Onlinehändlerbefragung 2025 – Fakten zu Vertrieb, Marktplätzen und KI

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Die Schweizer Onlinehändlerbefragung der FHNW wurde in diesem Jahr bereits zum achten Mal durchgeführt. Die Datenerhebung erfolgte über einen Zeitraum von vier Monaten, vom 21. April bis zum 17. August 2025. Insgesamt nahmen 643 Onlinehändler an der Studie teil, davon stammen 581 aus der Schweiz, 27 aus Österreich und 20 aus Deutschland. Weitere 15 Teilnehmenden gaben ein anderes Herkunftsland an. Die befragten Onlineshops sind in den Segmenten B2C (82%), B2B (49%) und Hersteller-Onlineshops (9%) tätig. 37% bedienen B2C und B2B gleichzeitig. Die gesamte Studie finden Sie hier.

Der Onlineshop bleibt der zentrale Vertriebskanal

Der Onlineshop bleibt 2025 das Herzstück des digitalen Handels. Mit einer Umsatzrelevanz von 89% bildet er den zentralen Vertriebskanal und hat sich über die Jahre von 84% (2021) auf ein stabiles Plateau entwickelt. Auch kleine Händler, also Onlineshops mit bis CHF 1 Mio. Jahresumsatz bzw. 1 bis 4 Mitarbeitenden, stufen ihren Webshop bei über 90% als wichtigsten Umsatztreiber ein (Abbildung 1).

Abbildung 1: Wie umsatzrelevant sind folgende Vertriebskanäle für Ihr Unternehmen? — Quelle: FHNW Onlinehändlerbefragung 2025

Ladengeschäfte bleiben im Omnichannel-Umfeld zentral, verlieren jedoch leicht an Bedeutung: 50% (2025) nach 52% (2024) und 57% (2023). Auch der persönliche Verkauf vor Ort bleibt vor allem im B2B relevant, sinkt jedoch auf 47% (2024: 49%). Zudem zeigt sich im B2B-Segment, dass klassische Kanäle wie E-Mail und Telefon weiterhin stark genutzt werden. Dies bestätigt sich auch in unserem aktuellen B2B-Monitor 2025.

Digitale Marktplätze gewinnen weiter an Gewicht: Mit 38% Umsatzrelevanz sind sie fester Bestandteil des Vertriebsmixes, sowohl im B2C (39%) als auch im B2B (42%). Besonders Pure Player nutzen Marktplätze strategisch, um Reichweite und Sichtbarkeit zu erhöhen.

Galaxus vorn, Temu umstritten

Galaxus baut seine führende Rolle aus: 41% der marktplatzaktiven Händler verkaufen dort und festigen damit die starke Position im Schweizer Markt. Parallel nimmt die Anzahl und Vielfalt der Marktplätze im B2C wie B2B spürbar zu, über 40 Plattformen wurden genannt. Neben Ricardo, tutti.ch und spezialisierten Branchenmarktplätzen gewinnen auch Retail-Marktplätze wie Manor oder Globus an Bedeutung. Auffällig ist zudem, dass Plattformen wie tutti.ch oder anibis.ch weit vorne liegen, obwohl sie in erster Linie als Kleinanzeigenplattformen für den C2C-Bereich konzipiert sind. Da Transaktionen dort nicht direkt über die Plattform abgewickelt werden, lässt ihre häufige Nennung darauf schliessen, dass Händler diesen Kanal dennoch als spannend für die Reichweite und zusätzliche Kundenkontakte ansehen. Amazon bleibt relevant, wird von Schweizer Händlern jedoch deutlich seltener genutzt als in den Vorjahren (2021: 31%, 2023: 15%, 2025: 12%) (Abbildung 2).

Abbildung 2: Über welche Digitalen Marktplätze/Plattformen verkaufen Sie? — Quelle: FHNW Onlinehändlerbefragung 2025

Trotz der Verbreitung bleibt der Umsatzanteil von Marktplätzen für viele moderat: 45% erzielen dort nur 1–4,9% ihres Onlineumsatzes, weitere 18% liegen bei 5–9,9%. Für 12% hingegen ist der Marktplatz Hauptvertriebskanal (≥ 50%). Der Trade-off ist klar: Reichweite und Neukunden vs. Abhängigkeit, Vergleichbarkeit und Margendruck (Abbildung 3).

Abbildung 3: Wie hoch ist der Umsatzanteil des Marktplatzgeschäftes am Gesamt-Onlineumsatz? — Quelle: FHNW Onlinehändlerbefragung 2025

Trotz der breiten Diskussion um Temu spüren die meisten der befragten Händler bislang kaum Auswirkungen auf ihr Geschäft: 43% sehen sich von chinesischen Plattformen gar nicht betroffen, 27% kaum, und lediglich 6% berichten von deutlichen Effekten auf ihr Geschäft.

Auch als Vertriebskanal steht Temu stark in der Kritik: 64% lehnen ihn klar und 26% eher ab. Lediglich 6% können sich einen Verkauf über Temu eventuell vorstellen, 1% ganz sicher (Abbildung 4). Die Vorbehalte sind hoch: tiefe Preise, Druck auf die Margen, Qualitätsfragen und Sorge um die Markenhoheit, besonders bei etablierten Schweizer Anbietern. Zum Start des Temu Marktplatzes in der Schweiz finden Sie unsere Einschätzungen in diesem Beitrag. 

Abbildung 4: Ziehen Sie selbst einen Verkauf über Temu in Betracht? — Quelle FHNW Onlinehändlerbefragung 2025

KI-Anwendungen im E-Commerce & ihre Herausforderungen

KI ist im Schweizer E-Commerce angekommen: 83% der Händler erstellen und übersetzen bereits Texte mit KI. Darüber hinaus wandert der Einsatz vom reinen Content hin zu Prozess- und Performance-Themen: bessere Produktdaten (PIM), Suche & Filter, Cross-/Upselling und Forecasting (Abbildung 5).

Abbildung 5:In welchen Tätigkeiten des Digital Commerce & Marketing kommt die KI bei Ihnen im Unternehmen zur Anwendung? — Quelle: FHNW Onlinehändlerbefragung 2025

Neben klassischem SEO rückt GEO in den Fokus. Heisst: Produkt- und Metadaten sauber strukturieren, die Seiten klar aufbauen, KI-Bots wie GPTBot und Googlebot zulassen und ihre Zugriffe regelmässig prüfen. Gut gepflegte FAQs, vertrauenswürdiger Content (EEAT) und eigene Produkttexte erhöhen die Chance, in LLM-Antworten aufzutauchen.

Beim Einsatz von KI im E-Commerce stehen vor allem schnellere Content-Workflows, deutliche Zeitersparnisse und eine höhere Prozesseffizienz im Vordergrund. Ein messbarer Umsatzbeitrag zeigt sich insbesondere im Bereich SEO, abhängig vom Reifegrad des Unternehmens von moderat bis deutlich.

Die grössten Herausforderungen für die Unternehmen mit KI-Anwendungen sind vorallem das hohe Innovationstempo, die Integration in bestehende Systeme, Ressourcen- und Know-how-Lücken, die Tool-Auswahl sowie Datenschutz und -sicherheit.

Das beschäftigt die Händler im E-Commerce

Der Wettbewerbs- und Preisdruck nimmt spürbar zu und bleibt die Hauptsorge vieler Händler. Parallel steigen Aufwand und Komplexität im Marketing, während Personal- und Know-how-Lücken zunehmen. KI bringt zwar Tempo, stellt Unternehmen aber bei Integration, Toolwahl und Governance vor neue Hürden. Betrug und Cyberangriffe rücken stärker in den Fokus, klassische IT-Themen bleiben jedoch präsent. In der Logistik drücken höhere Paket- und Prozesskosten, teils Lieferverzögerungen und Cross-Border-Hürden. Wirtschaftspolitische Faktoren (z. B. Zölle) verunsichern einzelne Märkte, wirken aber je nach Geschäftsmodell sehr unterschiedlich (Abbildung 6).

Abbildung 6: In welchen Bereichen sehen Sie aktuell für Ihren Onlineshop die grössten Herausforderungen? — Quelle: FHNW Onlinehändlerbefragung 2025


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