A wie Amazon – vergesst GAFA!

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Die GAFA-Ökonomie steht sinnbildlich dafür, dass die 4 Internet-Giganten Google, Apple, Facebook und Amazon global immer mehr Macht haben und als Gatekeeper den Zugang zum Nutzer oder Kunden kontrollieren.

Europa hat leider GAFA wenig bis gar nichts entgegenzusetzen, auf der anderen Seite bietet in Asien TAB mit Tencent, Alibaba und Baidu ein Gegengewicht (Wird Europa zwischen den digitalen Plattformen zerrieben?). Ähnlich dazu auch Gerrit Heinemann im Kampf der Triade GAFAE-TAB-ZERO.

"Amazon Takes Over the World" - Illustration: WSJ
„Amazon Takes Over the World“ – Illustration: WSJ

Amazon schlägt alle

Der renommierte New Yorker Professor Scott Galloway resümiert in einem Essay des Wall Street Journals:

Forget about the other tech giants: Amazon is poised to beat them all. What are the consequences for the rest of us?

Galloway nimmt die Gateweeper-Funktionen der GAFAs unter die Lupe und identifziert einen eindeutige Sieger: Amazon.

That firm is Amazon. Jeff Bezos has been disciplined and single-minded in his vision of investing in the most enduring consumer wants—price, convenience and selection. Coupled with deft execution, it has made Amazon the most impressive and feared firm in business.

Auch wenn die anderen drei durchaus erfolgreich unterwegs seien, so werde ihnen Amazon davon marschieren.

Suche

Auch wenn Google nach wie vor Marktführer im Bereich Suche ist, so sinkt deren Macht wenn es um die lukrative Produktsuche geht:

But it’s a very different story in the narrower, and more lucrative, domain of product search.

In 2015, more product searches in the U.S. began on Amazon than on search engines, including Google (44% vs. 34%), according to BloomReach. A year later, Amazon’s share grew to 55%. Amazon could reasonably be described as a search engine with a warehouse attached to it.

Eine Entwicklung, welche der Schweiz erst noch bevorsteht.

Hardware

Apples Vormachtstellung bezüglich Hardware bröckelt in verschiedensten Bereichen, ob Computer oder Mobile. Kommt hinzu, dass Apple sich durchaus auch schon innovativer zeigte als in jüngster Vergangenheit.

But the prize for the most disruptive recent device goes to the hands-free, voice-controlled Amazon Echo speaker and its buttery voice, Alexa.

Research firm Gartner predicts that 30% of computing will be screenless by 2020. So far, Apple looks to have blown an early lead in the great voice race: With 700 million iPhones in use world-wide, Apple’s Siri still has the most share in voice overall. But Amazon’s share of voice on home devices—the next frontier—is 70%.

Cloud-Computing

Einer der am stärksten wachsenden Segmente ist Cloud-Computing wo Grössen wie IBM, Google oder Microsoft mit der grossen Kehle anrühren. Doch auch dieser Bereich wird von Amazon dominiert:

The dominant player again is Amazon, with a business launched originally to support its internal computing needs.

According to Synergy Research Group, Amazon’s cloud offering (called Amazon Web Services) enjoys more than 30% of the market, triple the share of the No. 2, Microsoft’s Azure, and will register $16 billion in revenue in 2017.

Financial pundits, looking for something negative to say about Amazon’s recent quarterly earnings, highlighted that growth in the company’s cloud business had slowed to 43%. “Slowed to 43%” is not a phrase you read in any other equity analyst’s write-up of a large company in 2017.

Retail

Mit der Übernahme von Whole-Foods durch Amazon (Amazon: Die USD 13.7 Milliarden Akquisition von Whole Foods und sieben strategische Optionen) dürfte Amazon zum schnellst wachsenden US-Retailer On- und Offline werden.

Der gesamte US-Lebensmittelhandel wurde quasi über Nacht von Amazon in die Schranken gewiesen.

The whole grocery sector—with $612 billion in U.S. sales in 2016—has been disrupted overnight by Amazon.

In the months between the announcement and closing of Amazon’s acquisition of Whole Foods this year, the largest pure-play grocer, Kroger , lost nearly a third of its market value.

Innovation

Auch bezüglich Innovation in fast jeglichen Bereichen schlägt Amazon andere globale Player. Amazons Innovationskraft kennt kaum Vergleiche:

Nikedoes not have a cloud business; Starbucks is not developing original TV content; Wal-Mart has not filed patents for warehouses in the sky.

Amazon has recently been granted patents for a floating warehouse and small drones that can self-assemble into bigger drones capable of transporting larger packages, reflecting the ability, one day, to operate intricate networks of fulfillment by air.

Effizienz

Alles was Amazon anfasst, scheint zum Erfolg zu werden. Und entpuppt es sich als nicht erfolgreich ist man sich nicht zu schade, und nimmt es zeitnah wieder vom Markt. So beispielswise das Fire-Phone oder Online-Formate (Amazon’s 10 biggest failures).

Obwohl ein Gigant mit über 300’000 Mitarbeitern weltweit (2016) hat man den Biss eines Startups nicht verloren und testet, probiert, ändert etc. Jeff Bezos Credo „Still Day One“ ist eigentliches Sinnbild hierfür.

Was vielen Konzernen eher früher als später zum Verhängnis wird ist Langsamgkeit und Ineeffizienz. Viele scheinen ob der Komplexität grosser Organisationen fast zu implodieren, wenn man deren Innovationskraft und Agilität betrachtet. Nicht so Amazon:

Because Amazon is more efficient than other retailers, it is able to transact the same amount of business with half the employees.

If Amazon continues to grow its business by $20 billion a year, the annual toll of lost jobs for merchants, buyers and cashiers will be in the tens of thousands by my calculations. Disruption in the U.S. labor force is nothing new—we have just never dealt with a company that is so ruthless and single-minded about it.

Wahre Marktmacht in der Schweiz noch verkannt

In Gesprächen fällt immer wieder auf, wie Amazon hierzulande noch unterschätzt wird. Nur den wenigsten sind die wahren Dimensionen klar. Oft kennt man nur den „Onlineshop“ ohne um das gesamte Ökosystem zu wissen.

Kaum eine Frage wurde mir in den vergangenen Monaten öfters gestellt als

„wann kommt Amazon in die Schweiz?“

Diese Frage stellt sich doch gar nicht. Amazon ist längst da. Die konsolidierten Retail-Umsätze von Amazon beliefen sich bereits letztes Jahr auf über CHF 600 Mio (Die umsatzstärksten Schweizer Onlineshops 2017).

Dies sind jedoch nur die Retail-Umsätze – Amazon ist bereits überall omnipräsent, wenn auch nur „im Hintergrund“, was Amazon nicht weniger gefährlich macht. Täglich genutzte Plattformen und Services laufen auf Amazon-Servern (AirBnB, Dropbox, Netflix uvm oder gar Siroop!), die Logistik-Dienstleistungen treiben eine ganz Industrie nicht nur in Europa an und und und.

Amazon denkt global, ganzheitlich und nachhaltig erfolgreich – und wenn dabei auch die Schweiz betroffen ist, dann wird das so sein. Und wenn der Schweizer Konsument seine Ware in Zukunft innert weniger Stunden erhalten möchte, ja dann wird Amazon mit seiner absoluten Kundenfokussierung auch eine Logistikinfrastruktur in der Schweiz aufbauen.

Und dann wird Amazon in der Schweiz „sichtbarer“ sein – präsent sind sie schon lange.



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Thomas Lang, Betriebsökonom und Wirtschaftsinformatiker, unterstützte Unternehmen bei der Strategieentwicklung von digitalen Vertriebsmodellen, beim Aufbau von digitalen Geschäftsmodellen, bei Expertisen rund um Onlinehandel und der operativen Umsetzung im Bereich Organisation, Prozesse, Innovation, Change-Management und Unternehmenskultur. Er ist Gründer der Carpathia AG, der unabhängigen und neutralen Unternehmensberatung für Digital-Business, E-Commerce und Digitale Transformation im Handel. Zudem ist er Autor von zahlreichen Fachartikeln und -studien, Dozent für Online-Vertriebsmodelle an verschiedenen Hochschulen sowie gefragter Keynote-Speaker zu E-Commerce und Digital Transformation im Handel. Er ist Initiator und Organisator der Connect - Digital Commerce Conference sowie des Digital Commerce Awards. Der von ihm gegründete Carpathia Digital-Business-Blog (https://blog.carpathia.ch) zählt im deutsch-sprachigen Raum zu den wichtigsten unabhängigen Publikationen im Digitalen Handel. Medien bezeichnen ihn als digitalen Vordenker, zitieren und interviewen ihn regelmässig . Am Mittwoch 17. November hat Thomas Lang für immer die Augen geschlossen.

3 KOMMENTARE

  1. Hallo Herr Heinemann,
    aus meiner Sicht habe Sie mit einer Aussage vollkommen recht, Rabatte, Nachlässe, Bundle etc, taugen nicht um gegen ein A Prime System an zu treten.

    Hier stellt sich nun die Frage, welche Strategie Google mit Google Home verfolgt…. weg von der Suchmaschine hin zu Antwortmaschine und wie will Google in diesem Kontext Umsatz und Marge generieren?

    Nach meinem Gusto hat Amazon mit Prime den derzeit entscheidenden Wurf getätigt und der restliche Handel wäre gut beraten entweder eine Kooperation zu einem anderen Partner zu suchen (siehe Google) oder eine eigene Plattform zu entwickeln.

    Ihre Einschätzung zum LEH in Deutschland teile ich und in der Schweiz ist dieser tatsächlich derzeit noch Kernkompetenz der Mirgros und Coop.

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