten erfolgt leider nicht auf der Produktdetailseite, sondern man muss sich erst im Warenkorb durch Lieferoptionen klicken. Wobei scheinbar der Versand per B-Post von allen Anbietern gratis angeboten wird (werden muss). Dies gilt auch für Coop Bau und Hobby, die in ihrem eigenen Shop sonst immer Versandkosten erheben.
Spannend wird sein wie sich das für die Kunden kostenlose Retournieren mittelfristig bei den Händlern dann durchsetzen wird. Dies gratis anzubieten ist sicher eine tolle Sache – für den Kunden. Aber da werden dann manche Händler möglicherweise noch auf die Welt kommen. Zu den Rückgabemöglichkeiten für Elektronik Produkte gibt es leider in den AGB unterschiedliche Aussagen.
Ein Produkt, 2 Anbieter
Ein Marktplatz lebt ja davon, dass ein Produkt von mehreren Anbietern zu finden ist. Zum Start gibt es einige wenige Produkte die zumindest von 2 Anbietern präsentiert werden:
Interessant ist, dass man auch nach längerer Suche kein Produkt findet, welches von Impo als auch von Magando im Wettbewerb angeboten wird. Das auch bei Produkten die sonst beide in ihren Shops führen. Der Verdacht liegt nahe, das dies noch bewusst gesteuert bzw. vermieden wird, oder dort Siroop selbst als Anbieter einspringt.
Für eine generelle preisliche Positionierung wurden beim Blick mal einige Preise verglichen und diese als nicht spannend befunden. Aber mit einem verbesserten Rückgaberecht, könnten schon noch neue Argumente für einen Kauf über Siroop entstehen. Aber das müssen die User erst einmal verstehen.
Die regionale Einbindung
Im Pilotbetrieb sind Interdiscount und Coop Filialen aus Bern integriert. Als Nutzer kann man diese als Abholort auswählen. Nur wenn die Lieferung per B-Post gewählt wird, ist das kostenlos. (Möglicherweise bieten das auch Anbieter mit A-Post gratis an.) Die Lieferung mit A-Post scheint bei allen Händler mit CHF 5.- angeboten zu werden. Diese Regelungen decken sich also mit denen des Postversands.
Kosten für die Händler
Bis zum 31.03.2016 können Händler ohne Kommission ihre Produkte auf Siroop anbieten. Es werden lediglich ca. 3.5% für die Zahlungsabwicklung (Aktuell nur Kreditkarte) verlangt.
Ab dem 1.4.2016 plant man moderate Gebühren für die Händler. Im Bereich Elektronik 6% und alle anderen Kategorien 9.9%. Hier sollen dann die Payment-Gebühren inklusiv sein. Im Vergleich mit z.B. Amazon-Gebühren die in vielen Kategorien dann 15% erscheint das attraktiv. Aber bei Amazon sind dann wirklich viele Nutzer (aber auch viele Anbieter) dann vorhanden.
Fazit
Die geschürten Erwartungen waren hoch – und sie wurden noch nicht erfüllt. Ob nun weitere Händler (gar aus den Reihen der Migros) Schlange stehen werden um hier mitzumachen bleibt fraglich. Ricardo muss sich noch nicht fürchten und Amazon wird ohnenhin unbeachtet irgendwelcher Schweizer Initiativen seinen Eintritt in die Schweiz nach und nach vollziehen.
…und ein Google Pagespeed Index von 15 (Mobile und Desktop)!!!
[…] diese Realität akzeptiert hat das viele Auswirkungen, wie z.B. die, dass man auch als Konzern echte MVPs an den Markt bringen muss, egal was die anderen sagen. Prof. Hengstschläger leitet daraus ab, dass einzig […]
[…] insbesondere mit der Rolle von ricardo.ch und ricardoshops.ch und natürlich eingehend mit der neuen Plattform siroop.ch beschäftigt. Die Trends im Elektronik-Markt Schweiz mit Digitec/Galaxus und der Einordnung auch […]