IKEA: Mehr Klicks als Köttbullar oder wie deutsche Onlinekunden kräftig zur Kasse gebeten werden

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IKEA konnte sein Online-Geschäft in Deutschland im vergangenen Geschäftsjahr 2015/16 (Abschluss per Ende August) um 22.7% steigern. Dies ist insofern bemerkenswert, da IKEA sich lange dem E-Commerce verweigert hat. Excitingcommerce hat die Zahlen zusammen gefasst:

Onlineumsätze von Ikea Deutschland - Quelle: ExcitingCommerce
Onlineumsätze von Ikea Deutschland – Quelle: ExcitingCommerce

Oder anders gesagt; das Geschäftsmodell von IKEA funktioniert stationär vor allem mit dem, was die Kunden nicht geplant haben zu kaufen (wer nicht schon einen Sack Teelichter, eine Stromschiene etc. an der Kasse auch noch in den Wagen gepackt hat, bitte Hand hoch). Und das lässt sich online jedoch nur schwer abbilden.

[bctt tweet=“IKEAs stationäres Geschäftsmodell von den nicht geplanten Einkäufen funktioniert Online nur schwerlich.“ username=“carpathia_ch“]

Daher erstaunt es umso mehr, dass die Umsätze in Deutschland online mittlerweile diejenigen der Restaurantbetriebe überholt haben. E-Commerce kam auf EUR 232.6 Mio, die Restaurants auf EUR 221.1 Mio. IKEA macht knapp 5% des Umatzes mittlerweile Online, die Branche ist hier gefühlt um einige Prozentpunkte weiter.

IKEA KPIs 2016 - Quelle: Ikea Deutschland
IKEA KPIs 2016 – Quelle: Ikea Deutschland

Oder anders gesagt: Mehr Klicks als Köttbullar wie auch das Handelsblatt zusammenfasst:

Der Möbelriese Ikea hat seine zögerliche Haltung beim Online-Handel aufgegeben – und damit offensichtlich Erfolg. Ikea setzte in Deutschland erstmals mehr Geld im Online-Handel um als in den Restaurants der Möbel-Häuser.

IKEAs eigenwillige Kalkulation

Wer online kauft und nicht der Versuchung der ungeplanten Einkäufe erliegen möchte, wird kräftig zur Kasse gebeten wenn es zu den Lieferkosten kommt. Und zwar so, dass man mehr bezahlt, je mehr man einkauft.

Ja, richtig gelesen. Je mehr man bei IKEA einkauft, je mehr zahlt man. Eine sehr eigenwillige Logik wie der Supermarktblog treffend resümiert in seinem lesenswerten Beitrag zu IKEAs verkorkster Online-Strategie:

Anders gesagt: Ikea bestraft Online-Kunden dafür, dass sie beim Einkaufen mehr Geld ausgeben, wenn sie zum Beispiel teurere Möbel kaufen, an denen das Unternehmen (mutmaßlich) wegen höherer Margen mehr verdient.

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Möbel werden online bereits von zahlreichen Anbietern kostenlos geliefert. Nicht so bei IKEA. Und die Begründung, warum man (kräftig) bei den Lieferkosten abkassiert, ist nicht minder interessant:

Würden wir den Onlinekauf samt Lieferung zum selben Preis anbieten, müssten die Versandkosten in die Produktpreise eingerechnet werden. Somit würden Cash&Carry-Kunden die Belieferung der Online-Kunden mitbezahlen bzw. subventionieren.

Dann darf man also auch den Umkehrschluss zulassen, dass Onlinekunden nicht nur die Lieferkosten kräftig berappen, sondern in den Produktpreisen auch die Kosten für die Möbelhäuser, Personal, Parkplätze etc. mitfinanzieren dürfen. Also kein Wort, dass Online mit ganz anderen Kostenstrukturen wie Stationär operieren kann.

[bctt tweet=“IKEAs abenteuerliche Kalkulation: Online subventioniert Stationär – Selbstabholer zahlen drauf.“ username=“carpathia_ch“]

Das ist nun doch ein sehr abenteuerliches Kalkulations-Schema, das sich IKEA da zurecht-gezimmert hat. Doch es kommt noch abenteuerlicher.

Klick & Collect kostet extra

IKEAs Onlinekunden, die ihre Ware im Möbelhaus abholen, zahlen für diesen Service. Vermutlich ist das die Strafe, weil sie sich nicht durch die Markt- und Selbstbedienungshallen peitschen lassen und keine Teelichter kaufen. Hier der Supermarktblog nochmals:

Was würden Sie dafür geben, am nächsten Samstag nicht den halben Tag von Ikea verschluckt zu werden, bloß um ein neues Stockholm-Sofa zu kaufen? Dafür, sich nicht mit tausend anderen Leuten durch die Ausstellung im Obergeschoss zu schieben? Nicht Schlange zu stehen für ein paar Fleischbällchen mit pappigen Pommes? Und gar nicht erst in Versuchung zu geraten, noch mehr Teelichter zu kaufen?

Wie wär’s mit: 25 Euro?

Dieses Schmerzensgeld Sümmchen verlangen die kumpeligen Schweden von Kunden, die sich dem ganzen Möbelhaushorror verweigern, der zu einem durchschnittlichen Ikea-Besuch dazu gehört: dem Endlosirrgarten in der „Markthalle“, dem obligatorischen Stopp im Restaurant, dem Regalnummernsuchen im Lager, dem SB-Kassen-Anstehen, der Keksbevorratung im Schweden-Shop.

Zumindest wissen wir nun, was für einen Wert es für IKEA Deutschland hat, wenn wir uns durch die Gänge treiben lassen: Genau EUR 25.- pro Besuch.

IKEA Schweiz zeigt sich online-freundlich

Im Vergleich zu den deutschen Kollegen zeigt sich IKEA in der Schweiz geradezu E-Commerce freundlich. Die Lieferkosten werden bis 35kg mit einer Pauschale von CHF 9.90 angegeben rsp. CHF 99.00 bei Sperrgut mit Spedition.

Und keine Information, dass man bei einer Abholung von online bestellter Ware nochmals abgezockt werden soll. Jedoch steht ein solcher Cross-Channel Service (Click & Reserve oder Click & Collect) auch (noch) nicht zur Verfügung, wie ein kurzer Test im Schweizer Onlineshop zeigt.



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Thomas Lang, Betriebsökonom und Wirtschaftsinformatiker, unterstützte Unternehmen bei der Strategieentwicklung von digitalen Vertriebsmodellen, beim Aufbau von digitalen Geschäftsmodellen, bei Expertisen rund um Onlinehandel und der operativen Umsetzung im Bereich Organisation, Prozesse, Innovation, Change-Management und Unternehmenskultur. Er ist Gründer der Carpathia AG, der unabhängigen und neutralen Unternehmensberatung für Digital-Business, E-Commerce und Digitale Transformation im Handel. Zudem ist er Autor von zahlreichen Fachartikeln und -studien, Dozent für Online-Vertriebsmodelle an verschiedenen Hochschulen sowie gefragter Keynote-Speaker zu E-Commerce und Digital Transformation im Handel. Er ist Initiator und Organisator der Connect - Digital Commerce Conference sowie des Digital Commerce Awards. Der von ihm gegründete Carpathia Digital-Business-Blog (https://blog.carpathia.ch) zählt im deutsch-sprachigen Raum zu den wichtigsten unabhängigen Publikationen im Digitalen Handel. Medien bezeichnen ihn als digitalen Vordenker, zitieren und interviewen ihn regelmässig . Am Mittwoch 17. November hat Thomas Lang für immer die Augen geschlossen.

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