Kassenlose Läden: Wieviel Amazon Go steckt in Valoras Avec Box?

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Diese Woche wurde das Avec Box Konzept bekannt, Valoras erster Laden ohne Kassen. Der mediale Vergleich mit Amazon Go liess nicht lange auf sich warten (Valora lanciert das Amazon Go der Schweiz). Doch ist der Vergleich der Avec Box mit Amazon Go überhaupt zulässig? Wir haben uns die beiden Konzepte genauer angeschaut.

Avec Box: Das kassenlose Ladenkonzept von Valora
Avec Box: Das kassenlose Ladenkonzept von Valora

Eines scheint klar, der Schock, den Amazon Go auch in der Schweizer Retailwelt ausgelöst hat, scheint immer noch tief zu sitzen. Da kommt ein Onliner, oder besser mittlerweile eine der grössten Tech-Companies der Welt und zeigt, wie mit viel Technologie die Retailwelt morgen aussehen kann (Warum Amazon rafft, was der Detailhandel nicht schafft).

Übrigens etwas, was sich auch in Asien sehr schön beobachten lässt, wo Alibaba seit einigen Monaten „The New Retail“ ausrollt: Alibaba zeigt, wie der Detailhandel der Zukunft aussieht.

Kassenloser Laden: Konzept der Zukunft oder Gegenwart?

Das Grundproblem ist klar. Konsumenten haben immer weniger Zeit, kaufen spontan und wenig ein, Convenience ist gefragt. Auf der anderen Seite macht gerade in der Schweiz das Personal einen hohen Anteil der Kosten aus. Es liegt also auf der Hand, dass auch im Detailhandel der Automatisierungsgrad drastisch erhöht werden muss. Self-Chckouts und Self-Scanning wird vielerorts bereits getestet oder ist eingeführt. Andere Branchen sind da um Jahrzehnte weiter wie zB. Bancomaten, SBB-Ticket-Automaten und -Apps oder Tankstellen.

Auch die Avec-Box von Valora geht in diese Richtung:

Zutritt, Einkauf und Bezahlung per App: Wir lancieren mit avec box den modernsten Convenience Store der Schweiz. Unsere Kunden profitieren von sehr langen Öffnungszeiten und einem unkomplizierten Einkaufen.

Der erste Standort der ganz ohne Kassen auskommt sei im Frühjahr 2019 in Wetzikon im Zürcher Oberland geplant auf dem Areal des SBB Bahnhofs. Angestrebt werden Öffnungszeiten von 7 x 24 Stunden.

Self-Scanning Technologie vs. Artificial Intelligence

Auch wenn sowohl Amazon Go wie auch die Avec Box keine Kassen mehr haben, so scheint das bislang doch die einzige Gemeinsamkeit der beiden Konzepte bei näherem Hinschauen.

Bei beiden Formaten erfolgt der Zutritt über die App, der Kunde wird also beim Betreten des Ladens identifiziert, oder zumindest sein Smartphone. Das war’s dann offensichtlich bereits mit den Gemeinsamkeiten, zumindest nach heutigem Stand.

Bei Amazon Go erfolgt die Registrierung der Einkäufe über Kameras; aus dem Regal genommene Produkte werden erkannt wie auch der Käufer. Sie werden diesem ohne manuelles Zutun direkt dem virtuellen Einkaufskorb hinzugefügt. Beim Verlassen des Ladens erfolgt die Bezahlung automatisch in der Amazon App.

Oder wie Olaf Kollbrück von etailment die Technik dahinter, die sogenannte „Sensor Fusion“ beschrieb:

Kameras und eine Kombination unterschiedlicher Sensoren füttern also einen lernenden Algorithmus, der erkennen soll, welche Produkte Kunden aus dem Regal nehmen – oder wieder zurückstellen.

Amazon dürfte dabei auf eine Technik bauen, die ähnlich der Gesichtserkennung Gegenstände aus unterschiedlichsten Winkeln erkennt und über Modelle, wie wir sie von RFID kennen, die jeweilige Position von Kunde und Produkt bestimmen.

Zudem können Sensoren zum Einsatz kommen, die das Gewicht der Produkte im Regal – oder gar das Gewicht oder die Größe des Kunden erkennen.

Amazon Go als Konzept wurde übrigens fast auf den Tag genau 2 Jahre vor der Avec Box lanciert und hatte da bereits 4 Jahre Entwicklungszeit hinter sich. Das Patent wurde 2014 angemeldet.

Anders bei der Avec Box. Dort scannt der Kunde jedes Produkt, das er aus dem Regal nimmt mit seinem Smartphone und bezahlt die Einkäufe auch via App beim Verlassen des Ladenlokals.

Vom Konzept her kein grosser Unterschied zu den Supermarkt-Formaten von Coop und Migros mit den Self-Scanning Kassen ausser, dass bei der Avec Box überhaupt keine bedienten Kassen mehr vorhanden sind. Das Pesonal im Laden befüllt die Regale und unterstützt beim Einkaufen.

Unterschiedliche Ladenformate

Valora will das Avec Box Konzept nach erfolgreichen Tests in weiteren Teilen der Schweiz ausrollen und man darf davon ausgehen, dass da technologisch noch nachgerüstet wird. Das für den Pilotstandort in Wetzikon geplante Format hat laut Valora eine Fläche von 53 Quadratmetern.

Mit dieser Fläche ist die Avec Box rund halb so gross wie die unbemannten Amazon Go Formate, die um die 120 Quadratmeter aufweisen. Aktuell gibt es in Seattle und Chicago jeweils drei solcher Formate und eines derzeit in San Francicso. Weitere sind geplant.

Von Amazon ist bekannt, dass sie das Amazon Go Konzept und die damit zusammenhängende Technologie auch als Lizenz vertreiben könnten. Aktuell soll die Technologie auch für deutlich grössere Formate gestestet werden. Gut möglich also, dass die im vergangenen Jahr durch Amazon übernommenen Whole Foods Läden in Zukunft kassenlos betrieben werden könnten.

Und wann kommt also der erste komplett kassenlose Coop oder Migros mit einer substantiellen Fläche in der Schweiz?



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Thomas Lang, Betriebsökonom und Wirtschaftsinformatiker, unterstützte Unternehmen bei der Strategieentwicklung von digitalen Vertriebsmodellen, beim Aufbau von digitalen Geschäftsmodellen, bei Expertisen rund um Onlinehandel und der operativen Umsetzung im Bereich Organisation, Prozesse, Innovation, Change-Management und Unternehmenskultur. Er ist Gründer der Carpathia AG, der unabhängigen und neutralen Unternehmensberatung für Digital-Business, E-Commerce und Digitale Transformation im Handel. Zudem ist er Autor von zahlreichen Fachartikeln und -studien, Dozent für Online-Vertriebsmodelle an verschiedenen Hochschulen sowie gefragter Keynote-Speaker zu E-Commerce und Digital Transformation im Handel. Er ist Initiator und Organisator der Connect - Digital Commerce Conference sowie des Digital Commerce Awards. Der von ihm gegründete Carpathia Digital-Business-Blog (https://blog.carpathia.ch) zählt im deutsch-sprachigen Raum zu den wichtigsten unabhängigen Publikationen im Digitalen Handel. Medien bezeichnen ihn als digitalen Vordenker, zitieren und interviewen ihn regelmässig . Am Mittwoch 17. November hat Thomas Lang für immer die Augen geschlossen.

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