Wie Schweizer Online-Händler mit Gamification spielen

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Im Zusammenhang mit den chinesischen Onlinehändlern, die weiterhin auch hier in der Schweiz heiss diskutiert werden, wird «Gamification» häufig genannt. Um Kunden so oft wie möglich auf die App zu bringen, arbeitet Temu mit spielerischen Elementen. Auch verschiedene Spiele, wie «Farmland» oder «Fishland» werden angeboten. Als Rewards winken den Spielern etwa Rabatt-Coupons oder sogar physische Produkte.

Gamification bewirkt, dass Kunden die App immer wieder besuchen – auch dann, wenn sie gar nicht in Shopping-Laune sind: Sie kommen also in die App, weil sie zum Beispiel ein neues Level im Spiel erreichen wollen, werden beim Spielen belohnt und sind aus dieser positiven Laune heraus schneller bereit, etwas zu kaufen; die tiefen Preise und der zeitliche Druck, der häufig noch mit Countdowns suggeriert wird, erledigen den Rest und schon ist die Bestellung abgeschickt.

Gamification bei Temu: Mit der Temu-Geschenkbox erhält der App-User täglich ein Geschenk, indem er oder sie einfach die Box öffnet. — Quelle: Screenshot Temu-App

Was in den breiten Medien und Berichterstattungen rund um Temu und Gamification bisher weniger Beachtung gefunden hat: Auch Schweizer Händler arbeiten mit Gamification.

Glücksrad in der Hauptnavigation bei Chicorée

Die Schweizer Fashion-Kette Chicorée, die mit ihren fast 200 Filialen noch immer einen starken Offline-Fokus hat, investierte in den letzten Jahren durchaus in eine Online-Experience. Für die Chicorée Kundinnen hat der Kleiderhändler eine App entwickelt, bei der Gamification eine zentrale Rolle spielt: Beim Öffnen der App sticht in der Bottom Navigation das Würfel-Icon ins Auge.

Dieser Navigationspunkt führt direkt zu einem Glücksrad, das die Kundinnen täglich einmal drehen dürfen. Zu gewinnen gibt es entweder einen 5-Franken-Bon, einen 50%-Rabatt oder VIP-Punkte, die dem VIP-Konto (Chicorées Loyalitätsprogramm) gutgeschrieben werden. Damit die tägliche Gelegenheit auf einen Dreh am Glücksrad nicht vergessen geht, kann sich die Kundin mittels Push-Benachrichtigung täglich daran erinnern lassen. Vielleicht findet sie bei dieser Gelegenheit ja auch das eine oder andere Mal den Weg in die aktuellen Angebote oder zur Ankündigung der regelässigen Super Sales.

Chicorées Gamification-Ansatz endet nicht in der Online-Welt. Die Läden werden ebenfalls geschickt miteinbezogen: Mit dem Einsatz von Beacons können Kundinnen VIP-Abzeichen in den Läden finden. Zu gewinnen gibt es für die Kundinnen wiederum Preise, Punkte und Rabatte – für Chicorée noch mehr Frequenz auf der Fläche.

Gamification als zentrales Element der Chicorée-App: Das Glücksrad kann täglich gedreht werden. Damit die Kundinnen es nicht vergessen, können sie sich daran erinnern lassen — Quelle: Screenshots Chicorée-App

Sushi-Train als für den zusätzlichen Kick bei QoQa

QoQa hat nur schon aufgrund des Geschäftsmodells eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass Kundinnen und Kunden die App regelmässig besuchen, zumal dort täglich wieder neue Deals angeboten werden. Dies hindert die Shopping-Plattform aus der Westschweiz aber nicht daran, noch einen Schritt noch eine Schippe drauf zu legen und mittels spielerischen Ansätzen die User Experience und den «Suchtfaktor» noch zu erhöhen:

Einerseits können sich – sehr naheliegend – die App-Nutzer natürlich Push-Mitteilungen aktivieren, damit sie aktiv über die Angebote in den einzelnen Sortiments-Bereichen, wie Weine, Wohnen oder Sport benachrichtigt werden. Das absolute Gamification-Element ist der «Sushi-Train». Hinter dem etwas aus der Luft gegriffen wirkende Namen verbirgt sich eine zuoberst in der App auftretende Serie an Angeboten im Stil eines Sushilaufbands. Natürlich kann auch für diesen sporadischen Sushi-Train eine Push-Benachrichtigung aktiviert werden.

Die QoQa-App ist schon designtechnisch sehr spielerisch. Ein Gamificaiton-Feature ist der Sushi-Train, der zu random Zeitpunkten erscheint – darum sollte dafür besser die Push-Benachrichtigung aktiviert werden. — Quelle: Screenshots Qoqa-App

Ballon-Gewinnspiel bei Day Deal (Brack.ch)

Auch der grösste unabhängige Onlinehändler Brack.ch hat mit seinem Day Deal ein Format, das zu regelmässigen Shopping-Besuchen aktiviert. Dieses ist auch prominent auf dem Onlineshop von Brack.ch platziert. Auch dafür können, wie schon bei QoQa, Push-Benachrichtigungen aktiviert werden.

Zusätzlich gibt es, sozusagen als Add-on, noch ein witziges Game, das eigentlich hauptsächlich analog: Den Daydeal-Ballon. Ein regelmässig durchgeführter Wettbewerb, bei dem es darum geht, den Landeort des Heissluft-Ballons zu schätzen, sobald er wieder einmal gestartet ist. Ausserdem erhält jede Person, die ihn auf einem Foto spottet und hochlädt einen 10-Franken-Gutschein.

Zwar ein ziemlich «klassisches» Gewinnspiel, aber mit Online-Verknüpfung: Der Ballon-Wettbewerb von Day Deal.

Glücksrad auch bei Coop.ch

Nicht nur Onlineshops mit einer sehr Shopping-/Schnäppchen-affinen Zielgruppe, sondern sogar bei grossen Detailhändlern, wie coop.ch sind Gamification-Ansätze zu finden: Aktuell findet sich in der Coop-App beispielsweise gerade ein Glücksrad für ein Rivella-Gewinnspiel. Der oder die Kundin muss mit der Supercard-ID angemeldet sein, um mitspielen zu können. Zu gewinnen gibt es Rabatte oder Direktpreise.

Gewinnspiel als Kooperation mit Rivella in der Coop-App — Quelle: Coop-App

Gamification insgesamt noch wenig präsent

Es gibt also durchaus ein paar Schweizer Onlinehändler, die, ähnlich wie chinesische Plattformen, schon mit spielerischen Features, Games und Wettbewerben Kundinnen und Kunden auf andere Weise ansprechen und dazu aktivieren, die App oder den Webshop zu besuchen als über Inspirations-, News- oder Angebots-Kommunikation. Oder aber die Nutzer bleiben länger in der App, weil sie sich mit einem Spiel beschäftigen können. Die Chance ist gross, dass aus der positiven Spiel-Laune heraus auch ein Kauf erfolgt; insbesondere dann, wenn mit dem Game ein Gutschein verbunden ist.

Die Beispiele zeigen, dass es verschiedene Ansätze gibt; sei dies Gamification-Elemente, die zentraler Bestandteil einer App sowie eines Loyalitätsprogramms sind (Chicorée), Gamification als Feature (QoQa) oder Wettbewerbe, die auch nur temporär sein können (Day Deal oder Coop.ch).

Abschliessend lässt sich feststellen, dass es einige spannende und gute Ansätze gibt, Gamification in Schweizer Onlineshops aber insgesamt noch wenig Beachtung findet.

Kennen Sie andere gute Gamification-Ansätze im Schweizer Handel? Sei dies in Apps, in Onlineshops oder auf anderen Kanälen (Newsletter, Social Media, WhatsApp oder auch analog)? Schreiben Sie uns einen Kommentar oder senden Sie uns diesen direkt an kontakt@carpathia.ch.



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