«Es reicht heutzutage nicht mehr, einfach nur Produkte zu verkaufen»

0
3156

Im Vorleld zur diesjährigen Ausgabe der Connect – Digital Commerce Conference am 23. Mai 2018, der nachfolgenden feierlichen Preisverleihung der Digital Commerce Awards und der fast schon legendären Digital Commerce Night bin ich dem topsoft Fachmagazin Red & Antwort gestanden.

Nachfolgend ein Auszug aus dem Interview.

topsoft: Letztes Jahr haben Sie gesagt, dass sich E-Commerce immer mehr weg vom reinen Produkteverkauf in Richtung Lösungsanbieter wandelt. Auch erwartet der Kunde eine klare Personalisierung des Angebots. Gibt es für 2018 andere, neue Trends, die sich abzeichnen?

Thomas Lang: Die erwähnten Trends stehen nach wie vor hoch im Kurs, wenn es darum geht, den Kunden optimal zu bedienen im digitalen Kanal. Was aktuell noch hinzukommt, ist, dass sich an verschiedenen Fronten neue technologische Möglichkeiten bieten.

Zum einen ist eine baldige Abkehr vom Desktop bzw. Laptop zu erwarten und wir interagieren vermehrt mit neuen Geräten, wie einfachen Nachbestell-Knöpfen oder komplexen Devices, die wir mit der Stimme bedienen, was unserer gewöhnlichen Konversation entspricht und uns Menschen am nächsten liegt. Hier einzuordnen sind auch Konzepte des sogenannten Conversational-Commerce, zu denen man die aktuell überall eingeführten Chatbots zählt.

Welche E-Commerce-Anbieter, insbesondere aus der Schweiz, fallen hier positiv auf?

Es sind primär diejenigen, die in der vordersten Liga mitspielen und auch im vergangenen Jahr umsatzmässig spürbar zulegen konnten. Mir persönlich gefällt der fast schon radikale Ansatz von Microspot, nämlich auf eine Navigation zu verzichten (sie wird anfänglich noch
eingeblendet, weil die Nutzer dieses Konzept evtl. noch nicht verstehen). Im Zentrum steht jedoch die Suche. Weil je länger je mehr umfangreiche Sortimente von mehreren  Hunderttausend bis Millionen von Produkten nicht mehr über eine Kategorisierung rsp. Navigation zugänglich gemacht werden können.

Auch Coop@Home finde ich spannend, weil sie kontinuierlich neue Services integrieren und die stationäre Welt in den digitalen Raum bringen. So die Online-Metzgerei, das «Chäshüsli», frischen Fisch und mehr. Ex Libris ist innovativ immer ganz vorne dabei, gerade wenn es um Personalisierung geht. Und der grösste Shop für Bücher, Filme, Musik etc. der Schweiz ist online derart erfolgreich (knapp 80% der Umsätze erfolgen über digitale Kanäle), dass man radikal das Filialnetz zusammenstreichen musste. Ein konsequentes Vorgehen, das wohl im Schweizer Detailhandel bald Schule machen wird.

Und Zalando nicht zu vergessen! Ein sehr schönes Beispiel, wie sich diese Plattform entwickelt hat. Nicht nur umsatzmässig mit atemberaubenden Wachstumszahlen. Zalando verkauft schon länger keine Kleider mehr – bitte nicht falsch verstehen – sondern hilft mit Services, Beratung und Personalisierung, dass ich gut aussehe und der Kleiderkauf wieder Spass macht.

Gibt es Anbieter, bei denen die Alarmglocken läuten sollten, weil sie sonst schon bald den Anschluss verlieren? 

Im Umkehrschluss zu den obigen Antworten sollten bei all jenen die Alarmglocken läuten, die nach wie vor einfach nur Produkte verkaufen. Mit Verlaub, das kann heute jeder. Es kostet mich zwei Tage Aufwand, einen geschickten Logistiker und einen guten Lieferanten in Asien (etwas sehr vereinfacht gesagt) zu finden.

Es reicht heutzutage nicht mehr, einfach nur Produkte zu verkaufen. Der Kunde will Lösungen und als Händler muss ich Lösungen anbieten können, was mir Gelegenheit gibt, auch meine Kompetenz zu kommunizieren. Die Wenigsten suchen online einen Steinbohrer, Dübel und eine M5-Schraube, sondern eine Lösung, um ein Bild mit den Massen 40 x 60 cm an einer Wand zu befestigen. Die Wenigsten suchen online Schuhe von X, ein Kleid von Y und eine Tasche von Z, sondern wollen an einem Empfang gut aussehen.

Das heisst, alle, die «just another online shop» sind, werden schwer zu kämpfen haben. Alle Omni-Channel-Händler, die nicht sowohl an der Bahnhofstrasse als auch online Best-in-Class sind, werden sich anstrengen müssen. Und obendrauf, alle, die den internationalen
Schwergewichten, wie Amazon und Zalando, nichts entgegenhalten können, werden schwer zu kämpfen haben.

Das gesamte Interview als PDF zum Download auf unserer Website.

Der Vorverkauf läuft auf Hochtouren und die Ticketanzahl ist limitiert. Aktuell sind noch Regular-Kontingente verfügbar.

Connect - Digital Commerce Conference - 23. Mai 2018 - X-Tra Zürich
Connect – Digital Commerce Conference – 23. Mai 2018 – X-Tra Zürich


letzter ArtikelVorverkauf der Connect – Digital Commerce Conference 2018 läuft auch Hochtouren
nächster ArtikelOnlinefood: Farmy.ch holt sich 3 Mio vom Bund, expandiert und will kostenlos liefern
Thomas Lang, Betriebsökonom und Wirtschaftsinformatiker, unterstützte Unternehmen bei der Strategieentwicklung von digitalen Vertriebsmodellen, beim Aufbau von digitalen Geschäftsmodellen, bei Expertisen rund um Onlinehandel und der operativen Umsetzung im Bereich Organisation, Prozesse, Innovation, Change-Management und Unternehmenskultur. Er ist Gründer der Carpathia AG, der unabhängigen und neutralen Unternehmensberatung für Digital-Business, E-Commerce und Digitale Transformation im Handel. Zudem ist er Autor von zahlreichen Fachartikeln und -studien, Dozent für Online-Vertriebsmodelle an verschiedenen Hochschulen sowie gefragter Keynote-Speaker zu E-Commerce und Digital Transformation im Handel. Er ist Initiator und Organisator der Connect - Digital Commerce Conference sowie des Digital Commerce Awards. Der von ihm gegründete Carpathia Digital-Business-Blog (https://blog.carpathia.ch) zählt im deutsch-sprachigen Raum zu den wichtigsten unabhängigen Publikationen im Digitalen Handel. Medien bezeichnen ihn als digitalen Vordenker, zitieren und interviewen ihn regelmässig . Am Mittwoch 17. November hat Thomas Lang für immer die Augen geschlossen.

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT

Bitte fügen Sie ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie ihren Namen hier ein