Dies ist der zweite von insgesamt drei Beiträgen zum kürzlich veröffentlichten E-Commerce-Report Schweiz 2017. Hier geht es zum ersten Teil.
Einstieg in die digitale Transformation
Die Resultate des E-Commerce-Reports Schweiz 2017 wurden am 10. Schweizer E-Commerce Summit präsentiert. Das Event-Motto lautete: Embrace the customer journey!
Einer der grossen Unterschiede zwischen erfolgreichen und nicht erfolgreichen Anbietern sieht die Studie in ihren Haltungen, unter anderem gegenüber den Kunden. Nicht erfolgreiche Anbieter sprechen von ihren Kunden und sagen Dinge wie: „..die nehmen uns die Kunden weg“ oder „..Online ist der Feind“ – eine passive Haltung. Erfolgreiche Unternehmen hingegen, gehen aktiv auf ihre Kunden zu.
Die Passiven werden in der Studie auch als traditionelle, produktgetriebene bzw. sortimentsgetriebene Anbieter bezeichnet. Sie werden dadurch charakterisiert, dass sie mit ihren Geschäftspartnern in Kunden-Lieferanten-Beziehungen stehen, typischerweise eine im Markt bekannte Handelsmarke haben und an stationär gut frequentierten Standorten vertreten sind. Dort stellen sie ihr Angebot aus und warten darauf, dass die Kunden kommen und kaufen.
Die Aktiven bezeichnet die Studie auch als datengetriebene Anbieter, die keinen Anspruch auf die Kunden voraussetzen. Als Beispiele werden Digitec Galaxus oder die PCP.COM-Gruppe genannt. Sie stützen sich, wie es der Name vorwegnimmt, auf Daten ab und setzen sich detailliert mit ihren Kunden und den Situationen auseinander, in denen diese einen Bedarf haben, und suchen so neue Zugänge zu ihnen. Ganz im Sinne von: Embrace the customer journey – mit Daten. Bei ihnen spielt das Produktsortiment gemäss Studie nur eine nachgelagerte Rolle (Produktgetriebene vs. datengetriebene Anbieter: untere Hälfte der Abbildung 5).
Um im kleinen Schweizer Markt weiter wachsen zu können, treten einige Schweizer Anbieter ergänzend auf einem oder mehreren Onlinemarktplätzen auf (Spezialisierung). Andere, deren Kernkompetenz in der Kundenakquise und dem Generieren von Traffic liegt, öffnen sich und werden zu einem Marktplatz oder einer Plattform für ein Ökosystem (Erweiterung) (obere Hälfte der Abbildung 5).
Als weitere Erfolgsfaktoren neben einer aktiven, datengetriebener Haltung, nennen die Studienteilnehmer zudem eine agile Organisation mit einer Kultur des Ausprobierens und hohe Technologiekompetenz:
Die Kultur, etwas ausprobieren zu dürfen, Fehler machen zu dürfen und wieder neu zu probieren, ist für uns extrem wichtig. (Markus Mahler, BRACK.CH)
Entscheidend ist der Wille, die Digitalisierung für sich zu nutzen, und gewisse Dinge auszuprobieren. Für jeden Test sollte man eine Hypothese und Erfolgskennzahlen formulieren. (Constantin Hilt, siroop)
Ob jemand im E‐Commerce erfolgreich ist, hängt massgeblich davon ab, ob er die Technologie beherrscht und wie schnell er neue Sachen umsetzen kann. (Florian Teuteberg, Digitec Galaxus)
E-Commerce-Report Schweiz 2017, S. 13.
Leistungsmerkmal Logistik
Es ist wichtig, aktiv (neue) Kundenzugänge zu schaffen. Die Customer Journey hört da aber nicht auf. Entscheidend ist auch, inwiefern sich ein Anbieter bezüglich Lieferung und Service von seinen Mitbewerbern unterscheidet. Der Report nennt die Logistik als eines der wichtigsten Leistungsmerkmale im E-Commerce. Deshalb arbeiten die Studienteilnehmer in diesem Bereich intensiv an der Zuverlässigkeit, Schnelligkeit und Flexibilität (qualitativ) sowie an der Erhöhung der Effizienz (operativ).
Die viel diskutierte Same Day Delivery sei bei den Konsumenten wenig gefragt, besonders, wenn sie dafür zahlen müssten. Bei den führenden Anbietern hat sich die Next Day Delivery zum Standard etabliert.
Einige Beispiele zeigen, dass die Anbieter auch versuchen, sich durch die Logistik zu differenzieren: Coop und Migros etwa nutzen ihr grosses Filialnetz, um ihren Kunden zusätzlich die Möglichkeit zum Pick-up bieten zu können. Brack.ch-Kunden können ihre bis 12 Uhr aufgegebenen Bestellungen ab 17 Uhr an einem von notime betriebenen PickupPoint abholen.
Im E‐Commerce ist die Warenübergabe als Touchpoint ein Schlüsselelement in der Beziehung zu Kunden. (Dominique Locher, LeShop)
E-Commerce-Report Schweiz 2017, S. 10.
Keine durchgängige Customer Experience im Sinne von No-Line-Commerce erreicht
Im diesjährigen Report wurde ausserdem eine Zwischenbilanz zum Thema Multikanalhandel gezogen. Die Studienteilnehmer wurden befragt, ob die bedeutendsten Multikanalhändler in ihrer Branche bereits eine kanalübergreifende Customer Experience realisieren konnten. Die Meinungen zwischen den Branchen gingen weit auseinander. Nur im Medienhandel wurde dem vorsichtig zugestimmt, die Mode- und Reisebranche hingegen verneinte. Das Problem sehen die Befragten vor allem im Fehlen von Visionen, Strategien und Konzepten.
Der dritte der drei Beiträge dann zum Thema: Digitale Transformation im Übernachtungsgewerbe.
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Der E-Commerce Report kann hier kostenlos bezogen werden und ist allen Akteuren im Schweizer E-Commerce als Lektüre zu empfehlen.