«F*CK Black Friday»

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Der Black Friday ist der umsatzstärkste Tag für den Schweizer Handel. An diesem Tag – und schon in den Tagen davor – ziehen (Online)händler alle Register: Newsletter werden rausgehauen, Kampagnen geschaltet, es wird gepostet und gepusht.

Gemäss dem Portal Blackfridaydeals wird heute im gesamten Schweizer Handel -ausgenommen Food – ein Umsatz von CHF 500 Millionen Franken erwirtschaftet. Aufgrund der Pandemie-Situation dürften sich im Vergleich zum Vorjahr signifikant mehr Einkäufe auf die Online-Kanäle verlagern.

Erfolgreichster Black Friday aller Zeiten

Der Black Friday, der ursprünglich aus den USA kommt und immer am Freitag nach Thanksgiving stattfindet, läutet das Weihnachtsshopping ein: Gemäss einer repräsentativen Umfrage von Klarna bei unseren deutschen Nachbarn, würden fast die Hälfte (44 Prozent) der Konsument*innen diesen Tag dazu nutzen, um Weihnachtsgeschenke einzukaufen.

Erste Zahlen (ebenfalls aus Deutschland) würden zudem zeigen, dass dies der erfolgreichste Black Friday aller Zeiten werden wird – mit einem Umsatzwachstum 63 % für die ganze Black Week (Montag-Freitag; gem. Medienmitteilung). Auch für die Schweizer Onlinehändler dürfte diese Aussage zutreffen: In einer ersten Zwischenbilanz meinten grosse Händler, wie Digitec Galaxus, Brack oder Microspot, es laufe extrem gut, gar über Vorjahr.

Heute ist also unbestritten einer der wichtigsten Events für Händler und wer sich geschickt anstellt, erzielt durchaus nicht nur Umsätze, sondern auch Deckungsbeiträge oder zumindest wertvolle Kundenkontakte. Dass hier gemäss Blackfridaydeals mittlerweile über 300 Schweizer Shops mit diversen Aktionen dabei sind, überrascht also nicht.

Die Sache mit der Nachhaltigkeit

Besonders spannend dieses Jahr ist jedoch zu beobachten, dass es eine wachsende Anzahl Anbieter gibt, die kritischer mit dem Tag umgehen. Wobei wir jetzt beim im Titel angekündigten Thema «F*CK Black Friday» wären.

Diese Händler sind heute auch lauter als sonst und fahren Kampagnen. Aber die Message, die Positionierung, ist eine andere: Stoppt den Konsumwahn, lasst uns ans Gemeinwohl denken. Natürlich sind das Händler und Marken, die schon aufgrund ihres Geschäftsmodells oder ihrer Produkte auf Nachhaltigkeit setzen. Jedoch sind sie nicht die einzigen.

Überraschend ist das nicht: Konsument*innen ist dieses Thema zusehends wichtig und Händler reagieren darauf (Studie Nachhaltigkeit im E-Commerce von HSLU & Post). Weil sich aber nachhaltiger Konsum nicht mit dem Black-Friday-Konsumwahn vereinbaren lässt, haben wohl viele Händler, die sich mehr und mehr nachhaltig positionieren, in einem Dilemma gesteckt.

Die 4 Black-Friday-Verweigerer-Typen

Wir haben uns angeschaut, wie einige Händler das Black-Friday-Dilemma gelöst haben sowie welche kreative Anti-Black-Friday-Aktionen entstanden sind, und haben dabei vier Black-Friday-Verweigerer-Typen identifiziert:

1. Die Farb-Wechsler

Da gibt es einmal solche, die einfach die Farbe wechseln und sich sagen: Wenn wir schon mehr Umsätze haben, dann sollen wenigstens andere und die Umwelt davon profitieren.

So gesehen bei der Fashion-Marke Nikin, die heute den Green Friday feiert und jetzt für jedes verkaufte Produkt nicht einen, sondern für vier Tage zwei Bäume pflanzt. Secondhand-Fashion-Plattform Kidis macht aus Schwarz Blau und verdoppelt ihren Spendenanateil für den Wasserfonds von Helvetas.

2. Die Verdränger

Andere nachhaltig orientierten Onlineshops, wie Fair Fashion und Eco Concept Store rrrevolve, der dieses Jahr den Digital Commerce Award in der Kategorie Nachhaltigkeit gewonnen hat, lässt sich auf seiner Startseite erst gar nicht anmerken, dass heute ein „spezieller“ Tag fürs Shoppen sein soll. Ebenso hält es der Award-Fünftplatzierte Shavejack.

3. Die Kreativen

Wer heute beim Weinhändler Delinat vorbeischaut, wird begrüsst mit einem „Nur heute: Alles 10 % teurer“. In einem Statement meint Delinat dazu, sie würden sich ja gewissen Markt-Mechanismen unterordnen, allerdings mit Grenzen und ökologischer Weitsicht. Darum würden Kund*innen heute mehr zahlen und der Erlös aus dem Aufpreis sowie nochmal derselbe Betrag von Delinat selbst wird gespendet.

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Statt satte Rabatte bietet Delinat am Black Friday eine Preiserhöhung von 10 % auf alles an. Der Erlös des Aufpreises wird gespendet. Quelle: Startseite Delinat.com

Bei Qoqa erhält Shopper*in heute nicht mal die Möglichkeit, etwas für sich selbst zu kaufen: Bei sämtlichen Deals, die ergattert werden können, handelt es sich um Spenden für soziale und umweltfreundliche Projekte. So kann zum Beispiel im Bereich Qids für Rêves Suisse gespendet werden oder bei Qooking für Biovision.

4. Die Revoluzzer

Die grössten Black-Friday-Verweigerer sind aber Freitag (wie schön der Name doch passt) und Mofakult.

Bei Designer-Taschen-Marke Freitag heisst es heute lediglich „100% off. Don’t shop, just S.W.A.P.“ Bei der Aktion geht es darum, Taschen mit der Community zu tauschen. Das sogenannte Taschen-Tausch-Tinder sei für alle, die Tauschrausch besser finden als Shoppingwahn und Community vor Konsum stellen.

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Taschen-Tausch-Tinder statt Taschen-Kauf heute bei Freitag. Quelle: Freitag.ch

Der zweite Revoluzzer im Bunde ist Mofakult. Der Ersatzteil-Händler für Mofas, der bereits an unserer Connect – Digital Commerce Conference mit seiner unkonventionellen Art aufgefallen ist. Er hatte schon am 15. September angekündigt, den Black Friday zu boykottieren.

Dass wir das heute überprüft haben, versteht sich von selbst und tatsächlich: Zu kaufen gibt es da nichts, dafür ein Video mit ausdrucksstarkem Statement: «F*CK Black Friday»



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