Update 2025 zum Schweizer E-Food und Quick-Commerce

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Der Schweizer E-Food-Markt ist ruhiger geworden. Es kommen kaum neue Anbieter hinzu, bestehende passen ihr Modell an. 2025 wurde erneut klar: Der Onlineverkauf von Lebensmitteln ist und bleibt eine Herausforderung – insbesondere bei Logistik, Frische und Profitabilität. Nachfolgend ein aktualisierter Überblick über die wichtigsten Entwicklungen, basierend auf Marktdaten und Branchenbeobachtung.

Marktentwicklung & Volumen

Der Schweizer Onlinelebensmittelmarkt mit Frischesortiment (die vier grössten Anbieter) wuchs 2024 laut einer Analyse meines Kollegen David Morant um +3.1 % bzw. CHF 22.8 Mio. auf ein Marktvolumen von CHF 746.8 Mio.

Bei unserem letztjährigen Update kam es zu fünf Veränderungen in der E-Food-Landschaft: vier Anbieter verschwanden, ein neuer kam hinzu. Im Vergleich dazu ist es in diesem Jahr deutlich ruhiger auf der E-Food Landschaft geworden.

Die aktuelle E-Food Landschaft in der Schweiz. Quelle/Grafik: Carpathia AG

Pizza trifft Plattform: dieci wächst mit Fokus und Format

Schon lange im Markt, aber neu auf unserer E-Food-Landkarte ist dieci, bekannt aus der Gastronomie. Das Unternehmen ist stark gewachsen und hat den Sprung vom Imbiss-Flyer im Briefkasten zu einem modernen Onlineauftritt geschafft, mit hoher Wahrscheinlichkeit läuft der gesamte Traffic heute über die Webseite. Der Einstieg ins E-Food-Geschäft verlief erfolgreich: dieci liefert schweizweit Pizza, Pasta und mehr und erreicht beachtliche Umsätze. Mit einer überschaubaren Menukarte und Leckerbissen, die man sonst nur aus dem Urlaub kennt, werden über CHF 150 Mio. Umsatz generiert. Damit besetzt das Unternehmen eine profitable Nische zwischen klassischer Gastronomie und E-Food.

SPAR sprintet – aber zu welchem Preis?

SPAR expandierte stark im vergangenen Jahr über den Onlinekanal Just Eat: Über 30 Filialen bieten inzwischen ihre Produkte via Just Eat an. Das Sortiment umfasst rund 1’400 Artikel – von frischen Lebensmitteln bis hin zu Haushaltswaren. Geliefert wird in unter 35 Minuten. Allerdings: Die Preise sind spürbar höher im Vergleich zu ähnlichen Produkten bei Coop und Migros. Grund dafür ist der manuelle Einkaufsprozess – die händische Kommissionierung durch die 30 Filialen führt zu teureren Einzelartikeln. Lediglich bei den Lieferkosten kann SPAR mit anderen Anbietern mithalten. SPAR Schweiz als Ganzes verzeichnet derzeit rückläufige Umsätze – es wird ein Käufer gesucht.

Otto’s liefert – und überrascht mit gutem Tropfen

Otto’s ist ein weiterer Neuzugang. Mit rund 2’600 Produkten bietet der Online-Shop ein breites Sortiment an haltbaren Lebensmitteln und Getränken. Frischeprodukte sucht man jedoch vergebens. Dafür ist die Preisgestaltung attraktiv, das Sortiment umfasst viele Markenartikel und Spezialposten. Besonders hervorzuheben ist das erstaunlich grosse Weinsortiment, das für ziemlich jeden Gaumen einen passenden Tropfen bereithält.

Farmy zieht die Reissleine

Farmy war einst Hoffnungsträger und Vorzeigeprojekt für digitalen Hofladenhandel. Noch 2021 wurden bis zu 14’500 Produkte gelistet. 2025 sind es weniger als 5’000. Der Umsatz sank 2024 auf geschätzte CHF 20 Mio. , was einem Rückgang von 37.5 % gegenüber dem Peak-Jahr 2021 (CHF 32 Mio.) entspricht. Nach der Schliessung des Westschweizer Standorts in Ecublens wurde Farmy Anfang des Jahres für TCHF 100 an den Grosshändler Pico AG verkauft. Die Kleinaktionäre, die über Crowdfunding rund CHF 6.5 Mio. beigesteuert hatten, gingen leer aus. Ziel ist nun klar: kleinere Sortimente, tiefere Fixkosten, günstigere Logistik und rentabler Betrieb. Ausgeliefert wird flexibel in gebrandeten Lieferwagen – ein zusätzlicher Aufwand in einer ohnehin anspruchsvollen Wertschöpfungskette, der nun bei reduzierter Kadenz zur noch grösseren Herausforderung wird.

Coop auf der Überholspur

Coop.ch steigerte den Umsatz 2024 um 8.8 % bzw. +CHF 27.5 Mio. auf CHF 341 Mio. – erneut das stärkste Wachstum im Markt. Coop punktet mit Same-Day-Delivery, stündlichen Lieferfenstern und dem grössten Sortiment überhaupt (mehr als 22’000 Artikel). Nebst dem starken Wachstum war der Sieg beim Digital Commerce Award in der Kategorie Food & Gastronomy ein weiterer Erfolg. Ansonsten blieb es ruhig bei Coop.ch – was auf einen fokussierten Betrieb hindeutet.

Migros rüstet sich für die Zukunft

Migros Online legte 2024 um 6 % zu und erreichte CHF 365 Mio. Umsatz. Parallel laufen Investitionen in Automatisierung und Lagertechnik. Das neue Verteilzentrum soll händische Prozesse ablösen und mittelfristig Effizienzgewinne bringen. Wie im Tages-Anzeiger vom 13.01.2024 berichtet, ist das Geschäft mit Migros Online weiterhin nicht kostendeckend. Das neue Lager dürfte hier Produktivitäts- und Margenvorteile bringen. Im Gegensatz zu Coop und Farmy überlässt die Auslieferung der Post und betreibt somit die letzte Meile Logistik nicht intern.

Aldi-now wird flächendeckend

Aldi-now ist mittlerweile in mehr als 340 Postleitzahl-Gebieten aktiv. Durch den Wechsel zum Post-Start-up notime konnte die Lieferleistung verbessert und ausgeweitet werden. Das Liefergebiet umfasst neu auch Aarau und Solothurn inklusive Agglomeration. Allerdings stellt notime per Ende September den Betrieb ein – wie Aldi-now ab Oktober 2025 liefern wird, ist derzeit offen.

Alfies, Gebana, Mahler & Co. und Co.

Alfies wollte mit Lieferzeiten von 60 bis 120 Minuten punkten und übernahm die Kundendatenbank von Stash, dem letzten echten Quick-Commerce-Anbieter. Danach wurde es ruhig um Alfies. Die strukturellen Probleme in der Schweiz – kleine Warenkörbe, hohe Lohnkosten, ineffiziente letzte Meile – bleiben ungelöst.

Gebana steigerte den Umsatz um 8.5 % auf CHF 21.7 Mio. – das entspricht verhältnismässig dem grössten Wachstum im Vergleich zu den anderen Frischeanbietern. Gebana bleibt jedoch ein Nischenplayer mit einem saisonal getakteten Vorbestellmodell und Fokus auf Direktimport von Produzent*innen aus dem Süden.

Mahler & Co. gewann 2024 zwei Digital Commerce Awards (Food & Gastronomy sowie Sustainable Business Model). Das Unternehmen punktet mit Ökologie, Transparenz und einem einzigartigen Sortiment.

Konkurrenz von Galaxus und BRACK.ch

Galaxus und BRACK.ch verzeichnen wachsende Umsätze bei haltbaren Lebensmitteln. Galaxus steigerte 2024 den Umsatz in diesem Segment um 30 %, auch BRACK.ch legte zu. Beide profitieren von geringen Mindestbestellwerten und starker Logistik.

Fazit 2024: Der Schweizer E-Food-Markt ist ruhiger geworden. Quick-Commerce ist weitgehend verschwunden, Rentabilität steht im Fokus. Coop überzeugt mit der besten Value Proposition (Sortimentstiefe, Same-Day, Lieferfenster, Qualität), gefolgt von Migros Online und Aldi-now. Anbieter wie dieci oder Otto’s erzielen mit fokussiertem Sortiment weiterhin bedeutende Umsätze. Während im Vorjahr noch Bewegung mit vielen Abgängen und Neuzugänge herrschte, blieb die Marktlandschaft 2025 (noch) relativ stabil – ein Zeichen für Reife, aber auch für die hohen Eintrittshürden im Schweizer E-Food.

Einer meiner Lieblingssnacks habe ich bei fast allen Anbietern im Sortiment gefunden und die Preise haben mich doch noch überrascht.



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