Während den meisten Marken wie Evoc oder New Balance geläufig sein werden, trifft dies wohl für wenige auf den Namen CHRIS sports zu. CHRIS sports vertreibt ebengenannte Marken exklusiv in der Schweiz. Wir durften dank unserem Netzwerk dieses spannende Schweizer Unternehmen im benachbarten Thurgau besuchen und haben uns mit ihnen über ihre Strategie und ihren Schritt in den B2C-Online-Handel unterhalten.
Herausforderungen D2C und vernetzte Einkaufswelt
Als Distributor für Sportmarken hat das Münchwiler Unternehmen CHRIS sports AG vor allem mit zwei Herausforderungen im Zeitalter der Digitalisierung zu kämpfen: Einerseits ist das der Trend der Marken zum Direktverkauf (=D2C), ein bekanntes Beispiel dafür ist Adidas mit seiner «own the game» und damit einer offiziell kommunizierten «Shift to a DTC-led business model»-Strategie. Andererseits wäre da die vernetzte Einkaufswelt, sprich viele Absatzkanäle (=Onlinehändler, Multichannel-Händler, Marktplätze, Reseller), wovon neben einer erhöhten Komplexität vor allem Überdistribution und Preiszerfall die Folgen sind (wie in diesem Beitrag anschaulich erklärt). Bei diesen Herausforderungen gilt es auch, gemeinsam mit dem Handel, eine Lösung zu finden.
Entsprechend musste sich das 1990 gegründete Unternehmen, das inzwischen rund 120 Mitarbeitende beschäftigt, strategisch geschickt aufstellen, um bei diesen disruptiven Veränderungen in der Handelsstruktur weiterhin eine Existenzberechtigung zu haben.
Exklusive Marken und professionelle Beratung
In der Kundenbefragung mit den Händlern, die CHRIS sports jedes Jahr durchführt, werden die hohe Qualität der Produkte, professionelle Beratung und guter Service sowie die Liefergeschwindigkeit (Next-Day-Delivery B2B und B2C inkl. Samstagszustellung) als Alleinstellungsmerkmale genannt. Weitere Stärken sind sicher noch die Exklusivverträge mit bekannten Marken, wie New Balance, Evoc, Arena, Giro, Keen oder Mikasa. 30 Marken vertreibt der Distributor aktuell im DACH-Raum, die den Kategorien Bike-/Sportartikel zuzuordnen sind.
Als Distributor verkauft CHRIS sports an den Schweizer Sport-/ Fahrrad- und Schuhfachhandel, sowie an Fachfilialisten, wie Transa oder Ochsner Sport, die sowohl on- als auch offline verkaufen, aber auch Online-Pure-Player wie Galaxus, Brack und weitere sportsspezifische Online-Shops werden im B2B-Handelsgeschäft beliefert. Ein B2C-Geschäft gab es bis vor 2020 abgesehen vom Retail-Geschäft mit den Outlet-Stores in Landquart und den FoxTown Factory Stores in Mendrisio nicht.
B2C-Vorstoss mit Multibrands Concept
Im 2020 hat das Team rund um CDO Christoph Luginbühl in der Geschäftseinheit CHRIS box einen B2C-Markenshop für New Balance lanciert. Auf demselben Shopware 6 Backend folgten kurz darauf Keen, Arena, Evoc und Mountain Hardwear. Das gesamte sogenannte Multibrands Concept wurde innerhalb eines halben Jahres umgesetzt. Für den deutschen Shopsoftware-Hersteller Shopware ein Schweizer Vorzeigeprojekt, das als Case Study porträtiert wurde.
Auf strategischer Ebene ist die Entscheidung mit dem Schritt ins Online-B2C-Geschäft spannend: Anstatt zu riskieren, dass die starken Marken einer D2C-Strategie folgend selbst irgendwann einen Online-Shop in der Schweiz eröffnen, hat CHRIS sports proaktiv das Heft in die Hand genommen und dies, natürlich in enger Absprache mit den Marken, für diese aufgebaut. Die bereits schon vertrauensvolle Zusammenarbeit wurde damit noch einmal gestärkt und CHRIS sports hat als strategischer Partner für die internationalen Brands noch mehr an Relevanz gewonnen.
Einen Konflikt mit den Händlern, weil die Marken wenn auch über CHRIS sports, online plötzlich direkt verkaufen, gab es nicht. Dies sicher auch, da CHRIS sports mit dem Marktpreis auftritt und die Händler in die Shops integriert (Storelocator, gemeinsame Marketing-Kampagnen) sowie weiter in die Bekanntheit der Marken auch Offline investiert.
So wird beispielsweise der evoc-Rucksack Linen Pro mit 20l Volumen auf der von CHRIS sports betriebenen Markenwebsite evocsports.ch am teuersten für CHF 269, bei Brack.ch für CHF 250 und bei Galaxus für CHF 219 verkauft. Um trotz der UVP-Gebundenheit als Shop attraktiv zu sein, setzt CHRIS Sports beispielsweise auf Affiliate-Programme mit Sportverbänden, wie etwa Ski- und Schwimmclubs, was gut funktioniere, so die Shop-Verantwortlichen. Weiter möchte der Händler über den Service, unter anderem mittels Beratung durch Sportsprofis über Chat oder Telefon punkten.
Brand Shops als Marketing-Plattform
Das Ziel der Marken-Onlineshops ist allerdings nicht nur reiner Abverkauf, sondern gerade für die etwas weniger bekannten Marken, die CHRIS sports vertreibt, steht die Stärkung der Marke primär im Vordergrund: Anders als früher kann jetzt bei Brand-Awareness-Kampagnen direkt auf die Landing-Pages der jeweiligen Brand-Sites verlinkt werden.
Die Investitionen in die Markenshops trägt CHRIS sports selbst. Für die Umsetzung der Shops hat CHRIS sports mit einer Entwicklungs-Agentur sowie einer SEO-/Content-/Online-Marketing-Agentur zusammengearbeitet. Die Screen-Designs wurden in enger Zusammenarbeit mit den Marken selbst erarbeitet, diese Inhouse-Kompetenz hat sich als grosser Vorteil erwiesen.
In acht Wochen live
Inzwischen hat CHRIS sports den Prozess zum Aufbau eines Brand Shops so perfektioniert, dass ein solcher mit der neu aufgebauten Infrastruktur (Shopware 6 mit Grundraster für Storeview und Content-Elementen, die von den anderen Shops verwendet werden können) bereits zwei Monate nach Projektstart live gehen kann. Zwei weitere Marken sind bereits wieder in der Pipeline.
Dennoch: «Ziel ist es nicht, am Ende 15 Brand Shops zu haben», sagt CDO Christoph Luginbühl, denn wenn auch Aufbau und Weiterentwicklung aufgrund der gemeinsamen technologischen Plattform Synergie-Vorteile mit sich bringen, trifft dies nicht auf das sehr aufwändige Content-Marketing zu: «Jeder Shop tickt hier wieder anders und verdient jeder für sich seine Aufmerksamkeit als eigene Marke», sagt der CDO.
Und was sind die nächsten Entwicklungsschritte? Der CDO sieht vor allem hinsichtlich des geplanten Neubaus (Lager mit Autostore-Anlage), der per Ende 2023 eröffnet werden soll, Potenzial für die weitere Entwicklung des Geschäftsmodells. Weiter investiert der Distributor stark in die Produktdaten und setzt sich zusammen im Projekt SPODAS zusammen mit anderen aus der Branche in einem unabhängigen Gremium für einen Produktdaten- und EDI-Standard für die Sport- und Fahrradbranche ein — der Kickoff dazu hat vergangenen Mittwoch stattgefunden.