Erneut präsentierten heute der VSV Verband Schweizer Versandhändler zusammen mit der GfK Schweiz und der Post die offiziellen Zahlen zum Schweizer E-Commerce.
Anders als bspw. beim deutschen Pendant handelt es sich bei den Schweizer Zahlen um eine verlässliche Erhebung direkt bei den Händlern. Alle Zahlen entsprechen B2C und C2C Warenumsätzen in Schweizer Franken, netto ohne MwSt und um Retouren bereinigt. Die Zahlen beinhalten explizit keine Dienstleistungen, Reisen, Software Downloads, Glücksspiele und Handydienste.
Insgesamt setzte 2016 der Schweizer Versandhandel mit Endkunden erstmals über CHF 8 Mrd. um. Von den 8’050 Mio. entfallen wohl noch 700 Mio. auf den klassischen Versandhandel (Katalog) sowie 250 Mio. auf Online-Bestellungen von Schweizern bei ausländischen Shops, welche an grenznahe Abholstationen geliefert wurden.
Da die Übergänge mittlerweile zwischen klassischem Versandhandel und Onlinehandel fliessend sind, unterscheiden wir dies fortan nicht mehr:
Zusammengefasst stammen von den über CHF 8 Milliarden:
- mehr als 1.5 Milliarden von ausländischen Onlineshops (ink. 250 Mio Lieferung an Abholstationen im Ausland)
- 750 Mio von Schweizer Auktionshäusern und Marktplätzen
- und der Rest von 5.75 Milliarden von Schweizer B2C Händlern.
Der gesamte Versandhandel (Online und klassisch) legte damit um 8.3% zu, der reine Onlinehandel (ohne klassische Bestellwege) um über 10%.
Dammbruch erfolgt: Onlineanteil Non-Food 15.3%
Der im vergangenen Jahr prognostizierte Dammbruch und die von der Credit-Suisse gestützte beschleunigte Dynamik (Wer braucht noch einen Laden?) ist wie erwartet eingetreten.
Der Anteil des Online-Versandhandels am Schweizer Detailhandel im Bereich Non-Food konnte sich auf den Rekordwert von 15.3% steigern im vergangenen Jahr. Die stärkste Zunahme seit Messbeginn.
Diese Entwicklung hat unweigerliche Folgen auf die stationären Formate, allen voran auf die Shopping-Center, welche sich zunehmend als Auslaufmodelle offenbaren. So haben im vergangenen Jahr erstmals die 5 grössten Onlineshops umsatzmässig die 5 grössten Shopping-Center überholt. Und die Top-10 sind auf dem besten Weg dazu.
Stationär musste herbe Verluste hinnehmen
Erstmals zeigt die Studie von VSV/GfK auch, welche herben Verlust der stationäre Detailhandel in den vergangenen Jahren hinnehmen musste.
Gerade der stationäre Bereich Non-Food wurde arg gebeutelt und verlor zwischen 2010 und 2016 rund CHF 8 Milliarden. Im gleichen Zeitraum konnte der Online-Versandhandel aus dem In- und Ausland CHF 2.4 Milliarden zulegen. Der Rest geht auf das „Konto“ Frankenstärke, Preiserosion und Auslandeinkäufe.
Onlinesortimente
Die beiden Online Leader-Sortimente Elektronik und Fashion konnten auch im vergangenen Jahr erneut deutlich zulegen und verzeichnen ein Wachstum von CHF 150 Mio rsp. 160 Mio. Insbesondere bei Fashion dürfte Zalando für einen Grossteil des Zuwachs verantwortlich zeichnen (Schätzung: 12 Mio Pakete und CHF 534 Mio Umsatz in der Schweiz 2016)
Crossborder: Paketflut aus China
Die Umsätze und die schiere Paketmenge von Zalando Schweiz werden dem inländischen E-Commerce zugerechnet, da Zalando in der Schweiz wie ein Schweizer Händler behandelt wird, was die zoll- und steuerrechtlichen Aspekte anbelangt.
Dennoch konnten die Umsätze, die von ausländischen Plattformen in die Schweiz durch die Endkunden importiert wurden, um 18% zulegen und sind von CHF 1.1 auf 1.3 Milliarden angestiegen.
Ein Grossteil dieser Pakete stammt von China, dessen Händler die Schweizer Post regelrecht fluten.
Weitere wichtige Studien-Ergebnisse
Zahlungsmittel
Nach wie vor dominiert die Rechnung bei den ermittelten Warenumsätzen bei den VSV-Mitgliedern mit 80% (Vorjahr 81%). Zulegen konnte die Kreditkarte die neu 15% aller Zahlungen auf sich vereint (13%).
Die weiteren erhobenen Methoden sind Debitkarte mit 1% (2%) und Vorauskasse / Nachnahme mit konstanten 4%.
Retouren Quoten
Weiterhin konstant zeigen sich die Retourenquoten bei ausgewählten Sortimenten. Traditionell liegt diese bei Textil zwischen 40 und 50% und bei den weiteren Sortimenten deutlich tiefer.
Ausblick der Studienleitung
Für den Online-Versandhandel wagt die Studie folgenden Ausblick:
Prognose 2017
- Weiteres Online-Wachstum um 7 – 10 % – Textil und Heimelektronik wachsen stärker.
- Enormer Wettbewerb mit neuen Playern – Aliexpress und Co. fluten die Schweiz mit Paketen.
- Polarisierung – wenige Riesen, viele Nischenanbieter.
Blick in die Kristallkugel 2017 – 2020
- Die erste «one hour» Lieferung in der Schweiz wird Tatsache.
- Cross-Border Einkäufe wachsen kontinuierlich und stärker als das «normale» Online-Wachstum.
- 20 % Anteil am Non-Food Retail in der Schweiz spätestens im Jahr 2019.
- Leerstandsquote bei Ladenflächen erhöht sich substantiell – Was passiert mit Shopping Centern?
E-Commerce Connect Konferenz
Am 31. Mai 2017 findet bereits die vierte E-Commerce Connect Konferenz im Kaufleuten Zürich statt. Schon heute bekannt sind nahezu 30 erstklassige Speaker die direkten Knowhow-Transfer vom Händler zum Händler ermöglichen.
Die Konferenz richtet sich an alle, die sich mit digitalen Handelsmodellen auseinandersetzen; für Händler, Hersteller und Brands – für Pureplayer, Omni-Channel-Händler und Marktplätze – für C2C, B2C und B2B.
Interessant in diesem Kontext ist. dass für es für den Schweizer Onlinehandel eine Studie gibt, welche belegt, dass in 2015 ca. 13.6 % des Gesamtumsatzes von Start Up Unternehmen getätigt wurden.
Den Dinos (Vollsortimenter) wird hier wohl in Zukunft harter spezialisierter Wettbewerb geboten.
Insofern sich der eine oder andere noch MXO ausrichtet, ( Gerrit Heinemann hat dies eindrücklich auf der Swiss Award Konferenz 2016 aufgezeigt) stehen uns spannende Zeiten in Haus.
[…] Wenn man ausschliesslich den Non-Food Bereich betrachtet, dann sind es immerhin noch knapp 85% Anteil, die über die Ladentheke gehen – die Onlineanteile sind von Branche zu Branche verschieden. Doch dazu haben wir bereits mehrfach geschrieben. […]