Der Schweizer Fashion-Onlinehandel wird dominiert von Zalando. Die Fashion-Plattform führt seit Jahren unser Ranking der umsatzstärksten Schweizer Onlineshops an neben grossen Anderen, wie digitec.ch, galaxus.ch, aber auch amazon.de oder brack.ch. Doch Zalando ist keineswegs der einzige Onlineshop, der mit dem Sortiment «Fashion & Accessoires» auf unserem Ranking vertreten ist.
In diesem Beitrag nehmen wir zum ersten Mal den Schweizer Fashion-Handel unter die Lupe und zeigen auf, wer neben Zalando sonst noch stark ist, welche Strategien die nationalen und internationalen Fashion-Händler in Bezug auf Online fahren und wie sie ihr Geschäftsmodell und ihre Positionierung in den letzten Jahren weiterentwickelt haben.
Fashion-Markt Schweiz online und offline
Im Schweizer Fashion-Markt wird bereits fast jeder dritte Franken online umgesetzt. Somit ist Zalando mit den fürs Jahr 2023 geschätzten 1’650 Millionen Schweizer Franken Umsatz nicht nur grösster Schweizer «Onliner», sondern auch grösster Modehändler überhaupt. Die grössten Modehändler für Bekleidung nach Zalando sind laut GfK: Manor, H&M und C&A.
Der Schweizer Fashion-Markt ist von jahrelangen Umsatz-Rückgängen geprägt. In den Jahren 2021 und 2022 gab es gemäss GfK eine Erholung, die aber nicht das Verkaufs-Niveau vor der Corona-Pandemie erreichte, letztes Jahr schloss Fashion dann wieder mit 2.0 Prozent Minus ab. Das Gesamtvolumen betrug 7.49 Milliarden Schweizer Franken.
Wer ist nach Zalando online stark?
Unter den Top 20 in unserem Umsatzranking und mit Fashion-Sortiment findet sich auch H&M mit hm.com/ch. Anders als Zalando ist H&M kein Pure Player, sondern ein Omni-Channel-Anbieter. Der Online-Kanal interessierte den schwedischen Modehändler erst spät: In der Schweiz startete H&M im Jahr 2015 mit seinem Onlineshop, hatte demnach vier Jahre Rückstand zu Zalando, und musste einiges aufholen. Bis heute ist H&M mit einem geschätzten Online-Umsatz fürs 2023 von 160 Millionen Franken nach Zalando weit abgeschlagen.
Weiter vertreten im Ranking und mit Fashion-Sortiment sind Bonprix und Jelmolishop, beides Tochterfirmen der Otto Gruppe sowie auch AboutYou, von der ebenfalls die Otto Gruppe grösste Teilhaberin ist. Auch LaRedoute ist dabei und relativ neu ab dem Geschäftsjahr 2022 Best Secret sowie Ultra-Fast-Fashion-Anbieterin Shein.
In unserem Ranking nicht aufgeführt als «Fashion-Anbieter» sowie auch in der Grafik unten nicht vertreten, sind «Universalisten», die aber durchaus einen für die Schweiz relevanten Online-Umsatz mit Fashion machen, namentlich Temu, Galaxus, aber auch Amazon oder Ricardo.
Offline vs. Online mit oder ohne Marktplatz
Die «jüngeren» Anbieter, also Zalando, AboutYou oder auch Shein, und die aus dem Versandhandel kommenden, wie etwa LaRedoute sind klassische Pure Player. Alle anderen Mode-Händler in der Schweiz, die bereits Filialen hatten, mussten sich strategisch entscheiden, ob und wie sie den Online-Kanal bearbeiten.
Auf der einen Seite gibt es die klassischen «Offliner»: Händler, die sich bewusst gegen den Online-Kanal entschieden haben. Hierzu gehört eindeutig das Schweizer Modehaus Bayard, das nach eigenen Aussagen diese Entscheidung im Jahr 2020 bewusst fällte, nachdem sie mehr als 10 Jahre Onlinehandel versucht hätten. Ein anderer bekannter Anbieter dieser Kategorie ist Chicorée, dessen Gründer und Inhaber Jörg Weber lange kein gutes Haar am Online-Kanal lassen konnte und dezidiert auf den Offline-Kanal setzte. Inzwischen ist die junge Generation am Ruder und baut die Onlinepräsenz nun aus.
Auf der anderen Seite sind da die «Hybriden», um nicht zu sagen Omni-Channel-Anbieter, die zwar über einen eigenen Onlineshop verfügen, die aber weiterhin sehr stark offline fokussiert sind: Dazu gehören die Schweizer Modehändler PKZ und Companys, der schwedische H&M, C&A sowie auch die Gruppen Inditex (Zara, Massimo Dutti, Bershka u.a.) und Bestseller (Vero Moda, Jack & Jones, Pieces, Vila, Only).
Bei den Hybriden lässt sich weiter unterscheiden zwischen solchen, die Marktplätze als Online-Absatzkanäle nutzen (1st Party oder 3rd Party) und denen, die davon absehen: Bestseller ist mit seinen Brands im Zalando Eigenhandels-Geschäft. Inditex wiederum verkauft die Brands Massimo Dutti, Bershka, Pull&Bear, Oysho und Stradivarius als Marketplace-Seller auf Zalando. Der spanische Textilunternehmer nutzt gar mit allen gennannten Handelsmarken, ausser mit Massimo Dutti, Zalando Fulfillment Solutions.
H&M ist ebenfalls auf Europas grösster Fashion-Plattform vertreten, jedoch weniger umfassend als die eben genannten. Schliesslich verfolgt H&M die Strategie, einen eigenen Marktplatz aufzubauen, steht hier aber noch am Anfang. Und anscheinend hat dieser auch noch keine allzu hohe Priorität, zumal diese Seite den ganzen Tag down war, als dieser Artikel entstand. C&A wiederum hat sich gänzlich vom Marktplatz-Kanal distanziert und möchte sich auf die eigenen Kanäle fokussieren, wie diesen Januar mitgeteilt wurde.
Geschäftsmodelle und Positionierung
Technologie-getriebene Anbieter, wie Zalando oder AboutYou, entwickeln ihr Geschäftsmodell in Richtung Plattform (zusätzliche Erlöse über Services, wie Fulfillment, SaaS oder Advertising).
Andere wiederum, wie H&M, C&A oder Inditex, bleiben bei ihrem Kerngeschäft, dem Handel. Wie bereits erwähnt, zeigt H&M ebenfalls Marktplatz-Ambitionen; wie erfolgreich sich dieser entwickelt, wird sich noch zeigen.
Ebenfalls zu nennen gilt es das Geschäftsmodell des Club-/Lounge-Shoppings, bei dem Zalando mit «Zalando Lounge» ebenfalls mitmischt, hier ist aber klar Best Secret als bekanntestes Beispiel zu nennen.
Mit dem rasanten Aufstieg des chinesischen Ultra-Fast-Fashion Anbieters Shein, hat die Positionierung im Fashion-Handel besonders hinsichtlich der Kriterien Qualität und Nachhaltigkeit nochmal an Bedeutung gewonnen: Zalando beispielsweise differenziert sich über die Themen Qualität sowie seit wenigen Jahren auch über Inspiration & Unterhaltung (mehr dazu hat uns DACH-Chef Christoph Lütke Schelhowe an der diesjährigen SCORE! Präsentation erzählt; die Aufzeichnung dazu wird in Kürze hier erscheinen).
Auch setzen viele auf Nachhaltigkeit. Unter anderem, indem sie «Re-Commerce», also Verkauf von Secondhand-Produkten, ermöglichen. So zum Beispiel Zara mit «Zara Pre-Owned», Zalando mit «Zalando Recommerce» (ehem. Zircle), H&M via Sellpy und sogar Shein mit «Shein Exchange».
Hier fragt sich die kritische Leserschaft vielleicht, inwiefern der Wiederverkauf von qualitativ weniger hochwertigen Kleidungsstücken sinnvoll ist und auch, ob Re-Commerce insbesondere bei Fast Fashion nicht sogar dazu beiträgt, dass schneller wieder neue Artikel gekauft werden; also eigentlich das Gegenteil von dem bewirkt, was es sollte. Aber das steht auf einem anderen Blatt, beziehungsweise in einem anderen Blogbeitrag.
Ausblick Publikation Umsatzranking
Wenn Sie es bis zum Ende dieses Artikels über den Schweizer Fashion-Onlinehandel geschafft haben, werden Sie nun noch mit einem Ausblick belohnt: Die Umsatzzahlen unter anderem auch der Fashion-Onlinehändler des Geschäftsjahres 2023 werden mit unserer Publikation des Umsatzrankings der grössten Schweizer Onlineshops nächste Woche am Donnerstag, 11. Juli, bekannt. Natürlich ebenfalls in diesem Blog sowie im wöchentlichen Newsletter.