Welche aktuellen und zukünftigen Herausforderungen haben Brands im digitalen Zeitalter und wie werden diese positioniert? Müssen traditionelle Marken neu positioniert werden oder können im digitalen Raum ggf. auch nur neue Akzente gesetzt werden?
Diesen und weiteren spannenden Fragen stellten sich Monika Walser, CEO DeSede, Boris Radke, Mitglied des Verwaltungsrates bei der Dr. Babor GmbH & Co. KG, und Constantin Eis, Co-Founder and Global Managing Director von Casper.
Damit auf der Bühne die zwei Traditionsmarken DeSede und Babor zusammen mit Casper, einem Brand, der erst im digitalen Zeitalter entstanden ist.
Vom indirekten Vertriebsmodell zum digitalen Direktvertrieb
Babor verkaufte ursprünglich nur indirekt via Kosmetik-Institute und hat den Vertrieb in jüngerer Vergangenheit partiell in die eigene Hand genommen; Flagships-Stores, Onlinevertrieb und zunehmend auch Amazon, um dem Graumarkt entgegen zu treten und auch auf Plattformen die Hoheit über die Inszenierung der Brand zu behalten.
Ähnlich hört es sich bei DeSede an. Die in der Schweiz handgefertigten Meisterwerke wie Möbel und auch Accessoires wie Taschen werden international über mehr als 500 Fachhändler vertrieben. Online wird stark genutzt, konzentriert sich jedoch primär auf das Story-Telling; Geschichte, Handwerk und Traditionen von DeSede, quasi direkt von der Quelle.
Accessoires werden jedoch auch direkt im eigenen Onlineshop verkauft und auch ein Vertrieb von bspw. Taschen über Amazon schliesst CEO Monika Walser in Zukunft nicht aus. Möbel werden nicht online angeboten. Da ist der Fachhandel vor Ort gefordert auch aufgrund des hohen Qualitäts- und Service-Anspruchs.
Wie sag ich’s meinem Händler
Gerade bei den beiden Traditionsmarken ist der Umgang mit Fachhändlern eine sensible Angelegenheit. Fachhändler, die über Jahrzehnte die Treue gehalten haben, werden zunehmend gefordert, weil die Brands verstärkt direkt an die Kunden herantreten. Es ist ein vorsichtiges Herantasten und die Fachhändler müssen an Bord geholt werden.
Bei beiden Brands zeigen sich diese jedoch eher aufgeschlossen und machen nach anfänglichem Zögern nun zusehends Gebrauch von den neuen digitalen Möglichkeiten rund um die Brand-Kommunikation oder inszenieren sich selber entsprechend.
Ganz anders bei Casper. Der internationale Matratzen-Hersteller ist erst online gestartet und nutzt die digitalen Medien gekonnt. Begünstigend kommt hinzu, dass gerade in Deutschland der stationäre Verkauf von Matratzen ein strukturelles Problem hat und komplett overstored ist und damit eine tiefe Flächenproduktivität aufweist. Es gäbe mehr Matratzenläden als Burger-King Filialen, so Constantin Eis auf der Bühne im X-Tra.
Reichweite hat sich Casper primär digital verschafft. So gibt es alleine über 7000 Unboxing-Videos von Matratzen und insgesamt eine Reichweite von 35 Mio. Views. Dies macht eine im digitalen Raum entstandene Marke zusehends auch attraktiv für klassische stationäre Händler wie bspw. das KaDeWe in Berlin. So rennt man als im digitalen Raum entstandene Marke auch stationär offene Türen ein.
Influencer Marketing für Brands
Zum Thema Influencer zeigt sich auch ein traditioneller Brand wie Babor sehr aufgeschlossen und bindet diese aktiv in seine Kommunikation ein, so Boris Radke. Gerade im Beautybereich, wo Impulse immer weider neu gesetzt werden müssen.
Anders bei Matrazen, die je nach Hygienegrad des Landes nur alle paar Jahre gekauft werden. Die Schweiz liegt da übrigens nur im Mittelfeld weiss Constantin Eis; hierzulande kauft man alle 7-8 Jahre eine neue Matratze.
Doch auch bei Influencern sollte man aufpassen und vor allem gilt: Qualität vor Quantität. DeSede setzte schon früh auf Influencer oder besser gesagt auf Product-Placement, so u.a. in den ersten Bond Filmen. In zahlreichen weiteren Film- und Fernsehproduktionen wurden DeSede Möbel in Szene gesetzt. Wichtig auch hier, dass es sich um ein entsprechend dem Brand adäquates Umfeld handelt.
Digital: Brand neu inszeniert oder nur positioniert?
Weder das eine noch das andere explizit. Die Marke wird zwar digital inszeniert oder neu aufgebaut und gespielt. Bei allen drei ist jedoch der Gang in die Fläche – ob in den eigenen Store oder über einen Fachhändler oder Kosmetikstudio – fast integraler Bestandteil der Markenstory. Gerade bei Premium- und Luxusprodukten steht der Servicegedanke im Vordergrund, der je nach Sortiment gezielt vom Fachhandel gewährleistet wird.
Einhellig ist man der Meinung, dass Innovation primär Produkt-Entwicklung ist. Denn nur ein „geiles Produkt“ lässt sich auch einfach verkaufen, gerade im digitalen Raum – direkt, indirekt oder über Influencer.