B2B-Monitor 2019: Interview mit Zweifel Pomy-Chips zum Thema Direct-to-Consumer

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2018 erhoben wir mit dem B2B-Monitor den Status Quo der B2B-Unternehmen im Digital Commerce. Nachdem dieser Status Quo erhoben ist, fokussieren wir uns im B2B-Monitor 2019 auf drei Herausforderungen, mit welchen B2B-Unternehmen im Zuge der Digitalisierung konfrontiert werden.

Durch das Internet eröffnete sich Herstellern und Marken die Möglichkeit, direkt an Kunden zu verkaufen (D2C) – die Handelsstufen sind der Disintermediation ausgesetzt. Grosshändler sind davon am meisten betroffen. Marken und Hersteller befinden sich in einen Zwiespalt: Einerseits möchten sie von den Vorzügen des direkten Kundenzugangs dank Direktverkauf profitieren, andererseits bleiben die meisten Hersteller weiterhin auf den Zwischenhandel angewiesen, den sie mit ihrem direkten Vorstoss zum Kunden nicht vor den Kopf stossen möchten.

Das Interview haben wir zum Fokusthema Direct-to-Consumer mit dem Familienunternehmen Zweifel Pomy-Chips geführt, die starke Marke ist bekannt für ihre Chips aus Schweizer Rohstoffen.

[Carpathia] Durch die Digitalisierung verändern sich Rollen und Aufgaben sowohl der Händler als auch der Markenhersteller. Welche neuen Rollen und Aufgaben übernehmt ihr oder werdet ihr künftig ausüben?

[Marc Brändli] Die Digitalisierung trifft uns als Unternehmen auf ganz vielen Ebenen. Ein Beispiel aus dem Marketing: Die Customer Journey endet nicht mehr mit dem Kauf des Produktes, sondern geht mittlerweile darüber hinaus. Die Erwartungen an den Austausch mit der Marke, an unseren Kundenservice und an das Verarbeiten von Feedbacks sind enorm gestiegen. Dieser Austausch findet zwischen Konsumenten und Hersteller über alle möglichen Kanäle statt.

[Andreas Eggli] Daneben wird das Einkaufsverhalten zusehends hybrider. Die Grenzen zwischen On- und Offline werden immer unklarer. Wir als Hersteller unterstützen den Handel, um diesen neuen Rahmenbedingungen gerecht zu werden. Korrekte Produktdaten oder die kanalgerechte Darstellung unserer Produkte werden immer wichtiger. Gleichzeitig nutzen wir auch neue Möglichkeiten, wie zum Beispiel unseren eigenen Online Shop.

[Marc Brändli] Für Zweifel bedeutet das zum einen, dass neue Rollen, neue Job-Profile und neues Knowhow notwendig sind. Andererseits bietet das für uns als Hersteller auch grosse Chancen auf direkte Feedbacks und Interaktionen mit Konsumenten.

[Carpathia] Seit diesem Jahr verkauft ihr auch direkt über euren eigenen Onlineshop. Welche Argumente waren ausschlaggebend für diese Entscheidung? Was erhofft ihr euch davon?

[Marc Brändli] Korrekt, der Start des Webshops verlief sehr erfolgreich und hat unsere Erwartungen von Anfang an übertroffen. Mit dem Launch des Webshops möchten wir in erster Linie unser Markenerlebnis digital stärken und unseren Konsumenten auch online den typischen Zweifel Moment bieten. Dadurch, dass wir mit dem Shop einen direkten Kanal zum Konsumenten etablieren konnten, können wir die Konsumentenbedürfnisse noch besser verstehen.

[Andreas Eggli] Der eigene Shop ermöglicht uns eine hohe Flexibilität in der Angebotsgestaltung. Wir können Produkte in den Fokus stellen, die noch weniger bekannt sind, weil sie im Handel nicht so breit verfügbar sind. Wir können aber auch Neues ausprobieren, um zusätzliche Konsumentenbedürfnisse zu bedienen. Beispielsweise haben wir sehr gute Erfahrungen mit Bundle-Angeboten gemacht, die häufig als Mitbringsel für eine Party oder als Geschenk gekauft werden. Diese Boxen gibt es nur im Zweifel Web-Shop. Das ist auch mit ein Grund, warum wir grossen Wert auf eine attraktive Versandbox gelegt haben.

Versandkarton der Zweifel Pomy-Chips AG
[Carpathia] Welchen Mehrwert bietet ihr euren Kunden mit eurem Onlineshop? Warum kaufen Kunden bei euch direkt und nicht beim Coop um die Ecke?

[Andreas Eggli] Die beiden Kanäle bedienen unterschiedliche Konsumentenbedürfnisse und ergänzen sich aus unserer Sicht gegenseitig. Der Handel bleibt nach wie vor unser wichtigster Absatzkanal. Hier werden Impulskäufe getätigt und oft einzelne Produkte erworben. Der Konsument steht während seines Einkaufs im Normalfall mit mehreren Marken in Kontakt. In unserem Shop wiederum liegt der Fokus auf dem Gesamterlebnis mit der Marke Zweifel. Das Angebot ist immer auf unsere Marketing-Aktivitäten abgestimmt. Der Einkauf im Web-Shop wird erst ab einer gewissen Menge attraktiv, daher laufen auch die von uns zusammengestellten Themenboxen am besten. Neben den Themenboxen bieten wir exklusive Fan-Artikel oder spezielle Produkt-Kombinationen an, welche es im stationären Handel so nicht gibt. Und nicht zu unterschätzen: auf zweifel.ch findet der Konsument das breiteste Zweifel Sortiment überhaupt.

[Carpathia] Gab es intern Bedenken und Ängste gegenüber dem Aufbau eines eigenen Onlineshops? Wenn ja, welche und wie habt ihr darauf reagiert?

[Marc Brändli] Es gibt bei neuen Projekten zu Beginn natürlich immer ein paar Fragezeichen. Wir haben sehr darauf geachtet, dass wir die vielen internen Schnittstellen und Ansprüche einbeziehen und proaktiv informieren. Wichtig war uns zum Beispiel, klar aufzuzeigen und zu kommunizieren, dass diese Massnahme unsere Marke weiter stärkt und schlussendlich auch unsere Vertriebspartner davon profitieren. Somit konnten wir verhindern, dass unsere Verkäufer in Erklärungsnot geraten.

[Carpathia] Welches waren die zwei grössten Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Aufbau eures Onlineshops und wie seid ihr ihnen begegnet?

[Marc Brändli] Initial müssen wir festhalten, dass wir eine gute Ausgangslage hatten. Wir konnten auf einer bestehenden logistischen Infrastruktur aufbauen: Die Web-Shop Pakete werden aus einem Aussenlager versendet, welches bereits das ganze Zweifel Sortiment für unsere Frisch-Service Verkaufscrew bereithält. Weiter konnten wir vom hohen Vertrauen in die Marke profitieren, was unserer Meinung nach ein wichtiger Grund für den erfolgreichen Start war.

[Andreas Eggli] Die grosse Herausforderung bestand darin, das Shop-Universum in die bestehende Organisation zu integrieren. Wir haben dabei oft einen pragmatischen Weg gesucht. Der Ansatz war, möglichst schnell live zu gehen, um Erfahrungen zu sammeln. Diese Herangehensweise wurde von allen Beteiligten unterstützt. Natürlich haben wir uns auch mit klassischen Projektmanagement Themen und technischen Herausforderungen auseinandergesetzt.

[Carpathia] Was bedeutet Digitalisierung für die Zweifel Pomy-Chips AG?

[Marc Brändli] Digitalisierung bedeutet, dass auf allen Ebenen Veränderungen stattfinden. Der Einfluss der Digitalisierung wird kurzfristig wohl überschätzt, langfristig dafür unterschätzt. Es steht aber ausser Frage, dass die Zweifel Pomy-Chips AG einem konstanten Wandel ausgesetzt ist. Dies betrifft Veränderungen bei Mitarbeitern, Partnern und den Konsumenten. Mitarbeiter müssen ein digitales und flexibles Mindset entwickeln, um den Arbeitsalltag zu meistern. Gleichzeitig muss sich auch die Unternehmung anpassen können und den Mitarbeitenden entsprechende Werkzeuge und Perspektiven bieten können. Mitarbeitende haben heutzutage andere Bedürfnisse und Anforderungen als noch vor zehn Jahren.

[Carpathia] Welche internen Veränderungen im Zuge der Digitalisierung beobachtet ihr und wie tretet ihr an diese heran?

[Marc Brändli] Auch wenn wir ein physisches Produkt herstellen, betrifft die Digitalisierung natürlich sämtliche Unternehmensbereiche. So hat der Zweifel Frisch-Service den gesamten Verkaufsprozess seit mehreren Jahren kontinuierlich digitalisiert. Auch unser Produktionsbetrieb und die Logistik sind im stetigen Wandel, um den heutigen und zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden. Und natürlich steigen auch die Anforderungen der Mitarbeitenden an einen digitalen Arbeitsplatz.

[Carpathia] Welcher Trend wird den Vertrieb von Markenherstellern in den nächsten fünf Jahren prägen?

[Andreas Eggli] Aus unserer Sicht wird das Thema «Individualisierung» einen noch höheren Stellenwert einnehmen. Online lässt sich ein solches Thema sehr gut umsetzen. Die individuelle Prägung wird ev. sogar stationär ausgespielt, sodass in Genf das Produkt 1A verfügbar sein könnte und in Zürich das Produkt 1B.

Zweitens wird durch die Digitalisierung das Thema Transparenz noch entscheidender. Wo genau wurde mein Produkt hergestellt? Wie sieht der Herstellprozess aus? Für den Kaufentscheid werden solche Informationen noch wichtiger.

Auch das Thema Vertikalisierung wird sich noch verstärken, indem der Hersteller noch näher auf die Konsumenten zugeht (gemeinsame Produktentwicklung, hoher Individualisierungsgrad, lokale Eigenschaften). Gleichzeitig wird sich die Vernetzung zwischen den Herstellern und dem Handel intensivieren. Ziel von beiden ist es, dem Konsumenten das richtige Produkt, zur richtigen Zeit am richtigen Ort anbieten zu können. Hier sprechen wir sowohl von B2C als auch B2B.

[Carpathia] Welche Veränderungen seht ihr auf den B2B und insbesondere auf die Zweifel Pomy-Chips AG zukommen und wo steht ihr 2025?

[Marc Brändli] Für die besten Chips und Snacks werden wir auch im 2025 alles tun! 😊

Die B2B-Branche wird sich noch stärker an den B2C Markt annähern. Die heute im B2C so wichtige «User Experience» wird vermehrt auch im B2B Bereich gefordert werden. Auch im B2B interagieren Menschen mit uns als Unternehmen und sie möchten im geschäftlichen Kontext nicht auf die Convenience, die sie als Konsument kennen, verzichten. Daher denke ich, dass B2B Prozesse stärkere Veränderungen durchlaufen werden und sich an den B2C Bedürfnissen angleichen werden.

Das Interview wurde geführt mit Marc Brändli (links), Digital Marketing Manager und Andreas Eggli (rechts), Projekt / Account Manager E-Commerce bei Zweifel Pomy-Chips AG.



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