Digital Commerce Prozesse sind über die letzten Jahre stark verbessert worden. Erfolgreiche Onlineshops kennen die Relevanz der Produktdaten, orientieren sich für die User Experience am Nutzungsverhalten, haben einen optimierten Checkout-Prozess und eine effiziente Logistik. Gerade auch Commerce Plattformen wie Amazon und Zalando können auf Basis vernetzter IT-Systemlandschaften und Unmengen an Nutzungsdaten trotz bzw. gerade dank des riesigen Sortiments personalisierte Produktempfehlungen ausspielen. So weit, so gut.
Für den/die Konsument*in aber ist E-Commerce, zumindest in der westlichen Welt, im Kern ein Durchstöbern von Produktlisten geblieben. Soziale Interaktionen finden meist nicht statt. Dies scheint sich nun aber zu ändern, denn interaktives Shopping ist auf dem Vormarsch.
Livestream-Shopping als wachsender Trend
Ein wichtiger Treiber ist das Livestream-Shopping, wovon meine Kollegin Alexandra bereits im Sommer berichtete (siehe hier). Der Trend stammt aus China und hat beim diesjährigen Singles’ Day weiter an Bedeutung hinzugewonnen. Das Commerce Modell, bei dem Influencer ihre Produkte via Livestreaming vorstellen und bei Fragen direkt Rede und Antwort stehen, hat während den November-Aktionstagen allein Alibaba über USD 6 Mrd. eingespielt. Das ist ein Wachstum von 100% gegenüber Vorjahr. Für das Gesamtjahr 2020 wird der Livestreaming-Umsatz in China auf USD 125 Mrd. geschätzt.
In Livestream-Videos können Produkte auf humorvolle und kreative Art und Weise präsentiert werden. Mit dazu gibt es ein reales menschliches Gegenüber und damit eine gute Portion interessante Spontanität. Promis und beliebte Markenbotschafter*innen machen Live-Schaltungen besonders erfolgreich. Die Chinesen sind von den Vorteilen des interaktiven Shopping-Erlebnisses überzeugt: 2/3 der Konsument*innen haben während den letzten 12 Monaten Produkte aus Livestreaming gekauft.
Nun verdichten sich die Anzeichen, dass der Digital Commerce auch in der westlichen Welt zunehmend interaktiver wird.
Live-Videoübertragungen in Migros Fachmärkten
Beginnen wir mit einem Schweizer Beispiel, den Migros Fachmärkten Micasa, Melectronics, Do it + Garden sowie SportXX. Als die Geschäfte während des Lockdowns schliessen mussten, haben die Unternehmen eine Online-Beratung aufgeschaltet. Diese verspricht dank Live-Videoübertragung und direktem Kontakt mit einem/einer Kundenberater*in das gleiche Einkaufserlebnis wie vor Ort im Geschäft. Der/die Berater*in in der Filiale kann dem interessierten Kunden so bspw. zeigen, wie die online aufgefundene Hängeleuchte in natura auch wirklich ausschaut, installiert und brennend über einem Esstisch. Viele weitere hilfreiche Use Cases sind denkbar.
Amazon und Facebook mit neuen Commerce-Funktionen
International sind Initiativen von Amazon und Facebook zu beobachten. Im Sommer dieses Jahres hat Amazon mit Amazon Live eine Livestreaming-Funktion für Influencer gestartet. Die Videos werden live über Amazon gestreamt und entsprechend referenzierte Produkte können direkt bestellt werden. Schauen Sie sich Amazon Livestream-Shopping über diesen Link an. Was ist Ihre Meinung dazu?
Mit grossen Schritten in Richtung interaktive Commerce Plattform bewegen sich auch die Unternehmen von Facebook. Beim Messaging-Dienst WhatsApp Business ist vor vier Wochen der Kauf-Button gelauncht worden und nun wird auch die Warenkorb-Funktion «Carts» weltweit ausgerollt. Neu können in der App somit Produkte angesehen, Rückfragen gestellt (via Chat, Bild, Videos, Video-Call), Produkte in den Warenkorb gelegt und Einkäufe getätigt werden. Interessant bleibt, wann die integrierte Bezahl-Lösung folgt.
Auch das Schwesternunternehmen Instagram gibt Gas. Mit dem letzten Update ist der Shopping Tab in die Hauptnavigationsleiste gerückt. Über diesen werden ausschliesslich Beiträge mit Produktverlinkung angezeigt. Diese sind bei allen Beitragsarten möglich: Standard-Beitrag, Story, Live-Stream, IGTV-Video, Reel und Guide.
Die weit verbreitete Inspirationsplattform und Biotop der Influencer-Community wird damit zur interaktiven Content-Commerce Plattform. Der Checkout wird aber auch hier „noch“ über den eigenen Webshop abgewickelt.
Die Beispiele zeigen, dass Inspiration, soziale Interaktion und der Kauf im E-Commerce zunehmend verschmelzen. Sehen auch Sie für Ihre Produkte neue Chancen in diesem Umfeld? Nutzen Sie die Potentiale! Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.