Expert Walkthroughs sind ein beliebtes Carpathia-Angebot bei unseren Kunden. In dieser User Experience (UX) Analyse nehmen wir die Sicht der Kundschaft ein und testen die typischen Online-Shopping Use Cases. Die ehrlichsten und wertvollsten Ergebnisse werden dann erzielt, wenn die Analyse von externen Digital Commerce Expert*innen durchgeführt wird. Dies garantiert state-of-the-art Know-how und vermeidet Betriebsblindheit.
Am Beispiel von Amazon zeigen wir in den Grundzügen und stark vereinfacht den Aufbau eines Expert Walkthroughs auf und identifizieren einzelne Optimierungspunkte.
Umfang und Use Case definieren
Zu Beginn des Expert Walkthroughs wird der gewünschte Umfang der Analyse definiert. Hier entscheide ich mich, die Basis-Funktionen ohne Testbestellung auf dem Smartphone durchzuspielen.
Dann überlege ich mir einen typischen Digital Commerce Use Case als Anhaltspunkt für die Analyse. Ich entschliesse mich, ein USB C Kabel zu bestellen. In meinem fiktiven Szenario hat mein jetziges Kabel einen Wackelkontakt, sodass ich dieses schnellstmöglich ersetzen möchte. Als Zahlungsmittel bevorzuge ich typisch Schweizerisch die Rechnung. Alternativ greife ich gerne auf Twint oder Kreditkarten zurück.
Der Weg zum Produkt
Auf den ersten Blick macht die Startseite von Amazon einen aufgeräumten und ordentlichen Eindruck, hat man erst einmal den Cookie-Banner weggeklickt.
Störend ist, dass ich meine zweite Hand zur Hilfe nehmen muss, um das Burger-Menu anzuklicken. Mit dem Daumen allein kann ich das Menu oben links schlicht nicht erreichen. Das aufgeklappte Menu wirkt aufgeräumt und ordentlich, jedoch wird mir nicht ganz klar, welche Subkategorien und Produkte sich hinter den jeweiligen Hauptkategorien verbergen. So frage ich mich, ob ich für meinen Kabel-Use Case «Elektronik & Foto» oder «Computer» wählen muss.
Ich entschliesse mich, Erstere zu versuchen und klicke auf „Elektronik & Foto“. Nun werden mir weitere Subkategorien angezeigt. Diesmal wähle ich «Computer, Komponenten & Zubehör» und hoffe, darin mein gesuchtes Kabel zu finden.
Nun werden mir einzelne Artikel angezeigt, doch diese haben keine Ähnlichkeit zu meinem gesuchten Kabel. Um die Produktauswahl einzuschränken, möchte ich die Filterfunktion anwenden. Doch leider Fehlanzeige, die verfügbaren Filter helfen mir nicht weiter. Weder möchte ich mich auf eine bestimmte Marke einschränken, noch sind für mich in dieser Phase Kundenrezensionen relevant. Es gibt zudem keine weiteren Subkategorien für eine detailliertere Sortimentsaufsplittung.
Da ich über die Navigation somit nicht weiterkomme, probiere ich es über die Suchfunktion. Dies mit dem Stichwort «USB C Kabel 0.5m». Den Suchvorschlägen nach zu urteilen, ist das Suchstichwort gut gewählt. Ich probiere mein Glück und wähle den ersten Suchvorschlag.
In meinem Sichtbereich werden nun Kabel angezeigt, die einen Anschluss von USB C zu USB 3 bieten. Ich suche jedoch ein Kabel USB C zu USB C. Nachdem ich etwas nach unten gescrollt bin, stosse ich auf ein Kabel, das meinen Ansprüchen zu genügen scheint.
Schnell das Produkt öffnen und die Details kontrollieren, ich möchte ja sicher sein, den richtigen Artikel zu erhalten. Sieht soweit alles gut aus. Das Kabel verspricht USB C zu USB C zu sein und bei der Kabellänge kann ich wählen, ob ich 0.5m oder 1m bevorzuge. Auch zeigt es mir an, dass das Produkt an Lager ist und in die Schweiz versendet wird. Diese Informationen reichen mir für dieses Produkt und ich lege es in den Einkaufswagen.
Checkout und Kaufabschluss
Mit einem Klick gelange ich zum Warenkorb. Wiederum muss ich dazu mein Smartphone mit beiden Händen bedienen, um die rechte obere Ecke zu erreichen. Will ich weiter zur Kasse voranschreiten, werde ich gezwungen, ein Konto zu erstellen. Dabei muss die Mailadresse verifiziert und ein Puzzle gelöst werden. Dies ist angeblich nötig, um mein Konto zu schützen. Ich vermute jedoch eher die Absicht eines Bot-Schutzes dahinter.
Ist das geschafft, muss ich als nächstes meine Mobiltelefonnummer angeben und diese ebenfalls mit einem Code verifizieren. Als potenzielle Kundin hätte ich spätestens bei der erzwungenen Angabe der Mobilenummer abgebrochen, eher jedoch bereits beim Puzzle oder Verifizieren der Mailadresse.
Nach Abschluss der Kontoerstellung kann ich meine Lieferadresse eingeben und die Versandart wählen. Eine Wahl besteht da nur in der Theorie, da für mich nur eine Versandart zur Verfügung steht. Anschliessend darf ich die Zahlungsart wählen. Ich entscheide mich für den Kauf auf Rechnung.
Im letzten Schritt des Checkouts wird mir die Übersicht über meine Bestellung, Lieferadresse und gewählte Zahlungsart gezeigt. Die AGBs muss ich nicht bestätigen, sondern erkläre mich mit dem Kaufabschluss automatisch damit einverstanden.
Ich würde nicht bei Amazon kaufen
Mein Fazit: Ich würde nicht bei Amazon kaufen.
Amazon wird häufig als Vorreiter und Best-Practice-Beispiel im Digital Commerce herangezogen. Führend ist Amazon vor allem in den Leistungsbereichen Sortiment, Marketplace, Verfügbarkeit, Internationalität und Plattformservices wie Amazon-Prime und Fulfillment by Amazon (FBA). In den Bereichen UX und Usability gehört der Onlinehändler für mich jedoch von den Bestenlisten verbannt. Die wichtigsten Stolpersteine aus diesem abgekürzten Expert Walkthrough in Stichworten zusammengefasst sind:
- Menu liegt mobile ausserhalb des einhändig klickbaren Bereichs.
- Haupt- und Subkategorien sind nicht trennscharf definiert, sodass unklar bleibt, welche Artikel sich dahinter verbergen.
- Filter entsprechen nicht den intuitiven Erwartungen der Kunden.
- Filter unterstützen ungenügend dabei, die Produktauswahl einzuschränken.
- Warenkorb-Icon liegt mobile ausserhalb des einhändig klickbaren Bereichs.
- Anlegen des Kundenkontos ist komplex und es werden nicht zwingend notwendige Daten abgefragt.
Neugierig, welche Optimierungspotenziale sich in Ihrem Onlineauftritt verbergen? Hier geht es zu unseren Expert Walkthroughs.