Diese Woche ist bekannt geworden, dass die Schweizer Traditionsfirma Vögele Shoes Ende Jahr ihren Betrieb einstellt und die verbliebenen 27 Filialen endgültig schliesst. 131 Mitarbeitende verlieren ihren Job. Seit dem 13. Oktober befindet sich der Schuhhändler, zuletzt in deutscher Hand, in einer definitiven Nachlassstundung und gemäss Geschäftsführer Christian Müller habe sich der Geschäftsgang seither nicht wie gewünscht entwickelt. Gespräche mit potentiellen Investoren seien erfolglos verlaufen.

Gründe für die Geschäftspleite gibt es viele. Klar ist, dass der Schuhmarkt über die letzten Jahre starken Veränderungstreibern ausgesetzt war:
- Mit Onlineplayern wie Zalando hat eine Verlagerung der Einkäufe in den Onlinekanal stattgefunden. Im Jahr 2021 betrug der Onlineanteil in der Kategorie Fashion/Schuhe 30%. Im Vorcoronajahr 2019 lag der Anteil noch bei 20%. Das Onlinegeschäft ist rasant gewachsen.
- Es gibt einen regelrechten Sneaker-Trend. Nicht nur in der Freizeit, sondern auch im Geschäftsumfeld haben sich die sportlichen Treter von Marken wie Nike, On und Asics längst durchgesetzt. Diese machen klassischen Halb- und Geschäftsschuhen die Daseinsberechtigung streitig.
- Neben Sneakers steht Nachhaltigkeit hoch im Kurs. Fair produzierte Schuhe aus recyclierten Materialien oder veganem Leder, made in Europe (Portugal, Spanien, Italien), sind im Aufschwung. Auf den Strassen sind Sneakers der Marken Veja und Saye Zeugen davon.
- Das Direct-to-Consumer (D2C) Modell breitet sich in der Schuhbranche aus, womit zunehmend am unabhängigen Zwischenhandel vorbei distribuiert wird. Die Marke Nike verfolgt seit einigen Jahren dezidiert diese Strategie aber auch neue Marken entstehen wie Scarosso, Allbirds oder JAK Shoes (von denen habe ich kürzlich ein Paar gekauft).
- Designs und Trends entstehen und verbreiten sich via Social Media weltweit innert Stunden und Tagen und fordern Produzenten und Händler, ein stets aktuelles Produktsortiment verfügbar zu haben.
Diese Veränderungen führen nicht zwangsläufig zum Niedergang des Schuhfachhandels, wie unter anderen die Familienunternehmen Walder und Botty als Gegenbeispiele zeigen. Bei Vögele Shoes hingegen lässt die Aussenperspektive keinen anderen Schluss zu, als dass dringend nötig gewesene Anpassungen konsequent versäumt wurden.
Der Sneaker- und Nachhaltigkeitstrend wurde verpasst und auf schnell ändernde Kundenbedürfnisse nicht oder zu spät reagiert. Die Zielgruppen-, Sortiments- und Markenpositionierung hat immer weniger den gestiegenen Kundenerwartungen entsprochen und an Profil verloren.
Von wenig Erfolg gekrönt war auch die Onlinestrategie. So wurde der eigene Onlineshop im September 2019 überraschend eingestellt, um fortan die Eigenmarken über eschuhe.ch zu vertreiben. Eschuhe ist die internationale Onlineshopmarke des polnischen Schuhändlers CCC, Eigentümerin von Vögele Shoes von 2018-2021. Die Marke war hierzulande gänzlich unbekannt und Omni-Channel-Services wie Rückgaben in den Vögele Shoes Filialen waren für längere Zeit ausgesetzt. Der versprochene Relaunch des eigenen Vögele Shoes Onlineshops hat bis heute nicht stattgefunden.
Welches sind die Learnings: Der stationäre Schuhfachhandel wird weiterhin seine Berechtigung haben. Nötig sind jedoch eine klare Positionierung, eine Angebotsgestaltung am Puls der Zeit (auch Services sind denkbar), ein Webauftritt mit Omni-Channel Services, Filialen an Toplagen und gut ausgebildete Mitarbeitende.