Evolution im B2B Digital Commerce [Maturity-Check]

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Obwohl im B2B Digital Commerce in Relation mit B2C bereits Volumen einer ganz anderen Grössenordnung umgesetzt werden, steht der Grossteil der B2B Unternehmen wie Hersteller, Marken oder Grosshändler erst ganz am Anfang der Entwicklung. Und erschliesst umfangreiche Potentiale kaum.

Aus diesem Grunde haben wir den B2B Maturity-Check entwickelt oder die Evolution im B2B Digital Commerce. Während sich viele B2B Unternehmen mit einem Onlineshop begnügen und sich damit schon am Ende der digitalen Transformation wähnen, lassen sie ungeahnte Potentiale unerschlossen.

Evolution im B2B Digital Commerce - Maturity-Check / (c) Carpathia AG 2019 - darf unter CC-Lizenz frei verwendet werden
Evolution im B2B Digital Commerce – Maturity-Check / (c) Carpathia AG 2019 – darf unter CC-Lizenz frei verwendet werden

Denn auch wenn ein B2B Onlineshop schon eine grosse Herausforderung darstellt – von den Produktdaten über die Prozesse, System-Integration, Abbildung individueller Konditionen und vieles mehr bis hin zu den kulturellen Veränderungen bei Vertriebs- und Distributionspartnern, Aussendienst-Mitarbeitern, Provisions-Modellen und mehr – stellt er doch nur die erste Stufe der Evolution dar.

Evolution im B2B Digital Commerce - Maturity-Check Stufe 1 B2B Onlineshop / (c) Carpathia AG 2019 - darf unter CC-Lizenz frei verwendet werden

Insbesondere trägt der B2B Onlineshop alleine noch sehr wenig zu möglichen Lock-In Effekten oder Loyalitätsvorteilen bei, noch unterstützt er die Prozesskosten Optimierung seitens des Kunden und vergibt damit nicht nur eine wichtige Vorteilskommunikation.

Lock-In/Loyalität und Prozesskosten Optimierung

Die dem B2B Onlineshop nachfolgenden Stufen in der Evolution haben wir bezüglich ihrer Auswirkungen auf Lock-In und Prozesskosten Optimierung bewertet. Selbstverständlich fällt diese Bewertung bei jedem Unternehmen differenziert aus, ermöglicht jedoch in dieser Form einen Überblick und eine Einordnung.

Je durchdringender die Lock-In Effekte und je einschneidender die Prozesskosten-Optimierungen, je näher rücken Anbieter und Nachfrager zusammen, sowohl technisch wie auch prozessual, organisatorisch oder gar räumlich.

Wir haben aufgrund unserer langjährigen Praxiserfahrung mit B2B Kunden und Mandaten nachfolgende Stufen identifiziert:

2 – Systemintegration

Evolution im B2B Digital Commerce - Maturity-Check Stufe 2 Systemintegration / (c) Carpathia AG 2019 - darf unter CC-Lizenz frei verwendet werden

Wenn wir im B2B Bereich von Digitalen Vertriebsmodellen oder Umsatzzahlen sprechen gilt es jeweils zu differenzieren, welche Erlöse über Online-/Mobile-Shops, Apps, Devices oder auch online Marktplätze und Beschaffungsplattformen erzielt werden und welche durch E-Procurement Lösungen durch System-Integrationen.

Nach unseren Erfahrungen lohnen sich solche Integrationen gerade für A-Kunden schnell, da spürbare Prozesskosten-Optimierungen erzielt werden können, auf beiden Seiten. Stillschweigend steigt natürlich auch der Lock-In bei einer entsprechenden IT-Anbindung. Ein Wechsel zu einem anderen Anbieter ist mit grösserem Aufwand verbunden und will mehr als einmal überlegt sein.

Hierbei gilt es die vernünftige Triage zu finden, für welche Kundentypen eine System-Anbindung ökonomisch sinnvoll ist und welche über die Online- und Mobile-Lösungen bedient werden sollen.

3 – Beratungsservices

Evolution im B2B Digital Commerce - Maturity-Check Stufe 3 Beratungsservices / (c) Carpathia AG 2019 - darf unter CC-Lizenz frei verwendet werden

Für viele Hersteller und Händler sind ihr Branchen- und Sortiments-Knowhow eines der wichtigsten Assets. Oft hat sie dies auch gross gemacht und legitimiert sie für ihre Position, die sie heute inne haben. Doch auch diese Position ist im digitalen Zeitalter gefährdet wenn es nicht gelingt, diese Beratungsservices unterschiedlichster Natur zu transformieren und mit den digitalen Services optimal und effizient zu integrieren.

Dabei sollen die Mitarbeiter mit modernster Technologie unterstützt werden bei ihrer Beratungsdienstleistung, Projektunterstützung und mehr die beim Kunden einen wahren Mehrwert generieren und damit die Loyalität stärken. Denn stimmt die Beratung – gerade im B2B – kann man sich dem ruinösen Preiskampf partiell entziehen.

Gelingt es dann auch noch, beim Kunden nachweislich die Prozesskosten zu optimieren in dem beispielsweise nicht nur subjektiv wahrgenommen sondern auch transparent wird, welche Aufwände bei einer Vollkostenbetrachtung eingespart werden, hat man einen nachhaltigen Differenzierungsfaktor etablieren können.

Abgerundet werden sollen diese kompromisslosen Beratungsdienstleistungen mit digitalen Helfern und Tools für den Kunden wie Budget- und Controlling-Instrumente bis hinzu E-Rechnungen die auch im B2B-Bereich einen hohen Grad an Convenience ermöglichen.

4 – Nutzungsservices

Evolution im B2B Digital Commerce - Maturity-Check Stufe 4 Nutzungsservices / (c) Carpathia AG 2019 - darf unter CC-Lizenz frei verwendet werden

Zugegeben, mit der Bezeichnung „Nutzungsservices“ bin ich noch nicht vollends zufrieden, wir verwenden sie einfach weiterhin mangels Alternativen (Vorschläge gerne in den Kommentaren).

Bei den Nutzungsservices geht es darum, Zugang und Nutzung der Produkte auf einen neuen Level zu heben. Neue Erlös- oder Geschäftsmodelle gehören hier dazu, die das bestehende Geschäftsmodell ergänzen oder gar konkurrenzieren mögen.

Denkbar und in der Praxis immer wieder anzutreffen sind Miet- statt Kaufkonzepte, Selfservice-Lager mit Verbrauchsmaterial vor Ort zB auf Baustellen wo automatisiert nach Verbrauch abgerechnet wird, quasi ein Selecta-Automat für Elektrotechnik, Sanitärbedarf, Bewehrungen und mehr.

Dass dabei Technologie eine entscheidende Rolle spielt, versteht sich von selbst. Ob für den Zugang zum Material oder Werkzeug, ob Autorisierung für deren Nutzung bis hin zu Abrechnung und Controlling-Instrumenten.

Denkbar auch die subventionierte oder kostenlose zur Verfügungstellung von Werkzeugen und deren Refinanzierung direkt durch das Verbrauchsmaterial und indirekt durch Nutzungsdaten die für die weitere Optimierung des Servicangebots verwendet werden kann.

5 – Logistikservices

Evolution im B2B Digital Commerce - Maturity-Check Stufe 5 Logistikservices / (c) Carpathia AG 2019 - darf unter CC-Lizenz frei verwendet werden

Die nächste Stufe sowohl bzgl. Lock-In wie auch Prozesskosten-Optimierung kann mit Logistikservices erklommen werden. Darunter haben wir Ausprägungen wie die Bewirtschaftung der Vorräte, Lager und Magazine vor Ort beim Kunden ebenso zusammengefasst wie hochgradig individualisierte Versand- und Zustelllogistik-Konzepte.

Nur schon für die Bewirtschaftung der Bestände vor Ort beim Kunden sind Dutzende von verschiedenen Modellen denkbar. Sei es eine periodische manuelle Kontrolle und Bevorratung bis hin zu vollautomatisierten Konzepten die abhängig von Füllständen oder menschlichen Interaktionen den Nachschub sicherstellen.

Übrigens handelt es sich hier nicht selten um bewährte B2B Logistikmodelle, die dann für B2C Innovationen Paten gestanden sind, wie beispielsweise der kürzlich wieder vom Markt genommene Dash-Button von Amazon (Den “Amazon Dash-Button” gibt’s im B2B schon 10 Jahre).

Eine besondere Herausforderung stellt die individualisierte Versand- und Zustelllogistik dar. Sei es die Anlieferung mit speziellen auf den Zustellort abgestimmten Fahrzeugen mit integrierter oder separater Ablademöglichkeiten wie Kran, Pumpen, Spezial-Gebinden etc. oder auch individuell ausgezeichnete Warensendungen.

Schon länger in der produzierenden Industrie und aktuell in der Bauwirtschaft durch die Einführung von BIM (Buidling Information Modelling) kommt der sequentiellen Anlieferung und Kommissionierung eine immer grössere Rolle zu. D.h. je nach Fortschritt wird massgeschneidert angeliefert und im Falle eines Baus auf Einheiten wie Stockwerke, Wohnungen oder gar Räume kommissioniert und geliefert.

Dass hierbei signifikante Prozesskosten Einsparungen seitens des Kunden und damit einher ein hoher Lock-In entsteht, bedarf keiner besondere Ausführung mehr.

6 – Plattformservices

Evolution im B2B Digital Commerce - Maturity-Check Stufe 6 Plattformservices / (c) Carpathia AG 2019 - darf unter CC-Lizenz frei verwendet werden

Bei Plattformen unterscheiden wir zwischen der passiven und der aktiven Strategie, die unterschiedliche Auswirkungen auf den Lock-In und Kosten haben kann.

Bei der passiven Plattformstrategie entscheiden sich B2B Händler oder auch Hersteller und Brands, Marktplätze in ihre Vertriebsstrategie zu integrieren und diese mit den bestehenden Vertriebskanälen zu orchestrieren.

Dabei sind die Herausforderungen vielschichtig und konzentrieren sich in vielen Fällen auch rund um den Verlust der Kontrolle und das Überdenken jahrzehntealter Sortiments- und Pricing-Strategien für verschiedene Regionen, welche beim Vertrieb über global agierende Plattformen wie beispielsweise Amazon, zur Makulatur verkommen. Dies nur ein Beispiel von zahlreichen Herausforderungen.

Die aktive Plattformstrategie ist bzgl. der Evolution und des Impacts auf Lock-In und Prozesskosten-Optimierung die interessantere Variante, wenn auch aufwändig und in den wenigsten Fällen heute noch eine Option, weil sich in vielen Branchen die Gatekeeper bereits etabliert haben.

In den wenigen verbleibenden Fällen offenbart die aktive Plattformstrategie ungeahnte Potentiale. Angefangen bei zusätzlichen Erlösquellen durch die Skalierung eigener Services wie Daten, Systeme, Prozesse oder auch Fulfillment- und Marketing-Dienstleistungen für Dritte.

Weiter die Gatekeeper-Funktion mit einer ausgeprägten Content-Commerce Strategie bis hin zu einem umfassenden Sortiment durch eigene und Produkte Dritter, die für den Kunden die Plattform als attraktive Single-Source-Beschaffung etabliert.

Und last but not least der strategische Wettbewerbsvorteil der Datenhoheit und die Kontrolle wie auch Monetarisierung des Kundenzugangs.

Und wo steht Ihr Unternehmen in der Entwicklung im B2B Digital Commerce?

Gerne zeigen wir Ihnen die Potentiale auf und formulieren die strategischen Handlungsfelder mit konkreten Handlungsempfehlungen inkl. adäquater und bewährter Messinstrumente auf.

Kontaktieren Sie uns einfach digital oder rufen Sie uns an: +41 44 252 68 88 – wir freuen uns auf Sie.



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Thomas Lang, Betriebsökonom und Wirtschaftsinformatiker, unterstützte Unternehmen bei der Strategieentwicklung von digitalen Vertriebsmodellen, beim Aufbau von digitalen Geschäftsmodellen, bei Expertisen rund um Onlinehandel und der operativen Umsetzung im Bereich Organisation, Prozesse, Innovation, Change-Management und Unternehmenskultur. Er ist Gründer der Carpathia AG, der unabhängigen und neutralen Unternehmensberatung für Digital-Business, E-Commerce und Digitale Transformation im Handel. Zudem ist er Autor von zahlreichen Fachartikeln und -studien, Dozent für Online-Vertriebsmodelle an verschiedenen Hochschulen sowie gefragter Keynote-Speaker zu E-Commerce und Digital Transformation im Handel. Er ist Initiator und Organisator der Connect - Digital Commerce Conference sowie des Digital Commerce Awards. Der von ihm gegründete Carpathia Digital-Business-Blog (https://blog.carpathia.ch) zählt im deutsch-sprachigen Raum zu den wichtigsten unabhängigen Publikationen im Digitalen Handel. Medien bezeichnen ihn als digitalen Vordenker, zitieren und interviewen ihn regelmässig . Am Mittwoch 17. November hat Thomas Lang für immer die Augen geschlossen.

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