Warum Alibaba den Schweizer Handel mehr in Bedrängnis bringt als Amazon

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Eigentlich wird viel zu fest auf Amazon fokussiert und dabei erst noch oft falsch interpretiert (Amazon und die Schweiz; es ist (nicht) kompliziert). Trotz oder gerade wegen seiner Marktmacht erscheint Amazon berechenbarer für den Schweizer Retail als chinesische Händler und Plattformen wie Alibaba, JD oder Wish.

Schweizer Händler sorgen sich mehr um Alibaba als um Amazon
Schweizer Händler sorgen sich mehr um Alibaba als um Amazon

Alibaba und Wish haben im vergangenen Jahr 2017 ihre geschätzten Umsätze in der Schweiz mehr als verdoppelt und die Paketflut aus China scheint unaufhörlich zu wachsen:

Währenddessen Amazon sich brav an die neuen Regelungen zu halten scheint, welche die Teilrevision des MwSt-Gesetzes im neuen Jahr bringt und zumindest für seine US-Plattform die Konsequenzen für Schweizer Kunden gezogen hat (Keine Lieferung mehr an Schweizer Adressen durch Amazon.com (USA)) sieht es bei den chinesische Plattformen anders aus.

Die Probleme akzentuieren sich unter anderem wie folgt:

  1. Per Anfang 2019 werden alle internationalen Händler mit mehr als CHF 100’000 Umsatz verpflichtet, die Schweizer MwSt zu entrichten. Alibaba jedoch ist eine Plattform; der Marktplatz vermittelt nur Waren von Abertausenden von Kleinsthändlern aus irgendwo in China. Ein Einzug der MwSt von diesen Händlern wird kaum möglich sein.
  2. Der überwiegende Teil der Importsendungen welche die Schweiz erreicht, ist falsch deklariert. Man spricht von über 90% der China-Pakete. Der Grossteil davon als „Geschenk“ oder „Warenmuster“ und einem Wert von 5 Dollar deklariert, wo kein Zoll anfallen würde, wenn denn wirklich nichts anderes drinnen wäre.
  3. Die Waren aus China laufen an jeglichen Kontrollen vorbei, entsprechen keinerlei Vorschriften wie Etikettierung oder Zertifizierungen. Gerade bei Elektronikartikeln nicht ungefährlich, wenn diese keinen Vorschriften standhalten müssen. Was also, wenn ein fehlerhafter oder nicht konformer Adapter einen Brand auslöst und die Versicherung dann auf Leistungen verzichtet, weil das Gerät nicht den Vorschriften genügte?

Dies nur wenige Punkte, die Schweizer Händler – und auch Amazon – in der Regel erfüllen und für die sie auch haftbar gemacht werden können.

Auch die NZZ titelte diese Woche „Alibaba bereitet Schweizer Online-Händlern mehr Sorgen als Amazon“ und schreibt von einem exponentiellen Paketmengen Wachstum:

Seit drei Jahren wächst die Paketflut aus Asien rasant. Allein im vergangenen Jahr wurden 17,5 Mio. Kleinwarensendungen in die Schweiz geliefert; das sind über 50% mehr als noch zwei Jahre zuvor.

Bei der Post geht man davon aus, dass dieser Trend anhalten und die Zahl solcher Pakete aus Asien bis 2020 auf jährlich über 40 Mio. steigen wird. Einen bedeutenden Anteil an diesem «Päckli»-Boom haben chinesische Online-Händler.

Kommt hinzu, dass ein Paket aus China an eine Schweizer Adresse unter Umständen weniger Porto kostet als das gleiche Paket, welches ich meinem Nachbar schicke. Grund sind die Subventionen durch den Weltpostverband, der China nach wie vor als Entwicklungsland einstuft und diese Subventionen gewährt. Diese werden in den kommenden Jahren jedoch sukzessive zurückgefahren.

Chinesische Händler und Plattformbetreiber sind schlau und agil. Lieferungen aus China erreichen Schweizer Kunden immer schneller und die grossen Plattformen wie JD und Alibaba arbeiten an Strategien, ihre Präsenz in Europa zu stärken. Alibaba baut derzeit gerade ein gigantisches Logistikzentrum im belgischen Lüttich, das 380’000 Quadratmeter umfassen soll. Als Vergleich, Galaxus startet in Deutschland mit einer Lagerfläche von 5’500 m2.

Amazon ist kalkulierbarer geworden, derweil die chinesischen Plattformen und Händler für die Schweiz unberechenbar bleiben.

Weitere Einschätzungen zu Amazon wie auch zu Alibaba & Co in der Nachrichtensendung 10vor10 von SRF diese Woche.



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Thomas Lang, Betriebsökonom und Wirtschaftsinformatiker, unterstützte Unternehmen bei der Strategieentwicklung von digitalen Vertriebsmodellen, beim Aufbau von digitalen Geschäftsmodellen, bei Expertisen rund um Onlinehandel und der operativen Umsetzung im Bereich Organisation, Prozesse, Innovation, Change-Management und Unternehmenskultur. Er ist Gründer der Carpathia AG, der unabhängigen und neutralen Unternehmensberatung für Digital-Business, E-Commerce und Digitale Transformation im Handel. Zudem ist er Autor von zahlreichen Fachartikeln und -studien, Dozent für Online-Vertriebsmodelle an verschiedenen Hochschulen sowie gefragter Keynote-Speaker zu E-Commerce und Digital Transformation im Handel. Er ist Initiator und Organisator der Connect - Digital Commerce Conference sowie des Digital Commerce Awards. Der von ihm gegründete Carpathia Digital-Business-Blog (https://blog.carpathia.ch) zählt im deutsch-sprachigen Raum zu den wichtigsten unabhängigen Publikationen im Digitalen Handel. Medien bezeichnen ihn als digitalen Vordenker, zitieren und interviewen ihn regelmässig . Am Mittwoch 17. November hat Thomas Lang für immer die Augen geschlossen.

2 KOMMENTARE

  1. Gefährlich für die Schweizer Händler insbesondere, als dass ich dasselbe Elektronikzibehör oft für wenige Franken bei Aliexpress kaufen kann, wogegen mir in der Schweiz Margen von locker 1000% (!) aufgerechnet werden. Davor fürchten sich die Schweizer (Zwischen)händler – dank der Digitalisierung werden sie nicht mehr gebraucht…

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