Vor gut 2 Jahren hat der Medienkonzern Tamedia die Plattform Ricardo.ch übernommen für einen Kaufpreis von 240 Mio. In der Medienmitteilung hiess es damals:
Die Investition in die Ricardo-Gruppe ist für uns ein entscheidender strategischer Schritt.
Wir wollen das Kerngeschäft der Ricardo-Gruppe dank Netzwerkeffekten (…) weiter entwickeln und unter anderem Synergien (…) nutzen.
Weiter war die Rede von einem „sehr rentablen Kerngeschäft“ und gleichzeitigen Investitionen in die Anzeigeplattformen und Lancierungskosten von ricardoshops.ch
Heute im grossen Interview der Luzernerzeitung mit dem Digital-Chef von Tamedia Christoph Brand ist wenig von der damaligen Euphorie zu spüren.
Als wir die Plattform vor zwei Jahren übernommen hatten, war die Firma defizitär.
Zu Beginn von 2017 hat man das zur Plattform gehörende Marktplatzmodell Ricardoshops abgeschaltet. Brand begründet dies im Interview wie folgt:
Für uns war von Anfang an klar, dass wir dieses Geschäftsmodell nicht unterstützen wollen.
Tamedia glaube nicht, dass ein weiteres B2C-Marktplatzmodell in Konkurrenz zu Amazon oder Aliexpress eine Chance habe. Vielmehr sollen die Funktionen von Ricardoshops.ch in Ricardo.ch integriert werden.
Das eingestellte Ricardoshops.ch basierte auf einer zeitgemässen Technologie, Ricardo.ch auf einer 17 Jahre alten Lösung. Neben den Akquisitionskosten von stolzen 240 Mio. Franken nun das Fazit:
Ricardo wird fundamental neu gebaut.
Das wird nochmals Investitionen in Millionenhöhe erfordern und wie man wieder Wachstum generieren will, dazu kein Wort vom Digital-Chef. Ebensowenig ist zu erfahren, wer das Unternehmen aktuell führt. Wer die Antwort von Google erwartet, findet immer noch das alte Management, welches jedoch kurz nach der Übernahme beinahe in corpore Ricardo verlassen hat.
Welche Strategie Tamedia hier verfolgt bleibt weiterhin unklar. Vom Handelsgeschäft hat man sich auch mit dem Verkauf von FashionFriends / Stromberg anscheinend definitiv verabschiedet.
Die Frage bleibt im Raum, für was Tamedia 240 Mio. hingeblättert hat, davon über 50% Goodwill?
Für das Marktplatzmodell von ricardoshops.ch nicht (Coop/Swisscom mit Siroop bedanken sich wohl, ebenso Migros mit Galaxus). Die veraltete technische Lösung von ricardo.ch kann es auch nicht gewesen sein. Synergien zwischen den Kleinanzeigenplattformen und den eigenen Medien wie damals in Aussicht gestellt?
Auf jeden Fall wird jetzt erneut kräftig investiert in den fundamentalen Neubau, der sukzessive an den Nutzern getestet werden soll, wie die neue Startseite: