Sechs Monate hat ein vierköpfiges Team bei Aldi Schweiz zusammen mit der Agentur Unic und dem Fulfillment-Partner Annanow am Onlineshop basierend auf Spryker gearbeitet. Nach einer ersten Testphase mit Freunden und Familien geht er heute live: ALDI-now.
Damit macht Aldi einen Schritt in den Lebensmittel-Onlinehandel, nachdem beim bisherigen Shop ALDI liefert nur Produkte im Non-Food-Bereich und regelmässig wechselnde Aktionen erworben werden können.
ALDI-now hingegen ist der neue Shop für Food und Near-Food und bietet eine Auswahl aus dem dauerhaften Sortiment an Lebensmitteln und Haushaltsartikeln «zum Aldi Preis» an – aktuell etwa 80 % des in den Filialen erhältlichen Standardsortiments.
Wer meint, im neuen E-Food-Auftritt von Aldi täglich wechselnde Aktionen vorzufinden, der irrt: Diese werden weiterhin nur auf der Website von Aldi Schweiz beworben und können nur in stationären Filialen gekauft werden. Dies wohl aus dem Grund, dass die Bestellungen aus dem Onlineshop in den Filialen gepickt werden und dadurch das Risiko besteht, dass Aktions-Angebote aufgrund der Onlinebestellungen zu schnell weg wären, wobei die Filial-Besucher*innen zu kurz kämen.
Mindestbestellwert und Lieferkosten im Vergleich
ALDI-now ist zur Zeit nur in Zürich verfügbar, soll jedoch gemäss Medienmitteilung stetig ausgeweitet werden. Geliefert wird noch am selben Tag, wenn bis 11.30 Uhr bestellt wird. Ähnlich wie andere Lebensmittelonline-Anbieter arbeitet ALDI-now für die Lieferung mit Lieferfenstern, die von den Kund*innen ausgewählt werden können.
Auch gibt es einen Mindestbestellwert von CHF 50.-. Dieser ist tiefer als bei Mitbewerbern coop.ch (CHF 99.90) und Migros Online (CHF 99.-) und gleich hoch wie bei farmy.ch. Die Lieferkosten bei einem Warenkorb-Wert von CHF 100.- sind bei Aldi mit CHF 4.90 tiefer als bei coop.ch und Migros Online (coop.ch: 11.90; Migros Online: CHF 4.90). Im aktuellen Liefergebiet Zürich allerdings höher als bei Farmy, der in dieser sogenannten Tarif-Zone A kostenlos liefert (Farmy: unter Bestellwert von CHF 120 in Zürich kostenlos und in Tarif-Zone B zwischen CHF 4.90 und CHF 9.90).
Der Vollständigkeit halber noch ein Vergleich mit anderen Schweizer E-Food-Anbietern, die jedoch nicht den klassischen Detailhändlern, sondern Convenience- oder Quick-Commerce-Formaten zuzuordnen sind: Aldis Mindestbestellwert ist mit CHF 50.- um CHF 30.- höher als bei heymigrolino und um CHF 50.- höher als bei «Namens-Vetterin» avec-now sowie Quick-Commerce-Anbieter Stash, die beide ohne Mindestbestellwert operieren.
Die Lieferkosten betragen beim genannten Mindestbestellwert CHF 9.90.-. Zum Vergleich: heymigrolino verlangt beim gleichen Bestellwert CHF 5.80, bei avecnow wird ab einem Warenwert von CHF 20. kostenlos geliefert, bei Stash bezahlen Kund*innen pauschal CHF 3.90.
Discounter-Modell nur begrenzt online anwendbar
Es zeigt sich: Beim Onlinehandel lässt sich das Discounter-Geschäftsmodell nicht mehr gleich umsetzen. Die Kosteneinsparungen, die durch Verzicht auf ansprechende Warenpräsentation und weitgehender Selbstbedienung im stationären Bereich erreicht werden, sind online nicht anwendbar. Im Gegenteil: Dies macht es den Pickern in den Filialen noch schwerer, schnell die richtigen Artikel zu finden.
Wo offline die eingesparten Kosten durch sogenannte Muda-Vermeidung an die Kund*innen in Form von günstigeren Preisen weitergegeben können, gelingt dies online nur begrenzt. Zwar zahlen Kund*innen für die Produkte online gleich viel wie im Laden, doch Kosten im Zusammenhang mit der Lieferung beispielsweise, werden direkt weitergegeben, dies zeigt sich etwa durch den Hinweis im Checkout, dass die Rechnung allenfalls noch höher ausfallen könne: «Für den Transport werden kostenpflichtige Einkaufstüten (je CHF 0.25) und Kühltaschen (je CHF 0.79) verwendet, die Menge ist abhängig von Grösse und Inhalt deiner Bestellung. Daher wird ein höherer Betrag als der Warenwert reserviert. Natürlich werden nur die effektiven Kosten verrechnet.»
Test-Bestellung pünktlich und vollständig geliefert
Für Aldi Schweiz ist der neue Onlineshop einen Testlauf, was auch im Banner auf der Startseite so kommuniziert wird. Deutlich wird dies auch beim Testen des Onlineshops, wo noch einige UX-Issues entdeckt werden.
Dass ALDI-now ganz frisch ist, verrät der Shop auch dadurch, dass die Startseite für eine Anleitung «So funktioniert’s» genutzt wird, in der Schritt für Schritt erklärt wird, wie bestellt werden kann. Hier wird wertvoller Platz verschenkt, wo zum Beispiel beliebteste Produkte präsentiert werden könnten.
Abgesehen von ein paar Findings läuft die Bestellung im Onlineshop reibungslos ab und wie angekündigt kommt zum ausgewählten Lieferfenster der Fahrer von Annanow vorbei und bringt die Ware pünktlich und vollständig bei uns vorbei. Eine solide Leistung von Aldi, dies innerhalb von sechs Monaten mit einem kleinen internen Team und ein paar Umsetzungspartnern aus dem Boden zu stampfen.
Neue Konkurrenz für coop.ch, Migros Online und farmy?
Wie geht es jetzt weiter mit ALDI-now? Wird der Onlineshop zu einem ernst zu nehmenden Konkurrenten von Farmy, Coop und Migros Online, die sich bisher die grössten Stücke des Schweizer E-Food-Kuchens für sich beanspruchten? Aldi sieht das Potenzial für den Lebensmitteldetailhandel wie seine Mitbewerber online und möchte – wenn auch vergleichsweise spät auf diesen Vertriebskanal setzend – seine Marktanteile an diese nicht verlieren. Auch wenn der Start mit ALDI-now als Test deklariert wird und dieser Auftritt noch entsprechend unscheinbar daherkommt, wir in den nächsten Monaten interessant zu beobachten, inwiefern dieser weiter optimiert und – gestützt durch mehr Ressourcen nach der Pilotphase – ausgebaut wird. Es bleibt spannend im Schweizer E-Food!