Amazon hat die Umsatzzahlen für 2018 bekannt gegeben und konnte die Einnahmen konzernweit in allen Sparten um knapp 31% auf USD 232.9 Milliarden steigern (Vorjahr: USD 177.9 Mrd).
Die einzelnen Segmente sind jedoch unterschiedlich gewachsen, wie Jochen Krisch bei ExcitingCommerce die Erlösströme aufgeschlüsselt hat:
So hat sich 2018 das Advertising Geschäft mehr als verdoppelt und steuerte mehr als USD 10 Milliarden an die Einnahmen ein. Auch das Cloudcomputing Geschäft rund um die Amazon Web Services (AWS) legte um fast die Hälfte zu auf USD 25.7 Milliarden.
Auf Konzernebene konnten mehr als USD 160 Milliarden Umsatz aus dem Handelsgeschäft erzielt werden, wobei das Wachstum stark getrieben wurde von den 2017 übernommenen WholeFoods Märkten.
Amazon-Deutschland: USD 19.9 Mrd
Im vergangenen Jahr konnte Amazon in Deutschland seine Umsätze in USD von 16.9 Mrd. auf 19.9. Milliarden steigern, was einem Plus von 17.8% entspricht. In EUR umgerechnet entspricht das Umsatzergebnis wechselkursbedingt noch einem Plus von 12.2% mit einem Umsatz von EUR 16.8 Mrd. ggü. 15 Mrd. im Vorjahr.
Die von Amazon publizierten Umsätze umfassen auch für Deutschland die eigenen Handelsumsätze plus die Erlöse aus dem Marktplatzgeschäft inklusive Fulfillment. Ebenfalls darin enthalten sind Einnahmen aus den Amazon-Prime Mitgliedschaften, Marketing-Services bis hin zum AWS-Geschäft in Deutschland.
Der reine Handelsumsatz liegt damit unter den EUR 16.8 Milliarden, was jedoch nicht dem Marktanteil entspricht.
Modellrechung: GMV Deutschland (Szenario)
Aus Sicht der Marktanalyse ist der Gesamtumsatz aus dem Handel spannender, den Amazon in Deutschland erzielte, worauf sich dann auch der Marktanteil ableiten lässt. Der gesamte Onlinehandel mit Waren wurde vom BeVH vergangene Woche mit Brutto EUR 65 Milliarden beziffert (Deutscher E-Commerce 2018: Zweistelliges Umsatzwachstum (+11.4%) mit Lebensmitteln als Wachstums-Champion).
Wobei Brutto heisst, inklusive Umsatzsteuer und wohl wenig Retouren bereinigt. Daher ist dieser Gesamtumsatz vom BeVH mit Vorsicht zu geniessen und nur sehr eingeschränkt vergleichbar.
Doch wie viele Ware setzte Amazon in Deutschland gesamthaft um?
Die Antwort auf diese Frage ist weniger betriebswirtschaftlich interessant sondern vor allem bzgl. Marktanteilen. Wir haben versucht, dies in einer Modellrechnung herzuleiten – möchten ganz klar darauf hinweisen, dass es sich um ein Szenario handelt, dass von einigen Annahmen ausgeht. Unter anderem von folgenden:
- Die publizierten Erlöse für Deutschland enthalten nicht handelrelevante Umsätze (AWS, Marketing, Prime-Mitgliedschaften etc.) die proportional ähnlich sind wie global, wo sie einzeln ausgewiesen wurden.
- Die Verteilung zwischen Eigenhandelsumsätzen und Marktplatzumsätzen hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen und 2017 erstmals die Grenze von 50% überschritten.
- Für das Szenario gehen wir von einer durchschnittlichen Provison von 15% im Marktplatzgeschäft aus, was Verkaufsprovisionen wie auch Kommissionen aus dem Fulfillmentgeschäft inkludiert.
Grundlagen für das Szenario
Die Annahmen und Variablen für die Berechnung des Szenarios im Detail. Alle Angaben stammen von den offiziellen SEC-Filings von Amazon in den USA.
Einnahmen aus dem Handelsgeschäft in Deutschland
Die Einnahmen aus dem Handelsgeschäft (Retail und Provisionen aus Marketplace) gestalten sich in diesem Szenario wie folgt:
Gesamter Amazon Umsatz GMV, Retail und Marketplace (Szenario)
Abgeleitet von den obigen Korrekturen – Reduktion des Nettoumsatzes um Einnahmen aus AWS, Marketing, Prime-Mitgliedschaften u.a. – und unter den genannten Annahmen bzgl. Aufteilung Retail und Marketplace und durchschnittlichen Provisionen ergibt sich in diesem Szenario folgende Entwicklung des gesamten Handelsumsatzes von Amazon in Deutschland:
Damit hat Amazon erneut ungefähr die Hälfte des deutschen E-Commerce 2018 bewältigt. Die Einflüsse von Amazon auf den deutschen Handel gehen jedoch noch viel weiter hinaus.
Mittlerweile beginnt auch in Deutschland mehr als jede zweite Produktsuche bei Amazon. Der Einfluss des US-Riesen ist daher auch auf den stationären Detailhandel gewaltig. Denn nur zu oft orientieren sich Kunden zuerst online bei Amazon, lesen Rezensionen und mehr und kaufen dann dennoch stationär.
Amazon ist auch in der Schweiz gestartet und nimmt langsam an Fahrt auf. Welche Potentiale sich gerade für Hersteller, Brands und auch Grosshändler bieten, sind beeindruckend.
Wer mehr dazu erfahren und sich bereit machen will für Amazon, für den hat unser Amazon Competence Hub verschiedende massgeschneiderte Service-Pakete im Angebot. Ende Februar findet der erste Amazon-Starter Workshop statt, noch sind wenige Plätze frei.
Die Annahmen zu 1 bis 3 können so nicht stimmen:
Zu 1 – Die Proportionalität muss in Frage gestellt werden, denn zahlen anderer Marktplätze haben deutliche unterschiede hinsichtlich der Länderumsätze gezeigt. Aber auch Zahlen die nur indiziell Aussagekraft haben (z.B. von marketplacepulse.com) deuten darauf hin, dass die Proportionalität nicht stimmt.
Zu 2 – Es ist NIE eine 50% Verteilung von Amazon veröffentlicht worden. Hier liest es sich lediglich so, dass mehr als 50% DER SENDUNGEN von den 3P-Sellern gestemmt worden sind. Im Kontext der Umsatzandeutung der Händler im LtS von JB deutet es eher daraufhin, dass zwar einen Großteil der Sendungen von den 3P-Sellern stammt, aber der Großteil des Umsatzes bei Amazon liegt (Meine These: Amazon selbst hat höhere Warenkörbe)
Zu 3 – 15% sind bei weitem zu gering über 70% der 3P-Seller nutzen FF (Quelle: marketplacepulse.com). Nimmt man jetzt die Produktverteilung der 3P-Seller in den unterschiedl. Kat. und die Prov. Unter die Lupe könnte man zu einem wesentlich höheren Ergebnis kommen (Meine These: Gebühren über 35% scheinen realistisch. Das wird auch durch die Aussage versch. ERP/WAWI-Dienstleister & Stb. gestützt)
Fazit: Mit falschen und/oder unrichtigen Annahmen kann man eine Marktdominanz errechnen die dienlich aber dennoch falsch ist.
Hi Mark, vielen Dank für Deine Einschätzungen. Diese „Marktdominanz“ ist klar als Szenario mit allen Parameter und Herleitungen deklariert und offen für Diskussionen. Danke für Deinen Beitrag. Dienlich soll diese „Marktdominanz“ keinesfalls sein und falls dem so sein sollte, wüsste ich nicht wem. Bei 2) gebe ich Dir absolut recht, dass der Split Pakete und Umsatz absolut divergieren kann.
Das Szenario soll ein möglicher Marktanteil / GMV zeigen, weitere Szenarien sind möglich und willkommen.
[…] damit auch den Marktanteil zu berechnen: GMV in Deutschland von über EUR 30 Milliarden ermitteltAmazon Deutschland wächst auf knapp USD 20 Milliarden Umsatz (GMV Szenario) – t3n hat basierend auf unserem Szenario und den nun neuen Zahlen gar ein GMV von über EUR […]
Vielen Dank für die zusammengetragenen Zahlen, ihre Markteinschätzungen Herr Lang und ihre Einschätzung Herr Steier. Sehr aufschlussreich.
[…] haben im Februar ein GMV-Szenario auf den offiziellen SEC-Filing-Zahlen berechnet – notabene noch vor Bekanntwerden von Jeff Bezos Aktionsärsbrief im April – und sind […]