Temu hat am Montag dieser Woche sein Local-to-Local Programm in der Schweiz gestartet. Wie bereits in Deutschland, Frankreich und Italien aktiv, sollen lokale Händler via Marktplatzmodell eigene Produkte über die Plattform anbieten. In einem ersten Schritt für den Verkauf an Kunden mit Schweizer Lieferadresse, später auch für den internationalen Versand. Zum aktuellen Zeitpunkt ist eine selbständige Verkäufer-Registration noch nicht möglich und nur von Temu individuell kontaktierte Händler erhalten Zugang zum Marktplatz.
Auf seiner Seller-Landingpage ch.seller.temu.com bewirbt Temu sein neues Angebot wie folgt:
- Trendige Plattform mit grosser Reichweite
- Schneller Erstverkauf (50% der neuen Verkäufer mit erstem Verkauf innerhalb von 20 Tagen)
- Kosteneffizienter Betrieb
- Persönliche Verkäuferunterstützung
Ein Temu-Sprecher meint zudem:
Mit unserer Local-to-Local-Initiative möchten wir neue Wachstumsmöglichkeiten für Schweizer Unternehmen schaffen. Gleichzeitig möchten wir den Menschen in der Schweiz Zugang zu einer noch grösseren Auswahl erschwinglicher und qualitativ hochwertiger Produkte mit schneller Lieferung bieten

Temu erwartet, dass in Zukunft bis zu 80 Prozent der Verkäufe auf der Plattform in Europa von lokalen Verkäufern und Versandzentren getätigt werden. Im Folgenden unsere Einschätzung zum neuen Vorhaben von Temu:
- Temu will sich mit seiner Marktplatzinitiative mittelfristig zu einem vertrauenswürdigen E-Commerce Ökosystem entwickeln nach dem Vorbild von Amazon. Die Tiefstpreise mit dem China-Sortiment, kombiniert mit enormen Marketing-Spendings die letzten beiden Jahre, haben zu einer riesigen Kundenbasis und Bekanntheit geführt. Nun möchte der Anbieter reifen und das Image des reinen Billigheimers mit zweifelhafter Qualität ablegen, um sich in Zukunft als echte Plattform-Alternative in der westlichen Welt zu etablieren.
- Wir schätzen die Erfolgsaussichten dieses Vorhabens, insbesondere für die Schweiz, als gering ein. Das Erfolgsrezept des rasanten Wachstums waren Tiefstpreise, aber wo bleibt die Differenzierung des lokalen Marktplatzmodells zu den Mitbewerbern Amazon und Galaxus? Lokale Anbieter können und wollen sich nicht dem Tiefstpreisniveau anpassen. Onlinemarktplätze sind seit weit über einem Jahrzehnt etabliert und Temu bleibt der Zugang zu Händlern wohl nur durch tiefe Provisionen. Diese werden öffentlich übrigens nicht kommuniziert und auch auf unsere Nachfrage hin, gibt’s keine Informationen zu den Verkaufskonditionen.
- Design, Content, Reputation, Qualitätswahrnehmung und vor allem Zielgruppe und Nutzerbasis sind geprägt vom bisherigen Billig-Sortiment aus China. Was gibt es in diesem Umfeld für qualitätsorientierte Händler und Marken mit etablierter Distribution zu gewinnen? Die Risiken überwiegen die Chancen. So gab Brack.Alltron auf Avancen der Plattform nachvollziehbarerweise einen Korb. Eine gewisse Naivität scheint vorhanden.
- Aber gibt’s denn zum Start bereits aktive Marktplatzhändler? Auf den Kategorienseiten kann der Filter „Lokales Lager“ gewählt werden. Bei „Taschen & Gepäck“ erscheint der Verkäufer „RusticSeasons“ mit Rucksäcken zu Preisen zwischen CHF 20 und CHF 40 im Angebot. Wer nun aber einen Schweizer Händler erwartet, irrt. Ansässig ist der Anbieter nämlich an der Bantian Street, Longgang District, in Shenzhen. Die Lieferung wird innerhalb von 5 Tagen versprochen, sodass dieser wohl einfach ein europäisches Lager betreibt. Wir haben weitere Anbieter dieser Art gefunden, Schweizer Lieferanten hingegen nicht.

- Aber für wen könnte sich der Verkaufskanal mit zweifelsfrei grosser Reichweite allenfalls doch lohnen? Die Übersichtsseite der beliebtesten lokalen Verkäufer auf Temu Deutschland liefert interessante Einblicke. Neben Chinesischen Anbietern tauchen auch Händler mit Deutscher Firmenadresse auf, wie beispielsweise Somnova und die Dreamhome GmbH in der Kategorie Bettwäsche. Geradezu skurril mutet das Sortiment des Händlers „Wurstbaron“ an, der gemessen an den Bewertungen und Rezensionen durchaus erfolgreich Frischfleisch & Wurstwaren verkauft.

- Hersteller und No-Name-Brands im Tiefpreissegment und breiter Distribution können Temu wohl durchaus als neuen Umsatzkanal nutzen, aktuell noch mit First-Mover Vorteilen. Diese Art Anbieter gibt’s hierzulande aber definitiv weniger als in den umliegenden Märkten. Digitec Galaxus kann die Local-to-Local Initiative folglich gelassen von der Seitenlinie beobachten. Auch insgesamt scheint das Temu-Fieber seinen Peak erreicht zu haben. Nach unseren Informationen stagnieren die Umsätze 2025 auf hohem Niveau.














