Marktplätze – Quo vadis? – Videomitschnitt der #dcomzh

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Das Thema Marktplätze bewegt weiterhin die Gemüter im E-Commerce. Wie gehen Hersteller und Brands mit diesem Thema um und vor welchen Herausforderungen stehen Schweizer Marktplätze, wie beispielsweise ein Ricardo?

Diese und weitere Fragen wurden im Panel Marktplätze – Quo vadis? an der Connect mit folgenden Panel-Teilnehmern behandelt:

  • Julius Ilg, Head of Category Geschätsleitungsmitglied bei ricardo.ch
  • Timo Goretzki, Head of Digital / eCommerce bei Unilever
  • Stefan Wenzel, Managing Director Digital bei Tom Tailor
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Julius Ilg (Ricardo), Timo Goretzki (Unilever) und Stefan Wenzel (Tom Tailor) auf der Bühne an der #dcomzh 2019 zum Thema Marktplätze. Moderiert von Malte Polzin (Carpathia).

Positionierung als aktuelle Herausforderung

Die Frage nach den aktuellen Herausforderungen hat sowohl Stefan Wenzel als auch Julius Ilg über das Thema Positionierung sprechen lassen — wenn auch aus unterschiedlichen Perspektiven.

Tom Tailors Sortiment besteht aus Bekleidung und Accessoires für Männer und Frauen aller Altersgruppen im mittleren Preissegment. Stefan Wenzel meinte, dass die grösste Herausforderung für Tom Tailor darin bestehe, tatsächlich eine Marke zu sein:

Eine Marke ist etwas, das eine Bedeutung beim Konsumenten hat. […] Gerade als Marke im mittleren Preissegement ist es noch schwieriger, ein Profil zu haben.

Umso wichtiger sei es aber gerade in diesem Umfeld, eine starke Marke zu haben.

Für Julius Ilg von Ricardo ist die Positionierung ein ebenso wichtiges Thema, welches das Unternehmen im Zuge einer strategischen Neuausrichtung erfolgreich gemeistert hat. Ricardo setze nun voll auf das Thema Gebrauchtwaren und kämpfe damit nicht mehr gegen Amazon, Galaxus und Co.

Um diese Neupositionierung zu erreichen, hätten sie gar Neuware von professionellen Anbietern entfernt. Bei neuen Kooperationen mit Fust, Mediamarkt und Microspot setzen sie auf den Verkauf von Retouren und Lagerware. Wenn heute Neuware auf Ricardo zu finden sein, dann seien dies Outlet- oder Second-Season-Artikel.

Marktplätze als weiterer Vertriebskanal bei Unilever und Tom Tailor

Unilever ist weltweit einer der grössten Hersteller von Verbrauchsgütern in den Geschäftsbereichen Nahrungsmittel, Kosmetika, Körperpflege- sowie Haushalts- und Textilpflegeprodukte. Dem Konzern gehören 400 Marken, darunter Axe, Knorr und Cif, um nur ein paar der bekannten zu nennen.

Das Thema Marktplätze sei für Unilever Schweiz nicht so gross wie in Deutschland. Dort würde Unilever sowohl als Vendor als auch als Seller verkaufen. Als Vendor werde das Kernportfolio verkauft, als Seller eher neue Marken und kleine Los-Grössen.

Die Reise für Unilever Schweiz gehe aber auch dahin, selbst online zu verkaufen. Dies sei ein Thema, das in den nächsten Jahren angegangen werde.

Bei Tom Tailor sind Marktplätze ebenso ein Thema: Europaweit werde auf 15 Marktplätzen verkauft. Stefan Wenzel nennt folgende drei Vetriebsformen von Tom Tailor:

  1. Direkter Verkauf über den Markenshop
  2. B2B über das Vendoren-Modell
  3. …und dieses Modell komplettierend, jedoch von zweiter Priorität: Marktplätze.

Ein Beispiel: An Zalando werde einerseits über das Vendoren-Modell, andererseits über den Marktplatz mit direkter Anbindung ans Fulfillment verkauft.

Warum haben Marktplätze letzte Priorität? Stefan Wenzel macht den allen nicht ganz unbekannten Weckruf und fordert Hersteller und Händler dazu auf, sich vom Glanz der Plattformen nicht blenden zu lassen.

Eine wichtige Frage muss geklärt sein

Vor der Entscheidung, über einen Marktplatz zu verkaufen, müsse diese Frage geklärt sein: Ist die erste Transaktion profitabel? Dabei müsse beachtet werden, dass nicht nur die Logistikkosten, sondern mittlerweile auch Kosten für die Visibilität auf einem Marktplatz hoch seien und dies bei sehr kleinen Warenkörben.

Sich die Frage für die erste Transaktion zu stellen sei deshalb wichtig, weil man bei einem Marktplatz-Kunden keinen Customer Lifetime Value (CLV) habe. Es handelt sich um einen einmaligen Verkauf.

Das Video des Panels gibt es in voller Länge auf unserem Youtube-Kanal zu sehen:



2 KOMMENTARE

  1. Ich persönlich glaube, dass der grosse Hype der Marktplätze wie wir die Heute kennen bereits wieder vorbei ist. Der Endkunde möchte sich nich an einen bestimmten Marktplatz binden und nur seine Produkte finden. Er ist flexibel geworden und wechselt je nachdem welche Kriterien ihm wichtig sind zu einem anderen Merchant.

    Oder wer von Euch hat nicht gleichzeitig einen Account bei Digitec, Microspot und Brack?

    Auf der anderen Seite sehe ich wie viele Merchants bei den Marktplätzen über den Tisch gezogen werden. Ihnen werden wichtige Anteile der Marche gestohlen, vermeintlich weil der Preisdruck zu hoch ist.

    Ich glaube viel eher an die Strategie von Shopify, jedem Merchant mit einem eigenen Shop alle Funktionen zur Verfügung zu stellen die er braucht. Und zusätzlich auch gleiche alle Channels die er braucht. Ein Channel davon kann dann durchaus auch ein Marktplatz sein, muss aber nicht.

    So kann sich der Kunde mit dem Brand des Merchants identifizieren und nicht mit dem Brand des Marktplatzes! Längerfristig ist ein Brand zu kreieren für sich als Merchant besser, als den grossen Marktplatz-Brands nachzurennen.

    Mehr Infos zum mittlerweile riesigen Shopify-Ökosystem unter: https://1bt.ch/shopify 

    • Vielen Dank für Ihren Input. Der „Hype“ um Marktplätze ist vielleicht vorbei, jedoch sind Marktplätze deswegen heute nicht weniger wichtig. Ihre Argumente, dass Kunden bei Digitec, Brack oder Microspot Konten haben sowie dass Shopify ein Marktplatz-Plugin hat, untermauern das doch. Dass es für einen Händler jedoch nachhaltiger ist, die Kunden auf die eigenen Kanäle zu bringen und dort zu halten, dem stimme ich absolut zu. Doch die Kundin entscheidet und sollte sie ihre Produktsuche nun bei einem Marktplatz starten, dann sollte man auch dort präsent sein.

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