Vergangene Woche sind die neusten offiziellen Zahlen zum Schweizer E-Commerce publiziert worden und wir haben uns gefragt, ob nun der Dammbruch bevorsteht. Der Onlineanteil im Bereich Non-Food beläuft sich auf 14% und soll innert weniger als 5 Jahren die Marke von 20% erreichen.
Die Marke von 10-12% wird in vielen Modellen als Tipping-Point bezeichnet. Also die Grenze, ab welcher das Wachstum exponentiell ab- oder zunimmt. Im Falle des E-Commerce ist von Letzterem auszugehen.
Was sind die Folgen für Gewerbe-Immobilien?
Jeder 10. Laden wird verschwinden. Solche Bereinigungen gab es schon immer. Und auch die Credit-Suisse Immobilien Analysten haben im vergangenen November ihre Prognose aus dem Jahr 2013 nochmals bestätigt, dass bis zu einem Drittel der stationären Umsätze in den Onlinekanal abwandern werden, wie auch die Handelszeitung resümiert im grossen Ladensterben in der Schweiz.
«Wir haben bereits 2013 das Szenario entworfen, dass in den nächsten zwei Jahrzehnten bis zu einem Drittel der heutigen Detailhandelsflächen vom Online-Handel gefährdet sind»
All unseren Beratungsmandaten im Bereich Omni-Channel ist eines gemeinsam: Fläche muss reduziert werden. Gefragt sind kleinere Ladenformate die sich intelligt mit den digitalen Vertriebskanälen kombinieren lassen. Wenn denn überhaupt noch Ladenformate betrieben werden.
Die GfK hat diese Woche den massiven Einbruch im Schweizer Fashion-Markt kommentiert mit einem Minus von 4.8%. Die Auswirkungen davon sind bekannt. Traditionelle Händler wie Jamarico, Jeans&Co, Companys, Bernie’s und neustes Opfer Blackout mussten aufgeben oder ihre Geschäftstätigkeiten massiv einschränken (Mortalitätsrate im stationären Schweizer Mode-Handel steigt).
Auch dies hat weitere Auswirkungen auf die Flächen-Attraktivität, denn neue Player und Konzepte benötigen kaum noch Fläche wie die GfK kommentiert.
„Seitens der Marktakteure ist festzuhalten dass die Zeit der Flächenexpansion weitgehend vorbei ist, der Fokus richtet sich aktuell auf die Optimierung der bestehenden Flächen. Der Markt bleibt jedoch dynamisch: (neue) Akteure prüfen oder realisieren den Markteintritt mit neuen Konzepten, andere ziehen sich aus dem Markt zurück.“
«Vertreibung aus dem Paradies»
Und ebenfalls vor wenigen Tagen haben sich abermals Immobilien-Analysten der Credit Suisse dem Thema Leerstände bei Verkaufsflächen gewidmet in ihrer Studie zum Schweizer Immobilienmarkt 2016:
„Fest im Griff der Digitalisierung befindet sich auch der vom Onlinehandel bedrängte Verkaufsflächenmarkt. (…) Bereits heute signalisieren steigende Leerstände, ein rekordhohes Flächenangebot und sinkende Mieten eine grosse Zurückhaltung auf Mieterseite. Wie gross die Verunsicherung über die Rolle des stationären Handels in der digitalen Welt ist, zeigt eine trotz des tiefen Zinsniveaus weit unterdurchschnittliche Planung neuer Verkaufsflächen.“
Neue Ladenkonzepte stellen gänzlich neue Anforderungen an Ladenformate und Layouts.
Neue Anforderungen an Ladenformate
Wie der Laden der Zukunft aussehen wird, wissen auch wir nicht. Eines ist aber klar, Formate wie wir sie heute kennen sind ein Auslaufmodell. Die Zeit, in welcher der stationäre Handel das Informationsmonopol über Sortimente, Preise etc. hatte sind seit der Demokratisierung durch das Internet vorbei.
Kunden kommen informiert in den Laden. Der stationäre Verkaufspunkt bildet nur noch ein Puzzle-Teil in der gesamten komplexen Customer-Journey. Das heisst, der stationäre Handel muss sich neu erfinden und seine neue Rolle adaptieren – neben den digitalen Informations-, Kommunikations- und Vertriebstouchpoints.
Fläche wird nicht mehr nur zum reinen Verkauf da sein. Vielmehr werden Flächen zu Showrooms und Logistik-Hubs. Produkte werden gezeigt und können ausprobiert werden. Geliefert werden sie sogleich nach Hause oder können über Abholpunkte oder Direktlieferungen ins geparkte Fahrzeug mitgenommen werden.
In England erleben bereits viele Ladenflächen ihren zweiten Frühling als sogenannte Dark Stores. Ladenflächen werden von Verkaufsflächen zu Logisitk-Drehscheiben umfunktioniert. Die Schaufenster bleiben dunkel.
Logistik-Automatisierung auch in der Fläche
Bei Carpathia haben wir vor einiger Zeit die Vision des Supermarktes 2020 entwickelt. Auch diese mit einem ähnlichen Konzept, dass die Verkaufsfläche reduziert und zum Showroom wird, wo jeweils nur noch eine Variante inszeniert werden kann, die zum Verkauf animiert.
Alles was nicht primär angefasst werden muss (Konserven, Getränke, Körperpflegeprodukte, Katzenfutter, Toilettenpapier… also der überwiegende Anteil im Warenkorb) verschwindet in rückgelagerte und effizient aufgebaute Logistkflächen, die mit weit höherer Produktivität und dem Einsatz von Automation und Robotik betrieben werden können.
Ein sehr ähnliches Konzept zeigt nachfolgendes Video das seit wenigen Tagen auf Facebook kursiert.
Ja, ich mache mir ernsthafte Sorgen um kommerzielle rsp. Gewerbe-Immobilien. Nicht zuletzt darum, weil mutmasslich ein signifikanter Anteil meiner Vorsorgegelder durch die Versicherungs-Institute in solchen Immobilien investiert sind.
//
Future SupermarketIs this the supermarket of the future? What do u think?
Posted by GI Gadgets on Dienstag, 8. März 2016