Wann kommt die Schweizer Super-App? Und was bedeutet sie für das Online-Shopping?

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Vor allem in Asien, wo der Datenschutz anders ausgelegt ist als in Europa, wollen «Super-Apps» die Gunst der User gewinnen. Chatten, shoppen, bezahlen, versichern – alles auf einer Plattform. Wie sieht es in der Schweiz aus, in der landeseigene Apps wie Twint dominieren? Ist sie vor Super-Apps gefeit? 

Der Tech-Trend-Report von CB Insight ist eine der zuverlässigsten Quellen weltweit, wenn es um neue Trends in der Tech-Wellt geht. Er zeigt treffend die neuesten Entwicklungen auf, die einen globalen Impact haben. Einer dieser zehn Trends für 2023 ist das Aufkommen von sogenannten «Super-Apps» weltweit.

WeChat in China kennt inzwischen jeder, Grab in Südostasien hingegen schon weniger. Die Funktion dieser All-in-One-Apps ist jedoch eindeutig: Dienste, wie Messenger, Payment, Shopping, Gaming, Home-Delivery und so weiter, sollen ein komplettes Ökosystem in einer App schaffen. Das Ziel dabei ist, dass die User nicht mehr zwischen verschiedenen Apps switchen müssen, sondern alles in einer erledigen können. 

Neue Einnahmen gesucht

Meta, Microsoft, Amazon, Google und natürlich Apple wollen zu Tencent und WeChat in China aufschliessen und bei den Usern mehr Konzentration erreichen. In Indien kann man beispielsweise über Whatsapp Lebensmittel bestellen (wir berichteten darüber).

Es geht dabei. aber nicht nur um Marktanteile, sondern auch um neue Einnahmequellen neben den Werbeeinnahmen, die bei den Tech-Giganten noch immer dominieren. Und es geht auch nicht darum, wie bei WeChat einfach alles zu vereinen, sondern mit den vorhandenen Funktionen, den Usern mehr Möglichkeiten zu geben. 

Social Media zum Shoppen

So arbeitet Meta daran, dass Konsumenten vermehrt über Social-Media-Kanäle einkaufen können, also direkt aus Instagram oder Whatsapp Klamotten oder Essen bestellen und nicht mehr auf eine andere Onlineshopping-Seiten wechseln müssen. Gleiches gilt für Google: Mittlerweile gibt es in Zusammenarbeit mit Shopify die Möglichkeit, direkt aus Youtube heraus Produkte zu bestellen. Die Bereiche sind abgesteckt: Inspiration durch Social Media, eine breite Auswahl, verbunden mit einer sicheren Transaktionen und Direktlieferung nach Hause. Microsoft arbeitet an einer Super-App, die von Shopping bis zu News alles aus einer Hand liefern soll. 

Ein wichtiger Aspekt dabei ist, dass soziale Medien auch vermehrt als Suchmaschinen funktionieren: In den USA nutzen fast die Hälfte der Gen Z den chinesischen Social-Media-Kanal Tiktok, aber auch Instagram, um ein geeignetes Restaurant oder coole Sneakers online zu finden. Weil immer mehr Nutzer diese Plattformen als De-facto-Suchmaschine nutzen, will Meta die Zusammenarbeit mit dem Handel ausbauen. Sie wollen nicht nur als Inspirationsquelle genutzt werden, sondern mehr vom wachsenden E-Commerce-Kuchen abgewinnen. 

User müssen zwischen Apps hin und her switchen. — Quelle: Pexels

Revolut bietet viele Funktionen an

Neben den Social-Media-Giganten bringen sich auch Zahlungsanbieter in Stellung: Apple Pay ist in den USA beliebt, zwei Drittel der iPhone-User haben es aktiviert. Das Potenzial, damit nicht «nur» Zahlungen zu tätigen, sondern auch zu shoppen, ist gross. Vor allem weil Apple die Sicherheit solcher Zahlungen immer weiter vorantreibt. So tüfteln also auch Fintechs an der «Super-App» der Zukunft.

Nutzer sollen von der App möglichst alle Dienstleistungen erhalten, die in Verbindung mit Geld gebracht werden können können. Also auch shoppen oder eine Versicherung  abschliessen. Das macht auch das britische Fintech Revolut, welches in der Schweiz mehrere Hunderttausend Kunden hat. Es bietet (nicht in allen Ländern) inzwischen über 50 Produkte an, von Krediten, über Haustierversicherungen bis hin zum Lohnmanagement für KMU. Dazu gibt es seit Ende letzten Jahres auch einen Messenger-Dienst. 

Ist Twint eine «Super-App»?

In der Schweiz gibt es zumindest im Bereich Bezahlen inzwischen auch so etwas wie eine «Super-App»: Twint (wir berichteten darüber). Rund fünf Millionen Menschen nutzen die App in der Schweiz, bei der jüngeren Zielgruppe ist die Durchdringung am höchsten. «Chasch mers twinte» hört man ständig. Wer nicht dabei ist, kann Freunden kein Geld senden oder nicht einfach per QR-Code an der Kasse bezahlen. 

Twint gibt es seit 2015 und gehört den grössten Schweizer Banken. Die Geschichte von Twint ist in Europa beinahe einzigartig  – genau so wie die von Digitec Galaxus. Es sind zwei Schweizer Produkte, die Marktführer sind und nicht wie in anderen Ländern von amerikanischen Tech-Giganten dominiert werden. Obwohl Twint nur in der Schweiz und eben nicht wie etwa Google oder Apple Pay weltweit nutzbar ist, scheinen viele Nutzer den Heimvorteil zu schätzen. Für den Sommer hat Twint zusammen mit Cembra mehr Funktionen angekündigt. 

Vertrauen muss da sein

Vor allem die Anbindung an das eigene Bankkonto und die Verknüpfung mit Treuepunkten macht wohl den Unterschied. Twint könnte die App weiter ausbauen und noch mehr Dienstleistungen, auch um das Thema E-Commerce, anbieten. Sie hat das Vertrauen der Schweizer Bevölkerung – sogar eine Dating-Funktion wäre bei der Nutzerzahl nicht undenkbar. 

Und genau das ist die grösste Hürde für die Lancierung einer «Super-App»: Das Vertrauen der Nutzer, alle Daten einer Plattform und einem Unternehmen zu geben. Dass sie all ihre digitalen Tätigkeiten einem Anbieter in die Hand geben. Das Potenzial ist auch in der Schweiz vorhanden, weil sich immer mehr Aspekte des digitalen Lebens überschneiden und die Nutzer immer Apps parallel nutzen müssen.



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