Immer wieder verblüffend, wie viele „Fake News“ es rund um den Onlinehandel gibt. Kürzlich meinte jemand zu mir, dass bei Mode ja über die Hälfte der Retouren vernichtet werde.
Da hat wohl jemand Zalandos Retouren-Quote von 50% verwechselt. Denn in Tat und Wahrheit sollen es gerade Mal 0.05% der Retouren sein, wie Zalando diese Woche mitteilte im Zusammenhang mit dem von der deutschen Bundesregierung erweiterten „Kreislaufwirtschaftsgesetz“, dass die Vernichtung von Retouren auf das absolute Minimum reduzieren will.
Ähnlich tönt es bei anderen Onlinehändlern und laut einer Studie werden in Deutschland rund 3-4% der Retouren vernichtet. In der Schweiz dürfte die Quote ähnlich tief sein. Die grosse Mehrheit davon muss entsorgt werden, weil die Artikel entweder defekt sind, aus hygienischen oder gesundheitlichen Gründen nicht mehr verkauft werden dürfen oder aus rechtlichen Gründen.
Stationäre Händler vernichten mehr als Onlinehändler
Was gerne verschwiegen wird; Onlinehändler vernichten weitaus weniger Retouren als stationäre Händler, die stückmässig rund 10 Mal mehr Bekleidungsstücke vernichten bei einem Onlineanteil bei Mode von über 20%.
Stationäre #Textilhändler vernichten 10 mal mehr Restanten als #Fashion–#Onlinehändler an Retouren: 230 Mio. Restanten offline vs 23 Mio. Retouren bei 3% Vernichtungsquote online https://t.co/qfHwKXOcKS via @welt
— Gerrit Heinemann (@ProfHeinemann) November 11, 2019
Kommt hinzu, dass es gerade in Deutschland einen eigentlichen Systemfehler gibt. Denn (Online)händler, die nicht mehr verkäufliche Ware einer gemeinnützigen Institution spenden wollen, müssen darauf die MwSt entrichten. Liefern also eine Umsatzsteuer von derzeit 19% ab auf Spenden, wo es gar keinen Umsatz gibt. Wegwerfen kommt billiger als Spenden dank dem deutschen Staat. Das ist der wahre Skandal.
Was nicht sein darf, kann nicht sein
Genau so hartnäckig wie die Retouren-Vernichtung hält sich das Gerücht, dass der Onlinehandel klimaschädlicher sei als der stationäre Handel. Doch in der Regel ist oft das Gegenteil der Fall; Weniger Kilometer, weniger Stau und weniger CO2, was immer wieder in Studien dargelegt wird.
Denn Onlineshopping ist meistens ökologischer als Einkaufen im Ladengeschäft. Doch in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit, namentlich der Politiker wie auch vieler Journalisten, kann nicht sein, was nicht sein darf. Sonst ginge ja ein Feindbild verloren.
Nun gibt es eine weitere Studie deren Resultate in die gleiche Richtung zeigen. Die Untersuchungen der Universtität St. Gallen HSG kommen zum Schluss, dass der Onlinehandel nicht unbedingt klimaschädlicher ist als der stationäre Einzelhandel. So resümiert das Institut für Supply Chain Management an der HSG:
So kam etwa heraus, dass ein durchschnittlicher stationärer Einkauf schädlicher ist als ein durchschnittlicher Online-Einkauf, sobald der Laden mehr als 1 km entfernt ist.
Dies gilt jedoch nur, wenn der stationäre Einkauf nicht in Kombination ist mit beispielsweise dem Arbeitsweg. Der Konsument hat es in der Hand und wird aufgefordert, zu bündeln. Also seine Weg-Kilometer so effizient wie möglich zu gestalten, sonst ist der Onlinehandel schnell klimafreundlicher.
Miacar: Recycling auf der letzten Meile
Wer die letzte Meile kontrolliert, hat nicht nur die Vorwärts- sondern auch die Rückwärts-Logistik im Griff. So nimmt seit dieser Woche Miacar bei jeder Lieferung kostenlos PET-Getränkeflaschen und Plastikflaschen zurück und führt sie dem Recycling zu durch eine Partnerschaft mit Petrecycling Schweiz.
Das Startup, das aus dem Migros Company Builder Sparrow Ventures letzten Frühling ausgegründet wurde (Miacar wird mit neuem CEO selbständig und leitet Wachstumsphase nach Pilot ein) will nach eigenen Angaben auf der letzten Meile in Zukunft weitere Services anbieten, von welchem sowohl die Umwelt, als auch die Kunden profitieren.
An dieser Stelle sei auf den „Nachhaltigkeits-Award – Was bedeutet Nachhaltigkeit im E-Commerce?“ hingewiesen, der dieses Jahr erstmals im Rahmen der Digital Commerce Awards am 6. Mai überreicht wird. Noch kann man sich eine gute Woche für die begehrten Auszeichnungen der besten Onlineshops bewerben.
Ich finde die kursierenden Statistiken sind immer mit Vorsicht zu geniessen. Traue keiner Statistik, die Du nicht selber gefälscht hast. Ich wage zu bezweifeln, dass der online-Handel umweltfreundlicher sein soll als der stationäre Handel, wenn man sich die durchaus (sehr) hohe Retourenquote anschaut und auch den Umstand, dass viele Händler gar nicht mehr anbieten, Waren zu bündeln in einem Paket, wenn etwas gerade nicht vorrätig ist, denn der Kunde will ja alles und zwar sofort. Alleine wenn ich daran denke, was Kunden abends zur Post bringen – dutzende von online bestellten Paketen. Im Vergleich zum stationären Handel braucht es eine Verpackung, die extra hergestellt werden muss und das Paket muss ja dann wieder zurückgeschickt werden, was nicht ohne fossile Brennstoffe geht. Kommt hinzu, dass sich viele online-Käufer vor allem vom Preis leiten lassen und auch bestellen, wenn nicht mal ein Bedard da ist (man nehme die ganzen Halloween, Single’s Day, Black Friday, Cyber Monday etc. Angebote) oder Dinge bestellen auf Wish, die sehr schnell kaputt gehen. Ein nicht genutztes Produkt, das irgendwann weggeschmissen wird oder ein Produkt, das sehr schnell kaputt geht, muss auch in die Ökobilanz mit eingerechnet werden. Vermutlich ist es hier aber sehr schwierig, Äpfel mit Äpfeln zu vergleichen…
Danke für Ihren Kommentar. Bedenken Sie bei Ihren Überlegungen auch, welche Emissionen der stationäre Handel verursacht. Von der Belieferung mit Ware (oft mehrere LKWs je nach Sortiment täglich) über den Unterhalt des Gebäudes (Klima, Heizung, Licht, Reinigung etc.), die An-/Abreise der Angestellten und vieles mehr plus, dass Stationär idR mehr vernichtet wird.
Ich kann hier niemandem wirklich zustimmen, denn einerseits lassen sich Lieferverpackungen, ob bei einer kürzlich erhaltenen und zurückzusendenden oder bei aufbewahrten vorangegangener Bestellungen, normalerweise sehr gut für eine Rücksendung verwenden. Auch lässt sich nicht mehr benötigtes, insbesondere wenn der Zustand davon sowie die Preisvorstellungen angemessen sind, relativ leicht verkaufen. Andererseits müssen Administrations- und Logistikgebäude und weiteres von Internethändlerinnen und Internethändlern dann auch als Emissionen einbezogen werden. Ich stimme zu dass eine zusammengefasste Lieferung am sinnvollsten erscheint, was ich gegenüber den gerade erwähnten immer wieder anspreche, wobei ich neben einer durchaus diskutablen Abwehrhaltung vor zusätzlichem und wohl den Profit belastenden Aufwand vermute, dass dies mit Lieferungen von Lieferantinnenlagern und Lieferantenlagern zu tun haben könnte und sich die Frage stellt, inwiefern eine Lieferung vom Lieferantinnenlager beziehungsweise Lieferantenlager zur Internethändlerin oder zum Internethändler und dann mit den restlichen Artikeln als zusammengefasste Lieferung zur Kundin oder zum Kunde einen relevanten Unterschied darstellt. Abgesehen davon halte ich nicht sehr viel vom modischen Ausdruck „Fakenews“ sowie auch von der Tendenz hier, übermässig für den Internethandel zu missionieren und diesen gegen den Stationärhandel auszuspielen.
Danke für den Kommentar, den wir trotz Anonymität freischalten. Wegen den Transporten vom Lieferanten zum Internethändler ist das neutral, weil dieselben Transporte idR auch vom Lieferanten zum Zentrallager des stationären Händlers stattfinden, bevor die Feinverteilung an die Filialen erfolgt. Insofern ein relevanter Unterschied, weil ein Transportweg entfällt beim Onlinehandel. Kommt hinzu, dass je automatisierter ein Lager eines Onlinehändlers ist, je emissionsarmer bzgl. Klima und Beleuchtung; Roboter frieren kaum und finden auch im Dunkeln 😉
Den Rest nehme ich gerne zur Kenntnis wobei ich wert darauf lege, dass es nicht um ein Missionieren geht sondern um der notabene eher tendenziösen Berichterstattung bzgl. Klimaschädlichkeit des Onlinehandels in den Medien etwas Gegengewicht zu verleihen. Es steht jedem Leser frei, seine persönlichen Schlüsse zu ziehen.