Fashionshopping bei chinesischen Händlern: Shein, Zaful & Romwe im Test

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Ausländische Onlinehändler sind bei den Schweizer*innen beliebt und chinesische Plattformen sind stark auf dem Vormarsch. Allen voran Aliexpress und Wish (Umsatzranking 2019).

Inzwischen sind es aber nicht mehr nur chinesische Marktplätze, sondern auch chinesische Onlinehändler, die von sich reden machen. So hat es beispielsweise der Modehändler Shein.com im EHI-Ranking Top 100 umsatzstärkste Onlineshops in Deutschland mit Platz 38 erstmals unter die Top 100 geschafft.

Shein mag noch nicht sonderlich bekannt sein. Gleiches gilt für weitere chinesische Fashionhändler, wie Zaful oder Romwe. Eine kleine Befragung im privaten Umfeld zeigt aber: Die Onlineshops kennen zumindest ein paar und bestellt wurde auch schon dort.

Aus diversen Gründen widerstrebte es mir bisher, selbst dort einzukaufen. Doch die Neugier siegte und ich wollte herausfinden: Was können diese drei chinesischen Modehändler?

Die mobile Shopping Experience

Von der mobile Shopping Experience sollte man einiges erwarten dürfen. Schliesslich werden chinesische Onlineshops – vor allem Wish (wenn auch nicht 100 % chinesisch) – stets als Vorzeigebeispiel des Mobile-Shopping hervorgehoben.

Erster Eindruck

Die Erwartungen an das das Einkaufserlebnis auf Shein, Zaful und Romwe sind also gross. Enttäuscht werde ich grundsätzlich nicht, während ich bei allen drei Händlern nach einem roten Kleid suche. Die Sites laden erstmal alle schön schnell – perfekte Voraussetzung für das stressfreie Einkaufserlebnis.

Der erste Eindruck ist bei allen gut: Die Seiten wirken einigermassen vertrauenserweckend, wobei hier Zaful mit seinem stark von Zara inspirierten Logo natürlich den grössten Vorteil hat (oder vielleicht gerade nicht, weil das zu sehr nach Fake schreit).

Die Startseiten wecken positive Emotionen, wenn auch für meinen Geschmack alles zu sehr nach Schnäppchenjagd schreit. Was ausserdem der Vertrauensbildung nicht gerade förderlich ist, sind die sehr schlechten Übersetzungen durchgehend sowohl auf diversen Content-Seiten als auch in den Transaktions-E-Mails. Vieles liest sich wie Copy-Paste von Google Translate.

Nutzerführung und Erlebnis

Die Usability ist gut und auf den mobilen Use Case ausgerichtet, wenn auch bspw. die Burger-Navigation bei allen dreien oben links ist. Shein hat dafür eine schöne Bottom Navigation Bar – wie man sie auch bspw. von Spotify kennt – und hurra, hier kommt mein Daumen auch hin.

Kleine Details bereiten mir Freude, insbesondere gefallen mir die winzigen Bilder der Sortimentskategorien in der Navigation. Ich bewege mich viel intuitiver (don’t make me think!), weil es bswp. zur Kategorie Vintage Dresses gleich noch ein exemplarisches Produktbild gibt.

Chinesische Online-Fashionhändler im Test, Shein mit bequemer Bottom Navigation.
Shein mit bequemer Bottom Navigation.
Chinesische Online-Fashionhändler im Test, die kleinen Bilder in der Navigation machen das Einkaufen intuitiver
Die kleinen Bilder in der Navigation machen das Einkaufen intuitiver.

Hinsichtlich der Nutzerführung ist zu bemängeln, dass die Filter teilweise sehr schlecht sind. Ausserdem kann ich bei Romwe nicht einmal nach Material filtern, was ich gerade bei Kleidern schon sehr wichtig finde.

Die Produktinformationen sind sehr ausführlich, gerade in Bezug auf die Grössen. Was bei Zaful sehr hilft, sind die zahlreichen Community-Bewertungen inklusive Fotos.

Chinesische Online-Fashionhändler im Test zaful UGC
Die Bewertungen von anderen Kundinnen inklusive Fotos unterstützen im Entscheidungsprozess und wirken vertrauensbildend.

Checkout und Versandkosten

Der Checkout-Prozess ist ebenfalls bei allen sehr nutzerfreundlich, aber auch nicht mehr als state-of-the-art. Gastbestellungen sind nirgends möglich, allerdings kann man sich ganz leicht via Facebook-Sign-In registrieren (auf das Daten-Thema gehe ich an dieser Stelle erst gar nicht ein).

Dann folgt bei allen der Dämpfer: Versandkosten. Hier kann zwar (ausser bei Romwe) zwischen Express- (5 – 10 Tage) und Standard-Versand (6-25 Tage) ausgewählt werden, doch bezahlt man überall je nachdem zwischen USD 7 oder USD 25.

Diese Kosten (wenn auch durchaus berechtigt und unter Berücksichtigung des Lieferwegs immer noch tief) ist man sich beim Fashioneinkauf einfach nicht gewohnt. Kostenlosen Versand gibt es erst bei Warenkorbwerten über EUR 29 (Zaful), USD 49 (Shein) und EUR 50 (Romwe).

Lieferung und Retoure

Nach inzwischen 20 Tagen ab Bestellung warte ich immer noch auf eine Paket von Romwe. Das Kleid von Shein kam bereits 10 Tage nach Bestellung an. Es war ordentlich eingepackt (wie die typischen China-Säckli halt) jedoch passt es mir nicht und ich würde es gerne wieder zurückgeben (meine persönliche Retouren-Quote im Fashion-Onlineshopping entspricht leider den allseits bekannten 50 %).

Die Bestellungen von Shein und Zaful im tpyischen „China-Säckli“.
Der Plastiksack innen, den Zaful verwendet, wirkt schon etwas wertiger.

Bei allen dreien kann man die Ware retournieren, allerdings muss hier wieder beachtet werden, dass Romwe die Kosten für die Rücksendung explizit nicht übernimmt. Der Rückgabeprozess scheint bei allen mühsam zu sein, da man zuerst ein Ticket beim Kundenservice lösen muss. Ich hadere gerade noch mit mir, das auch noch auszuprobieren.

Fazit

Die chinesischen Online-Modehändler können einiges und überzeugen mich im Grossen und Ganzen, was die mobile Shopping-Experience angeht. Das Wow-Erlebnis hatte ich dabei aber auch nicht. Wenn es mir einzig darauf ankommt, günstiger einzukaufen, komme ich auch in den Shops von H&M oder Orsay auf meine Kosten.

Die Lieferzeit ist bei Standard-Lieferung, wenn man berücksichtigt, woher die Ware kommt, mit max. 25 Tagen in Ordnung. Dennoch möchte ich auf Kleidung eigentlich nicht länger als 4 Tage warten, schon gar nicht, wenn ich die Versandkosten trage. Wenn ich dann noch erfahrungsgemäss jedes zweite Kleidungsstück sowieso zurückgeben muss, ist mir der Retourenprozess viel zu mühsam (und das geht vielen Schweizer*innen so: vgl. Versandkosten und Retourenabwicklung als grösste Zögerungsgründen im Onlineshopping gemäss Y&R-Studie).

Warum Shein trotz dieser beiden im Fashion-Onlinehandel sehr wichtigen Kriterien Versandkosten und Retouren trotzdem so erfolgreich sein soll, überrascht mich persönlich nach diesem Test. Meiner Ansicht nach hat deshalb der hiesige Online-Fashionhändler im Vergleich zu Elektronik noch relevante Wettbewerbsvorteile gegenüber dem chinesischen Mitbewerber. Die „Geschichte“ lehrt uns aber: Anbieter aus China lernen schnell dazu – sie sollten keinesfalls unterschätzt werden.



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