Black Friday: Schwarzer Tag für die Profitabilität des Handels

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Selten ist in der Schweiz so viel Rummel um die Rabattschlacht am Black Friday gemacht worden. Gefühlt seit Wochen und zumindest seit Tagen beherrscht ein Thema die Konsumwelt – wo gibt es wie viel Rabatt?!

Was mir bei dieser unsäglichen Diskussion immer zu kurz kommt ist der Mehrwert für den Handel? Dieser lebt ja bekanntlich nicht von Umsatz sondern von Marge und damit von Deckungsbeiträgen.

Was also, wenn er bereits zum Start des umsatzmässig kritischen Weihnachtsgeschäfts seine Ware quasi verschenkt oder nahe der Selbstkosten weiterreicht?

Der Handel verschenkt damit einen substantiellen Anteil seiner Erträge. Vermutlich sind die Hälfte aller Transaktionen an Black Friday Plankäufe, also Käufe, die man im Vorfeld der Festtage ohnehin getätigt hätte und dies wohl zu reguläreren Preisen.

Doch der Handel erzieht den Kunden quasi zum Schnäppchenjäger und führt ihm mit flächendeckenden Aktionen wie an Black Friday unmissverständlich vor, dass er eigentlich doof ist, wenn er irgendwann noch den regulären Preis zahlt.

Eine kleine Umfrage im Bekanntenkreis führt zu Tage, dass viele ihre Weihnachtseinkäufe auf den Black Friday vorverlegt haben und diese zu ihrer Freude mit starken Rabatten tätigen. Die Freude ist jedoch sehr einseitig, denn beim Handel dürfte diese wohl eher von kurzfristiger Natur sein.

Selbstverständlich werden viele Spontankäufe getätigt angesichts der verlockenden Preise (bei denen kaum Marge realisiert wird). Doch in Umsatzfranken ausgedrückt wohl tiefer als die vorgezogenen Plankäufe.

Klar, man hat fantastische Umsätze erzielt und den einen oder anderen Neukunden gewonnen. Doch wie lange bleibt dieser Kunde treu? Kauft er erneut? Hat es sich gelohnt, ihn mit Rabatten zu kaufen? Lässt er sich entwickeln? Da bin ich eher skeptisch, ob diese Rechnung auch aufgeht.

Zudem, wenn je länger je mehr alle Händler mitmachen ist man einerseits gezwungen ebenfalls nicht im Abseits zu stehen und anderseits fehlt das Differenzierungsmerkmal. Es sei denn, man hat es nicht nötig mitzumachen und kommuniziert das entsprechend:

Oder nimmt den ganzen Hype rund um Black Friday auf die Schippe, wie es der Schweizer Discounter Denner macht, der das ganze Jahr Black Friday habe wie er in bunten Farben flächendeckend mitteilte.

Black Friday - bei Denner das ganze Jahr
Black Friday – bei Denner das ganze Jahr

Interessanterweise scheinen die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten noch Verhalten zu sein gegenüber der Rabattschlacht am vierten Freitag im November.

Wenn man der Umfrage der Plattform Black Friday Global glauben darf, dann geben Frau und Herr Schweizer im Verhältnis doch eher wenig aus, gemessen an ihrer Kaufkraft und dem Preisniveau (Basis 2017).

Ausgaben am Black Friday im internationalen Vergleich (2017) - Quelle: Black Friday Global
Ausgaben am Black Friday im internationalen Vergleich (2017) – Quelle: Black Friday Global

Omni-Channel führt zur Cyberweek

Blackfriday Angbote bei Interdiscount, gültig das ganze Wochenende
Blackfriday Angbote bei Interdiscount, gültig das ganze Wochenende

Der Black Friday mit Ursprung in den USA markiert den Beginn des Weihnachtsgeschäfts just am Tag nach Thankgsgiving, einem der höchsten Feiertage der USA und einer der wenigen Tage, wo viele Geschäfte geschlossen bleiben und die Angestellten ihre Familien besuchen. Dafür öffnen die Ladengeschäfte oft gleich nach Mitternacht. Black Friday ist damit eine „Erfindung“ des stationären Handels.

Der Onlinehandel konterte in den vergangenen Jahren mit dem Cybermonday. Doch in den Zeiten des Omni-Channels kann sich niemand leisten, stationär am Freitag Promotionen zu fahren und online am Montag.

Also wird oft gleich eine Woche draus – die sog. Cyberweek – oder zumindest das Black Friday Weekend wie beim Omni-Channel Händler Interdiscount, der satte Rabatte auf einen Teil seines Sortiments in den Filialen wie auch im Onlineshop bietet

Keine Rabatte ohne Gegenwert

Wenn schon eine Rabattschlacht mit kaum Deckungsbeiträgen dann bitte jedoch mit Gegenwert. Und ein solcher Gegenwert können Kundendaten darstellen. Interessant, dass nach einem Augenschein bislang die wenigsten Händler davon Gebrauch machen.

Insofern erachte ich das Konzept von Manor – dem eine führende Rolle nachgesagt wird bei der Einführung des Black Fridays vor einigen Jahren – als Best-Practice, die Rabatte nur Stammkunden oder in diesem Falle den Inhabern einer Kundenkarte anzubieten.

Einerseits können damit die Stammkunden belohnt werden und anderseits ist es ein hervorragendes Argument, neue Kundenkarten-Mitglieder zu gewinnen. Auf jeden Fall ist der Händler damit in der Lage, bessere Daten zu generieren und den Kunden effizienter zu bearbeiten.

Eine andere erfolgsversprechende Strategie mag sein, nur einzelne Artikel saftig zu reduzieren, im Idealfall mit Unterstützung des Herstellers um den Ertragsverlust abzufedern. Oder mittels Verknappung die Rabatte auf eine Stückzahl zu beschränken. Denn mit 30% Rabatt auf alles… ich weiss nicht – damit macht sich der Handel unglaubwürdig und wird die Geister nie mehr los, die er gerufen hat; „Rabatte, das Heroin des Handels“.

Technische Meisterleistungen bei Onlinehändlern

Der Black-Friday verlangt den Systemen fast alles ab. Sie müssen für Spitzenlasten ausgelegt werden, wie es sie praktisch nur einmal im Jahr gibt. Nicht selten wurde da bei Onlinehändlern seit Monaten die entsprechenden Vorbereitungen getroffen, Personenjahre investiert.

Zalando bespielsweise startete im Januar mit den Vorbereitungen, um am 23. November die Systeme so stabil zu halten, dass sie bis 2’000 Bestellungen pro Minute verarbeiten können. Interessante Insights dazu gibt es bei den Berichten aus dem „Situation Room“: Mastering Cyber Week.

Ähnliches beim grössten Schweizer Onlinehändler Digitec Galaxus der authentisch und mit viel Witz während knapp 24 Stunden direkt aus dem „War Room“ berichtete und aufzeigte, was es alles braucht, um die Systeme online zu halten. Da wurden Features abgestellt, neue Scripte eingespielt und vieles mehr, doch gerne selber hier nachlesen beim Black Friday Live.

Digitec Galaxus gibt selten Zahlen raus, aber wenn, dann staunen wir sogar intern. Kurz vor 10 Uhr morgens haben wir die Grenze von 500 000 Besuche auf digitec.ch und galaxus.ch überschritten. Wir danken

Und bereits um 17 Uhr hat man bei Digitec Galaxus den Vorjahres-Umsatz pulverisiert und berichtet vom umsatzstärksten Tag der Firmengeschichte:

Unabhängig ob Digitec Galaxus oder alle anderen Händler, die bei der Rabatt-Schlacht mitgemacht haben, ob Stationär oder Online. Dass dabei auch sagenhafte Umsätze erzielt werden, liegt in der Natur der Sache, wenn die Preise drastisch gesenkt werden. Es bleibt die Frage, wie nachhaltig diese sind und wie viel Umsatz geklaut wurde, der ohnehin erzielt worden wäre zu regulären Preisen?

Und wie loyal die gewonnenen Neukunden sind und ja, am Ende des Tages zählt der Deckungsbeitrag, der ausgewiesen wird – und nicht der Umsatz.



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Thomas Lang, Betriebsökonom und Wirtschaftsinformatiker, unterstützte Unternehmen bei der Strategieentwicklung von digitalen Vertriebsmodellen, beim Aufbau von digitalen Geschäftsmodellen, bei Expertisen rund um Onlinehandel und der operativen Umsetzung im Bereich Organisation, Prozesse, Innovation, Change-Management und Unternehmenskultur. Er ist Gründer der Carpathia AG, der unabhängigen und neutralen Unternehmensberatung für Digital-Business, E-Commerce und Digitale Transformation im Handel. Zudem ist er Autor von zahlreichen Fachartikeln und -studien, Dozent für Online-Vertriebsmodelle an verschiedenen Hochschulen sowie gefragter Keynote-Speaker zu E-Commerce und Digital Transformation im Handel. Er ist Initiator und Organisator der Connect - Digital Commerce Conference sowie des Digital Commerce Awards. Der von ihm gegründete Carpathia Digital-Business-Blog (https://blog.carpathia.ch) zählt im deutsch-sprachigen Raum zu den wichtigsten unabhängigen Publikationen im Digitalen Handel. Medien bezeichnen ihn als digitalen Vordenker, zitieren und interviewen ihn regelmässig . Am Mittwoch 17. November hat Thomas Lang für immer die Augen geschlossen.

5 KOMMENTARE

  1. Um eine andere Sichtweise einzubringen: Vielleicht ist der Black Friday auch Ausdruck eines funktionierenden Wettbewerbs?

    Ich finde nicht, dass man den Handel als „Monopol“ anschauen muss, welcher einen Mehrwert aus einem solchen Event ziehen muss.

    Viel mehr spielt hier ein echter Wettbewerb, wie wir ihn unter dem Jahr im Handel in einigen wichtigen Produktekategorien nicht wirklich sehen z.B. neue iPhones oder Serien aus dem Elektronikbereich, welche ausschliesslich für den Schweizer Markt, manchmal sogar ausschliesslich für einen Händler produziert werden, um einen Preisvergleich zu verunmöglichen.

  2. Leider ist der Kommentar völlig richtig. Die Geschäfte bringen am Black Friday irgendwelche meist Pseudoangebote, welche schon lange günstig sind als Topangebote. Ebenso läuft dann für praktisch zwei Wochen nichts mehr im Geschäft. Das muss man leider so bestätigen.
    Der Abstand zum Sale kennen auch die Schnäppchenjäger. Spannend, wenn man beim Retailforum den Chefökonomen der Raiffeisen Martin Neff hört, wie er sich negativ über die Situation im Handel äussert und explizit warnt vor dem schlimmen Rabattfieber welches nichts bringt, ausser die jetzt schon meist schwierige Lage für die Händler welche das Hauptgewicht immer noch am POS haben und sich dadurch in eine noch heiklere Lage hineinmanövrieren. Der Kuchen wird nicht grösser, im Gegenteil.
    Nichts dazugelernt und schlussendlich mit Umsatz reicher aber den Deckungsbeitrag oder anders die Marge im rekordverdächtigen Tief.

  3. Auch ich bin grosser Zweifler der Nachhaltigkeit solcher Aktionen. Was in gewissen Sortimenten/Kategorien noch einigermassen nachvollziehbar ist, ist in anderen Bereich aus meiner Sicht sogar nachhaltig geschäftsschädigend. Krasses Beispiel ist die Premium-Uhrenmarke Maurice Lacroix. Dort werden unter https://www.mauricelacroix.com/ch_de/black-friday Uhren mit Rabatten von 70% verkauft. Ein Käufer, der zuvor die Uhr zum Normalpreis gekauft hat, muss sich unglaublich verarscht vorkommen. Und auch die normalen Retailer, welchen ein Käufer durchaus einige Prozente abringen kann, stellen sich wohl die Frage, wie gut eine solche Zusammenarbeit sein kann.
    Weiterer Effekt: Die Wertigkeit einer Marke wird meines Erachtens vermindert. Was 70% Reduktion erlaubt, kann in den Augen eines Kunden ja nicht 100% Wert sein…

    • Lieber Mario,
      Obwohl auch ich zu den Kunden gehören, die zum „Normalpreis“ eine Uhr gekauft haben sehe ich dies etwas differenziert. Maurice Lacroix umgeht den Handel komplett und verkauft an den Konsumenten direkt. Ich kenne die Rechnung von ML nicht aber Profiteur ist für einmal wirklich der Kunde. Keine Marge, kein WKZ, kein Boni, keine Listungsgebühr, kein Rückgaberecht, kein Stückbonus, kein Dropshipment, kein Lagerwertausgleich, usw usw der vom Handel gefordert wird. Manchmal habe ich das Gefühl, der Retail wird immer kreativer im Fordern.

      Wie Nachhaltig dies ist, wird sich noch zeigen. Für meinen Teil sollten mehr Markeneigner den Weg direkt zum Kunden suchen. Muss ja nicht gleich mit 70% Rabatt sein.

  4. Ein weiteres Puzzleteil für die destruktive Fehlentwicklung der Menschheit. Die immer kürzeren Zeitscheiben des technischen Fortschritts und der Digitalisierung sind augenfällige Gradmesser dafür, dass der vermeintlich so clevere Mensch seine existenziellen Probleme nicht mehr wahrnimmt: Geld ausgeben für gesundes Essen? Fehlanzeige! Kleider aus heimischer hochwertiger Qualität kaufen? Fehlanzeige! Menschenrechte und Arbeitsbedingungen am Fertigungsort der Ware kritisch prüfen? Fehlanzeige! Geiz ist geil ausleben? Ja, und das ohne Ende – dafür bis zum bitteren Ende! Meine persönliche Meinung ist nach wie vor: Gute Qualität hat einen gewissen Preis. Vernünftige Löhne haben Auswirkungen auf Endpreise. Wer nicht bereit ist, sich über Nachhaltigkeit und Wertschöpfung einige Gedanken zu machen, der verliert. Und besonders schlimm dürfte es dann sein, wenn wohlhabende Länder wie die Schweiz an vorderster Front bei Augenwischereien wie dem Black Friday mitmachen. Lädelisterben? Welche sollen denn noch sterben? Ach, und bevor da ein Shitstorm losgeht: Ja, ich kaufe auch gerne preisbewusst ein – aber immer so, dass noch etwas Luft zum Denken bleibt. Und so, dass ich nicht nur die Beratung beim Fachhändler hole…

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