Warum ist Hugo Boss so erfolgreich geworden? Ein Lehrstück in Sachen Branding

Seit bei Hugo Boss ein Schweizer am Ruder ist, ist die Marke wieder cool. Doch was ist genau der Erfolg dabei?

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Das bekannte Modehaus hat sich dank dem Schweizer Chef Daniel Grieder von Grund auf erneuert und erfolgreich positioniert. Doch was macht das Gelingen dieser Success-Story aus?

Eine Frage, die sich Brands immer wieder stellen müssen: Wie bleibe ich relevant? Und zwar über Jahrzehnte hinweg. Um die Kunden bei Laune zu halten, müssen Brands immer wieder ihr Image verändern, um auch bei einer neuen Generation hip zu sein. Das ist im Fashion-Bereich besonders wichtig.

Auch der deutschen Traditionsmarke Hugo Boss drohte der Abstieg bei den Avantgardisten, die Wert auf ihre Kleidung legen. Bis der Schweizer Daniel Grieder 2021 das Ruder übernahm. Grieder hauchte der ermüdeten Bekleidungsikone neues Leben ein und machte sie wieder en vogue – und zwar in kurzer Zeit. Grieder wechselte von Tommy Hilfiger zu Hugo Boss und verdient dort rund zehn Millionen Franken pro Jahr. Die Erwartungen waren dementsprechend hoch. Schliesslich ist Hugo Boss seit 1924 ein Modeunternehmen mit internationaler Ausstrahlung. 

Grieder bringt es im Wirtschaftsmagazin «Bilanz» auf den Punkt: «Als Marke muss man sich ständig neu erfinden, um für die Kunden relevant zu bleiben.» Dabei hat Grieder die Messlatte hoch gesetzt. Ein ganzes Unternehmen und nicht nur ein Produkt erfolgreich zu machen, ist kein leichtes Unterfangen. Doch die Zahlen sprechen für sich: Im zweiten Quartal 2022 hat Hugo Boss seinen Umsatz um über 30 Prozent steigern können. Warum Hugo Boss wieder cool geworden ist, lässt sich anhand von einigen Änderungen aufzeigen. 

Goodbye Anzug, hello Hoodie

Um eine neue Generation anzusprechen, hat das Unternehmen seine Bekleidungslinie noch klarer aufgeteilt: Die günstigere Linie Hugo zielt dabei eindeutig auf die Generation Z ab, also Käufer unter 25 Jahren. Die Boss-Linie hingegen gibt sich als fashionable und spricht Millennials bis 40 Jahre an. Dabei können sie beide Linien, Hugo und Boss, mit dieser klaren Ausrichtung in den Zielgruppen selbst beliebter werden. Wie man diese junge, digitalaffine Zielgruppe erreicht, ist heutzutage ziemlich klar: Mit Influencern.

Entscheidend dabei ist aber, sich mit den richtigen Influencern zu verbinden. Das hat Hugo Boss mit Khaby Lame geschafft, der Italo-Senegalese hat unglaublich viele Follower auf TikTok. Das Modelabel veranstaltete mit ihm eine digitale Show, die Milliarden von Impressions erzeugte. «Wir haben rasch gesehen, wie die jungen Kunden in den sozialen Medien auf ihn reagiert haben», sagt Grieder. Lame ist nun Markenbotschafter für Hugo Boss und plant schon die nächste Show für das Label. 

Hugo-Boss-Influencer Khaby Lame. — Quelle: Hugo Boss

Für sein neues Image arbeitete Hugo Boss im vergangenen Jahr ausschliesslich mit digitalen Kampagnen auf Social Media; beide mit Hashtags versehen: #BeYourOwnBoss und #HowDoYouHugo. Die Kampagnen waren vor allem auf Instagram oder Tiktok zu sehen, und umfassten Models, Influencer und Entertainer. Rund 200 Persönlichkeiten erzählen ihre Geschichte mit Bildern von sich und der Marke. Dabei trugen sie den charakteristischen Hoodie von Boss als gemeinsamen Nenner. Dabei hat sich der Brand auch von dem Wort Boss abgewendet und das Attribut Erfolg neu definiert. In den Videoclips heisst es am Schluss: «Be your own boss». Heute sei jeder sein eigener Chef, weil jeder ein selbstbestimmtes Leben führen kann und seinen Weg findet. Jedenfalls waren die Kampagnen auf Social Media ein riesiger Erfolg und bescherten dem Unternehmen Milliarden von Klicks. 

Mit jungen Kreativen arbeiten

Doch nicht nur bei der Werbung setzt Boss auf «junge» Kanäle, sondern auch bei den Mitarbeitenden. Die Marke involviert junge, wilde Kreative und lässt sich von ihnen inspirieren. Wer eine jüngere Generation ansprechen will, muss sie auch an Bord haben. Dabei spricht Daniel Grieder das aus, was andere Manager verpassen: «Man muss ständig lernen». Der 60-jährige Manager ist sich nicht zu schade, auf einen 17-jährigen TikToker aus Miami zu setzen, der noch bei seinen Eltern wohnt. Grieder möchte von jungen Menschen lernen und hat oft Calls mit Leuten, die nicht mal halb so alt sind wie er. 

Hugo-Boss-Chef Daniel Grieder lernt von der Generation Z. — Quelle: Hugo Boss

Der Erfolg kam schneller als gedacht. «Wer Konsumenten erreichen möchte, der muss in ihnen Emotionen auslösen», sagt der Retail- und Brandexperte Mark Pilkington. Nike habe das schon vor langer Zeit mit «Just do it» gemacht. «Es ging nicht um den Kauf der Schuhe, sondern um den Ethos, wie man sein Leben bewältigen und fit werden kann», sagt Pilkington. 

Hugo Boss setzt nicht nur auf einen Claim, sondern auf eine möglichst grosse Vielfalt, wobei das inzwischen viele Brands auch tun. Die Influencer bei Hugo Boss stammen aus allen Ethnien und weisen einen total unterschiedlichen Background auf, sei es Sport, Musik, Schauspiel. Sie stammen aus den USA, Südkorea oder Italien. Hugo Boss will eine globale Marke sein und diesen Anspruch mit ihren Markenbotschaftern ausstrahlen. «Der Gedanke, eine Reihe von Werten oder einen Zweck oder was auch immer zu haben, der über den Verkauf hinausgeht, um eine Verbindung zu etwas viel Tieferem in der Persönlichkeit der Menschen herzustellen, ist unglaublich wichtig. Das ist nicht immer leicht zu erreichen», sagt Pilkington. 

Der neue Look von Hugo Boss. — Quelle: Hugo Boss

Des Weiteren hat sich Hugo Boss der Zeit angepasst. Früher war es beeindruckend, mit einem massgenschneiderten Anzug von Hugo Boss im Büro aufzutauchen. Doch wer trägt heute noch einen Anzug? Vor allem seit Post-Corona viele Menschen sowieso nicht mehr ins Büro gehen. Und falls doch, dann kommen sie locker und auf jeden Fall casual. Deshalb hat Hugo Boss seinen Look aktualisiert und wendet vielfältigere Designs an. Die junge Generation soll nicht mehr an Anzüge denken, wenn sie Hugo Boss sieht. So verwendet Boss nun auch Stretch-Stoffe oder andere innovative Materialien. 

Es wirklich ernst meinen

Mit dem Rebranding verabschiedete sich Hugo Boss auch von seinem Logo. Nach über 50 Jahren kam es mal wieder zu einem neuen Design. «Die neuen Logos wurden so gestaltet, dass sie bei den zunehmend globalen Verbrauchern, von denen viele Marken über soziale Medien und digitale Kanäle entdecken, gut ankommen», so Grieder. Auch hier richtet sich die Marke konsequent auf digitale Kanäle aus. Die Ikonografie ist moderner und kann besser kombiniert werden. 

Um ein Rebranding zu vollziehen, muss man investieren: So hat das Unternehmen das Marketingbudget hochgeschraubt, um an diese junge Zielgruppe zu gelangen. Die Brand hat auch den Mut aufgebracht, die Vergangenheit wirklich hinter sich zu lassen und in eine neue Richtung zu gehen. Ein starkes Rebranding gelingt nur, wenn man sich wirklich ganz darauf einlässt. Das hat Daniel Grieder getan und der Erfolg gibt ihm Recht.



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