Onlinehändlerbefragung 2023: Vermarktung, Kundenbindung und Nachhaltigkeit bei Schweizer Onlineshops

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Mit der Onlinehändlerbefragung 2023 präsentieren die Schweizerische Post und die Hochschule Luzern die Ergebnisse zu den Themenschwerpunkten Vermarkung, Kundenbindung und Nachhaltigkeit.

Die Erhebungsmethode war eine quantitative Onlinebefragung, die von März bis Juni 2023 stattfand. Insgesamt haben 217 Onlinehändler daran teilgenommen, von denen 82% B2C-, 35% B2B-, 17% D2C- und 4% B2G-Geschäftsbeziehungen (Business-to-Government) pflegen.

Auf die spannendsten Ergebnisse der Onlinehändlerbefragung gehen wir in diesem Beitrag ein.

Bedeutung und Vermarktung von Onlineshops

68% der Befragten geben an, dass ihr Onlineshop mindestens gleichwertig mit dem stationären Geschäft ist, oder sogar der Hauptvertriebskanal (35%). Für 18% ist der eigene Onlineshop sogar der einzige Vertriebskanal (Pure Player).

Abbildung 1: Welche Bedeutung hat der Onlineshop im Vertrieb Ihres Unternehmens?, Quelle: Onlinehändlerstudie 2023 der Schweizerischen Post und der HSLU

Wenig überraschend: Mit zunehmender Bedeutung des Onlineshops im Vertrieb werden  spezifische Instrumente zur Vermarktung des Onlineshops deutlich häufiger eingesetzt. Die grosse Mehrheit aller befragten Unternehmen setzen hierbei auf Suchmaschinenoptimierung (89%).

Spannend ist, dass insgesamt über 70% der Onlineshops auf mindestens eine Art von Produktempfehlungen setzen, also Empfehlung ergänzender Produkte oder/und Empfehlung alternativer Produkte. Relevante und personalisierte Produktempfehlungen sind entscheiden für den Erfolg.

Einsatz von Automatisierung und künstlicher Intelligenz

Empfehlungssysteme und Kundensegmentierungen, die auf Automatisierung und Künstlicher Intelligenz basieren, wären zentrale Mechanismen im Onlinehandel.

Die Hälfte der Onlineshops setzt aber nicht auf Automatisierung und KI bei den Produktempfehlungen. Lediglich 23% setzen auf einfache datenbasierte Empfehlungen, während ein knappes Viertel auf elaboriertere Methoden setzt, die eine höhere Relevanz für die Kundin versprechen.

Abbildung 2: Inwieweit kommen Automatisierung und künstliche Intelligenz (KI) für Empfehlungen von Artikeln im Shop zum Einsatz?, Quelle: Onlinehändlerstudie 2023 der Schweizerischen Post und der HSLU

Ähnlich verhält es sich im Bereich der Kundensegmentierung, auch hier ist für die Hälfte der Onlineshops KI und Automatisierung noch kein Thema. Die Implementierung von Automatisierung und KI erfordert Ressourcen und Know-how, was sicherlich vor allem für kleinere Händler schwierig umzusetzen ist.

Das Thema Datenkompetenz im Marketing erachten sechs von zehn Onlineshops mindestens als wichtig. Gleichzeitig gibt nur einer von zehn Onlineshops an,  über entsprechende Fähigkeiten im Unternehmen bereits sehr gut  zu verfügen. Es gibt also noch Luft nach oben im Marketing.

Claudio Mohr, Head of Portfolio Development Platform bei Digitec Galaxus AG, wird in der Studie zitiert: „Viele Partner tun sich schwer, verlässliche Produktdaten zu übermitteln. Es ist gleichzeitig einer der grössten Erfolgsfaktoren für Händler, um erfolgreich den Abverkauf zu pushen.“

Nutzung von digitalen Marktplätzen

Insgesamt 41% der Befragten verkaufen auf Marktplätzen oder anderen Plattformen. Spannend: Unter jenen Unternehmen mit mindestens gleichwertiger Bedeutung des Onlineshops (siehe Abbildung 1) liegt dieser Anteil bei 47% (Pure Player oder Hauptvertriebskanal) bzw. 46% (Onlineshop gleichwertig). Also nicht signifikant höher oder tiefer.

Abbildung 3: Verkaufen Sie auf einem Marktplatz oder anderen Plattformen?, Quelle: Onlinehändlerstudie 2023 der Schweizerischen Post und der HSLU

Über welche Marktplätze verkaufen die befragten Onlineshops aber am häufigsten? Digitec Galaxus steht hier mit Abstand an erster Stelle. Mit einem grossen Abstand folgen Ricardo und Amazon sowie Tutti, Brack und Zalando. (Wie letzten Mittwoch bekannt wurde, wird Microspot stillgelegt.)

Abbildung 4: Auf welchen Marktplätzen verkaufen Sie?, Quelle: Onlinehändlerstudie 2023 der Schweizerischen Post und der HSLU

Mehr als die Hälfte der Befragten geben an, dass Aspekte wie die Aufbereitung von Produktinformationen oder technische Aspekte wie Schnittstellen grosse Hürden beim Onboarding auf Marktplätzen waren.

Die Studie hat zudem den Anteil von Marktplätzen am gesamten Onlineumsatz erhoben. Der durchschnittliche Anteil des Umsatzes auf Marktplätzen am gesamten Onlineumsatz liegt bei den befragten Onlineshops bei 18%. Der Median liegt mit 10% deutlich tiefer, was auf wenige Händler, die sehr hohe Umsatzanteile mittels Marktplätzen generieren, zurückzuführen ist.

Die 46% der Onlineshops (siehe Abbildung 3), die nicht über Marktplätze oder Plattformen verkaufen, nennen folgende Hauptgründe dafür: zu hohen Provisionskosten (44%), den Schutz des eigenen Onlineshops (34%), sowie keine Marge abgeben zu wollen (27%).

95% aller Befragten gehen davon aus, dass Marktplätze zukünftig eine relevante Rolle im Handel spielen.

Kommentar der Autorin: Die Wichtigkeit von Marktplätzen zeigt sich heute bereits im Umsatzranking 2023 der stärksten Onlineshops in der Schweiz. Unter den ersten zehn haben Markplätze überhand genommen und fungieren oft als erster Kontaktpunkt für den Kunden.

Aufbau von Loyalität und Kundenbindung

Rund drei Viertel der Onlinehändler setzen lediglich auf Produktvorschläge zur Kundenbindung und mehr als die Hälfte stehen Rabatte im Marketing hoch im Kurs. Aktives Bestandskundenmanagement ist das nicht und das, obwohl es kein Geheimnis ist, dass langfristige Kundenbeziehungen wertvoller sind als einzelne Transaktionen
und das Halten von Bestandkunden deutlich günstiger ist als die Neukundenakquise.

Abbildung 5: Welche Massnahmen zur aktiven Kundenbindung setzen Sie ein?, Quelle: Onlinehändlerstudie 2023 der Schweizerischen Post und der HSLU

Aufwändigere Methoden der Kundenbindung, wie Community Building, ein eigenes Loyalitätsprogramm oder regelmässige Kundenumfragen, werden von rund einem Viertel der Schweizer Onlinehändler eingesetzt. Rund 10% der Befragten sehen es nicht als notwendig, aktive Kundenbindungsmassnahmen einzusetzen.

Für die erfolgreiche Steuerung und Optimierung von Kundenbindungsmassnahmen ist der Kundenwert die zentrale Messgrösse. Ganze 39% der Unternehmen bestimmen keinen Kundenwert und agieren damit im Blindflug. Von denjenigen Unternehmen, die den Kundenwert bestimmen, ermitteln 67% den Kundenwert nach dem Umsatz des Kunden. Umsatz  ist  aber nicht  gleich Profitabilität,  was  einige Onlineshops  erkannt  haben  und  den  Kundenwert auf  Basis  Gewinn  pro Kunde  (15%) bzw.  Deckungsbeitrag  (11%)  bestimmen.

Abbildung 6: Wie ermitteln Sie den Kundenwert für Ihr Unternehmen?, Quelle: Onlinehändlerstudie 2023 der Schweizerischen Post und der HSLU

Nachhaltigkeit und strategisch wichtigste Themen

Bei den Verpackungsoptionen setzten rund die Hälfte der Onlineshops bereits Verpackungen aus Recycling-Material ein. Gemäss Studie könnten Mehrwegverpackungen (23% bieten diese an) je nach Anbieter 20- bis 30-mal wiederverwendet werden.

Abbildung 7: Welche der genannten Verpackungsoptionen bieten Sie an?, Quelle: Onlinehändlerstudie 2023 der Schweizerischen Post und der HSLU

Hinsichtlich Versand- und Zustelloptionen schwingt die Zustellung am nächsten Tag mit 58% ganz oben aus. Die Steuerung des Empfangs, welche die Chance der Zustellung beim ersten Versuch stark erhöhen und damit unnötige Zustellversuche vermeidet, wird nur von 19% angeboten.

Die Einbindung eigener Filialen wird von 42% der Onlineshops via Click & Collect umgesetzt. Die Reservation von Artikeln zur Ansicht in einer Filiale (Click & Reserve) wird hingegen seltener angeboten (16%).

Explizit mit ökologischen Vorteilen verbundene Versandoptionen finden sich im Vergleich auch eher seltener, siehe Abbildung 8.

Abbildung 8: Welche der genannten Versand- und Zustelloptionen bieten Sie an?, Quelle: Onlinehändlerstudie 2023 der Schweizerischen Post und der HSLU

Welche generellen strategischen Themen momentan am wichtigsten sind, zeigt Abbildung 9. Nachhaltigkeit gehört immerhin für ein gutes Drittel zu den aktuell wichtigen Themen. Bescheidene 26% sehen die Präsenz auf Marktplätzen als zentral und dies, obwohl 95% davon ausgehen, dass Marktplätze zukünftig eine relevante Rolle im Handel spielen (siehe weiter oben). Neben Wachstum stehen Effizienz- und Kostensenkungsmassnahmen dieses Jahr hoch im Kurs.

Abbildung 10: Welche der genannten Themen sind für Ihr Unternehmen aktuell am wichtigsten?, Quelle: Onlinehändlerstudie 2023 der Schweizerischen Post und der HSLU

Beim Thema Nachhaltigkeit haben bessere Information der Kundschaft über Nachhaltigkeitsaspekte (36%), ein nachhaltigeres Sortiment (33%) sowie die nachhaltigere Gestaltung von Transport und Logistik (32%) strategische Priorität bei den Unternehmen.

Abbildung 9: Welche der folgenden Nachhaltigkeitsthemen sind für Ihr Unternehmen in den nächsten zwölf Monaten am wichtigsten?, Quelle: Onlinehändlerstudie 2023 der Schweizerischen Post und der HSLU

Die vollständige Studie und detaillierten Inhalte können Sie hier kostenlos herunterladen. Die Studie enthält zudem drei Experteninterviews mit spannenden Insights.

 



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