Update 2024 zum Schweizer E-Food und Quick-Commerce

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Das Kommen und Gehen im Schweizer E-Food-Markt zeigt, dass es eine Herkulesaufgabe ist, frische Lebensmittel schnell und vor allem profitabel online zu verkaufen. Auch in den letzten 12 Monaten hat sich wieder einiges getan; wir haben einen Überblick über die Entwicklungen zusammengestellt und zeigen, welche Akteure noch dabei sind, welche nicht mehr mitspielen und welche neu hinzugekommen sind.

New Kid on the block läutet das Ende des Quick-Commerce ein

Diesen Februar wagte Alfies aus Österreich den Schritt in die Schweiz als neuer E-Food-Anbieter im Raum Zürich mit Lieferzeiten von 60 bis 120 Minuten. Wir hatten Alfies getestet. Vor zwei Wochen dann die Meldung, dass Alfies den Blitzlieferanten Stash übernimmt (unser Artikel zum Thema). Damit möchte Alfies insbesondere seine Marktposition in der Schweiz festigen, heisst es in der offiziellen Medienmitteilung.

Mit der Übernahme wird das Angebot von Stash (Lieferung innert Minuten) ziemlich sicher verschwinden, und damit auch der aktuell letzte Quick-Commerce-Anbieter mit Lieferzeiten unter einer Stunde.

Wir behalten Alfies im Auge: Der Anbieter behauptet, mit den Preisen vom «Supermarkt nebenan» mithalten zu können. Eine K-Tipp-Stichprobe zeigt aber, dass Alfies vergleichsweise teuer ist. K-Tipp erhob Anfang März bei Alfies.ch, Aldi-now.ch, Coop.ch und
Migros.ch die Preise für einen Warenkorb mit 40 Produkten. Der Warenkorb war bei Alfies am teuersten. Am besten bzw. günstigsten schnitt Coop.ch ab.

Coop auf den Fersen von Migros

Mit einem Plus von 8.7% im 2023 gewinnt Coop weiter Marktanteile und ist klarer Wachstumstreiber im Schweizer E-Food. Weiterhin grösster Schweizer E-Food-Player ist die Migros mit einem Wachstum von 4.9% im 2023. Hier geht es zu den Umsätzen und Marktanteilen 2023 von Coop, Migros, Farmy und Gebana.

Der Leiter von Coop.ch, Philippe Huwyler, erzählte letzte Woche im E-Food-Panel an der SCORE!, Swiss Conference for Retail and E-Commerce, dass aber auch bei ihnen der Fokus auf verbesserten Profitabilität liegt und insbesondere die letzte Meile eine Herausforderung ist. Derweilen sieht er enormes Potenzial im Markt; aktuell liegt der Online-Anteil im Food bei 3%, was für ihn aber gleichzeitig ein Potenzial von 97% bedeutet. Die Schweizerinnen und Schweizer seien kontinuierlich und ein Umsteigen auf den Online-Einkauf wird langsam, aber schrittweise kommen.

Mehr Schlagzeilen bei Migros

Mit dem Einstellen des Betriebes von myMigros auf Ende September 2023 verabschiedete sich die Migros aus dem Same-Day-Delivery-Rennen. Der personalisierte Online-Supermarkt der Migros Aare mit schneller, flexibler und ökologischer Logistik verschwindet aufgrund fehlender Aussicht auf einen nachhaltig rentablen Betrieb von der Schweizer E-Food-Landkarte.

Konsolidierung in den letzten 12 Monaten im Schweizer E-Food-Markt. Quelle/Grafik: Carpathia AG

Zudem stellt die Migros den eigenen Essenslieferdienst Foodnow auf Ende Mai 2024 ein. «Trotz rund 600 Restaurant-Partnern, einem beachtlichen Wachstum der Bestellungen und der Ausweitung des Liefergebiets konnten die betriebswirtschaftlichen Ziele leider nicht erreicht werden» zudem soll der Fokus auf das Kerngeschäft gelegt werden.

Der Betrieb ist eingestellt. Quelle: Screenshot foodnow.ch

Sorgenkind Farmy und der Weg in die Profitabilität

Farmy ist mit seinen 24 Millionen Umsatz im 2023 (-22% gegenüber 2022) ein kleiner Fisch im Gegensatz zu Coop und Migros. Im Juli 2023 konnte der Onlinehofladen bekanntgeben, dass die Finanzierungsrunde F erfolgreich abgeschlossen wurde. Investitionen in Höhe von CHF 10.5 Mio. konnten gesichert werden.

Das Unternehmen kämpft aber weiterhin mit finanziellen Schwierigkeiten und hat nun die Schliessung seines Standorts in der Westschweiz bekannt gegeben. Damit fallen beim Frische-Onlinehändler 29 Stellen weg. Der Anbieter benötigt frisches Geld, das die Investoren nur bereit sind einzuschiessen, wenn die Fixkosten weiter drastisch gesenkt werden. Dies als Hintergrund dieser Massnahme.

Um den durchschnittlichen Warenkorb bei den Kundinnen zu erhöhen, hat Farmy sein Sortiment erweitert und verkauft jetzt alles für einen vollständigen Wocheneinkauf. Damit möchte der Schweizer E-Food-Händler erreichen, dass er seinen Kundinnen und Kunden neben Frische auch ausgewählte Marken- und Drogerie-Artikel anbieten. Dafür arbeitet Farmy u.a. mit Alnatura als Lieferant zusammen.

Farmy erweitert das Sortiment. Quelle: Screenshot farmy.ch

Tobias Schubert, Co-CEO & Co-Founder Farmy, wünscht sich mehr Konkurrenz im hiesigen Markt und hätte nach eigener Aussage an der SCORE! Konferenz gerne, dass ein, zwei weitere potente E-Food-Player «in den Markt reinknallen», um am Duopol Migros und Coop zu rütteln. (Für Interessierte: Das E-Food-Panel mit Coop, Migros und Farmy wird in den nächsten Wochen auf dem SCORE!-LinkedIn-Kanal publiziert.)

Farmy sucht weiterhin den Weg in die Profitabilität. Es wird sich zeigen, ob die aktuellen Massnahmen genügen.

Die weiteren Player auf der Landkarte

Aldis Online-Lebensmittel-Format Aldi Now wechselte im November 2023 zu einem anderen Lieferkurierdienst, durch den man sich eine noch zuverlässigere Auslieferung erhofft. Im Zuge dieser Neuerung werden 75 Postleitzahlen vom Liefergebiet gestrichen; nur so konnten die Liefergebühren gleich günstig behalten werden.

Trotz diesen News (und sonst wenig Neuigkeiten in den Medien zu Aldis E-Food-Business) dürfte das Jahr 2023 gemäss unseren Quellen umsatzmässig positiv für das Unternehmen ausgefallen sein. Die Umsätze bewegen sich immer noch auf kleinem Niveau jedoch schnell wachsend.

Wir haben unsere E-Food-Landkarte mit dem Schweizer Bio-Direktimporteur Gebana sowie Bio Online-Händler Mahler & Co. erweitert. Gebana importiert frisches Gemüse und Früchte direkt von Bauernfamilien und verkauft diese über einen Onlineshop an Schweizer Privathaushalte. Da das Geschäftsmodell voraussieht, dass Grossmengen teilweise mehrere Monate im Voraus bestellt werden, dürfte Gebana kurz- und mittelfristig keinen entscheidenden Unterschied im Schweizer E-Food-Handel machen.

Die zwei neuen Player auf der Landkarte, Gebana und Mahler & Co. Quelle: Screenshots gebana.com und mahlerundco.ch

Mahler & Co. bietet bereits seit 2011 Bio-Lebensmittel und andere nachhaltige Produkte in seinem Online-Shop an. (Aller)spätestens seit letzter Woche ist das Unternehmen ein Begriff im Schweizer E-Food: Mahler & Co. gewinnt bei den Digital Commerce Awards in gleich zwei Kategorien, nämlich Food & Gastronomy und Sustainable Business Model. Fazit der Jury: Der Onlineshop mit umfangreichem Fremd- und Eigensortiment sucht beim Produkt, der Verpackung bis hin zur Lieferung stets die ökologischste Lösung und bietet ein vielfältiges authentisches Sortiment an.

Die Post stellt ihren Lebensmittel-Lieferdienst localonly.ch  wegen zu geringer Nachfrage nach eineinhalb Jahren ein. Der Online-Marktplatz brachte Lebensmittel-Produzenten und Kundinnen einer Region zusammen und liefert die Bestellung zusammen mit der Briefpost nach Hause.

LocalOnly sagt danke für die gemeinsame Reise. Quelle: Screenshot localonly.ch

Konkurrenz von Galaxus und BRACK

Immer mehr Schweizerinnen und Schweizer kaufen lagerungsfähige Lebensmittel gerne bei Onlinewarenhäusern, wie Digitec Galaxus oder Brack.ch ein. Bei Galaxus stiegen die Verkäufe von haltbaren Nahrungsmitteln im Vergleich der ersten Halbjahre 2022 und 2023 um 80 Prozent (wir berichteten). Auch bei Brack.ch hätten sie seit 2022 zugelegt. Die Wahl für Galaxus/Brack.ch versus Migros Online/Coop.ch dürfte davon abhängen, dass bei ersteren die Gratislieferung schon ab einem Warenkorb von 50 Franken gilt.

Weitere Markteintritte aus dem Ausland?

Neben Alfies scheint aktuell kein ausländischer Player den Markteintritt in die Schweiz zu planen. Picnic ist zwar weiterhin auf Wachstums- und Expansionskurs, dies jedoch mit Fokus auf den deutschen Heimmarkt sowie den Niederlanden und Frankreich.

Der tschechischen Anbieters Rohlik ist weiterhin auf Erfolgskurs mit 25% Wachstum im Jahr 2023.  Aktuell liegt der Fokus auch bei Rohlik auf Profitabilität und Kundenzufriedenheit in ganz Deutschland, weshalb wir nicht glauben, dass der Gang in die Schweiz in den nächsten Monaten ein Thema ist.

Das wäre dann die aktuelle Schweizer E-Food-Landkarte, wie sie sich uns heute zeigt:

Die aktuelle E-Food Landschaft in der Schweiz. Quelle/Grafik: Carpathia AG

Fazit zum Schweizer E-Food: Konsolidierung und Stabilität für die nächsten 12 Monate

Wie sich in unserem letzten Update bereits abgezeichnet hat, sind die Zeiten um Quick-Commerce vorübergehend zu Ende. Dies war auch eine unserer Hypothesen für den Handel 2024. Die Konsolidierung im Schweizer E-Food-Markt ist im Gange und selbst die grossen setzen aktuell ihren Fokus auf wirtschaftliche Effizienz und weniger auf Speed-Delivery.



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